EDITORIAL
Gierige Bosse & Politiker am Pranger
Liebe Leserin, lieber Leser,
1982 - vor über 20 Jahren also - trat Helmut Kohl seine Kanzlerschaft an und forderte eine "geistig-moralische Wende" für unsere Familien, Gesellschaft und unser Land. Viele Jahre später beschwor der heutigen Bundeskanzler Gerhard Schröder den "anständigen Bürger". Roman Herzog, der vorletzte Bundespräsident machte mit seiner "Ruck-Rede" Schlagzeilen. Und der jetzt scheidende Bundespräsident Johannes Rau griff in seiner letzten Rede wütend die "gierigen Politiker und Bosse" an.

Und der sprichwörtliche "kleine Mann auf der Straße" seufzt, schüttelt den Kopf und - geht weiter. Und muss aufpassen, dass er beim nächsten Einkauf oder Behördengang nicht übervorteilt wird.
Der Volksmund sagt nicht umsonst: Der Fisch stinkt vom Kopf aus oder er ist vom Kopf aus in Ordnung.
Dass unser scheidender Bundespräsident jetzt am Ende seiner Amtszeit die Untugenden der Eliten anprangert, spricht nicht gerade dafür, dass ihm viel Mut in die Wiege gelegt worden war. Einer seiner Vorgänger - der auch noch sein Schwiegervater war -, der erste SPD-Bundespräsident, Gustav Heinemann, war da vom anderen Holz geschnitzt. Er soll geäußert haben, dass wer Anstöße geben will auch bereit sein muß, Anstoß zu erregen.
Rau, der wegen seiner großen Bibelfestigkeit auch "Bruder Johannes" genannt wird, hätte vielleicht viel früher die Laiszität einer Regierung anprangern sollen, dessen Vize-Kanzler und Außenminister während des obligatorischen Festgottesdienstes zu Beginn des letzten Legislaturperiode, statt in die Kirche zu gehen, lieber einen Einkaufsbummel machte.
Der weise König Salomo überliefert in Kapitel 14, Vers 34 den Spruch: "Gerechtigkeit erhöht das Volk; aber die Sünde ist der Leute Verderben."
Das hätte Rau zuerst den Kabinettsmitgliedern und dann den anderen hinter die Ohren schreiben müssen. Damit der "Kopf unseres Staates, unserer Gesellschaft und unserer Kirchen" wieder gesundet.
Herzlichst
Ihr
A.Schosch