VOM  BILOGISCHEN MENSCHEN ZU POSTHUMANEN WESEN
    Die transhumanistische Herausforderung
     
    Die Zeit der Menschheit  ist fast abgelaufen - sagt Max More, Chefphilosoph und Visionär der Extropianer  - nicht weil wir uns selbst zerstören, sondern weil wir unsere Menschlichkeit  überschreiten werden.
    Von Von Max More
    Wir werden zu transhumanen  Personen, während wir ins posthumane Zeitalter eintreten, indem die  menschlichen Grenzen überwunden werden. More begründet in seinem provokativen  Manifest, warum für ihn die Zeit der biologischen Menschen abgelaufen ist.
    Max Morehat  in England Philosophie studiert und siedelte anschließend nach Kalifornien  über. Zusammen mit Tom Morrow begründete er Extropy,  ein "Journal für transhumanistisches Denken" und das Extropy  Institute, dessen Leiter er ist. Die Weltanschauung der Extropianer zieht immer größere  Aufmerksamkeit auf sich. Die Zeit scheint reif für die Umwandlung des Menschen  zu sein. 
    Die transhumanistische  Herausforderung
    Ich lehre euch den  Übermenschen. der Mensch ist etwas, das überwunden werden soll. Was habt ihr  getan, ihn zu überwinden?
      Friedrich Nietzsche "Also sprach  Zarathustra" 
    Die Evolution hat die geistlose Materie in eine aufsteigende  Spirale getrieben und immer mächtigere Nervensysteme entwickelt. Das Leben  setzte mit gänzlich unbewußten chemischen Reaktionen ein. Daraus entwickelten  sich einfacheTropismen, auf die Instinkte und Reiz-Reaktions-Verhaltensweisen  im Sinne Skinners folgten. Mit dem Menschen entstand bewußtes Lernen und  bewußte Erfahrung. Die Geschwindigkeit des Fortschritts beschleunigte sich  enorm mit der Einführung des begrifflichen Bewußtseins und schließlich mit der  wissenschaftlichen Methode. Extropianer und andere Transhumanisten wollen  diesen evolutionären Prozeß mithilfe von Wissenschaft, Technik und Philosophie  noch weiter beschleunigen. Mit der Verwerfung von alten Mythen und dem Einsatz  von wirsamen neuen Werkzeugen können wir die biologischen und psychologischen  Grenzen transzendieren, um posthumane Wesen zu werden. 
    Zu diesem Zweck müssen wir alle natürlich und kulturell  verwurzelten Beschränkungen unserer Möglichkeiten beseitigen. Extropianer  befürworten den prometheischen Gebrauch von Wissenschaft und Technik, um immer  tiefere und umfassendere Verbesserungen des menschlichen Seins zu erzielen - um  den biologischen Prozeß des Alterns und des unerwünschten Sterbens auszurotten,  um unsere Intelligenz über die Kapazitäten unseres biologischen Gehirns hinaus  zu vergrößern, um uns die Entscheidung über unsere körperliche und psychische  Identität zu ermöglichen, anstatt uns mit der Identität zufrieden zu geben, mit  der wir geboren wurden. 
    Wir verstehen Technik als eine natürliche Erweiterung und  als Ausdruck des menschlichen Intellekts und Willens, der menschlichen  Kreativität, Neugier und Imagination. Wir prophezeien und fördern die  Entwicklung einer Technik, die immer flexibler, klüger und anpassungsfähiger  wird. Wir werden mit den Produkten unseres Geistes in eine Ko-Evolution  eintreten und schließlich mit unserer intelligenten Technik in eine posthumane  Synthese verschmelzen, die unsere Fähigkeiten erweitert und unsere Freiheit  vergrößert. 
    Die anmaßende Vision der Extropianer erzeugt bei vielen in  der gegenwärtigen Welt Angst. Seltsamerweise haben selbst jene, die nicht an  einen göttlichen Schöpfer, Hirten oder Sinngeber glauben, Angst davor,  "Gott zu spielen". Diese Angst wird besoners in den typischen  Reaktionen auf die Möglichkeiten deutlich, den Prozeß des Alterns und den Tod  abzuschaffen. Vor dieser Aussicht schrecken viele zurück: Das ist nicht natürlich, Leben ohne Tod würde bedeutungslos  werden, Ich will  nicht länger als meine zugeteilte Zeit leben. Mit Angst und  Schrecken sehen sie nicht nur die körperliche Unsterblichkeit, sondern auch den  Erwerb einer übermenschlichen (oder posthumanen) Intelligenz. Viele Episoden  der Serie Star Trek zeigen diese Einstellung: Die Überschreitung des Menschlichen bringt Unglück  mit sich, was mit der zweiten Episode beginnt, "Where No Man Has Gone  Before". Filme und andere Produkte der Massenkultur stellen oft die  verheerenden Folgen des wissenschaftlichen Ehrgeizes dar. 
    Solche Erzählungen erscheinen mir ebenso altbacken zu sein  wie die von Ikarus, Frankenstein und dem Turm von Babel: Menschen sollten eben  ihre Grenzen anerkennen. Baut keine Flügel! Errichtet keine Türme, die den  Himmel durchstoßen! Versucht nicht, Alter und Tod zu überwinden! Heilt die  Kranken, aber verbessert nicht die Gesundheit! 
    Die Transhumanisten stellen sich dieser Haltung entgegen.  Transhumanisten verschiedener Art teilen eine zentrale Vision. Wie der Begriff  nahelegt, antizipieren Transhumanisten unsere Zukunft als posthumane Wesen und  passen dementsprechend ihre Sicht ihres Lebens daran an. Sie sehen eine Zukunft  radikaler körperlicher, psychischer und sozialer Veränderungen voraus. Die am  besten organisierte Gruppe der Transhumanisten nennt sich Extropianer. Die  extropianische Sicht der Technik, wissenschaft, Philosophie und Kunst wird in  der Zeitschrift Extropy und in den Publikationen, Versammlungen und  Online-Foren des Extropy  Institute entwickelt. Die Extropianer haben ein eigenes Verständnis des  Transhumanismus, zu dem bestimmte Werte und Einstellungen wie grenzenlose  Expansion, Selbstveränderung, dynamischer Optimismus, intelligente Technik und  spontane Entstehung von Ordnung gehören (die extropianischen  Prinzipien). Extropianer sind auf der Suche nach weiterer Extropie - ein Maßstab für Intelligenz,  Information, Vitalität, Erfahrung, Diversität, Möglichkeiten und Wachstum. 
    Ist der Vorschlag der  Extropianer, ein posthumanes Wesen zu werden. nur eine visionäre Phantasie oder  gar ein Alptraum? Zur Beantwortung dieser Frage muß ich zunächst zeigen, daß  ein posthumanes Wesen wirklich möglich ist. Dann werde ich zeigen, daß der  Versuch, ein posthumanes Wesen zu werden, wünschenswert ist und die Gesundheit  fördert. 
    Sind posthumane Wesen möglich?
    Der Übergang von einem  menschlichen zu einem posthumanen Wesen läßt sich körperlich oder psychologisch  und philosophisch begreifen. Körperlich werden wir erst dann zu einem  posthumenen Wesen geworden sein, wenn wir unsere Erbanlagen, die Physiologie,  Neurophysiologie und Neurochemie, so fundamental und gründlich verändert haben,  daß wir sinnvollerweise nicht mehr als Homo sapiens eingeordnet werden können. 
    Lesen Sie hier den HEUTE AM 26.10.2020 aktualisierten Beitrag vom Telepolis Online  vom 17.07.1996 zu Ende. 
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    INTERVIEW MIT  DAVID FRENCH*
    "Natürlich können die USA  auseinanderbrechen"
     
    Die permanente Eskalation in der amerikanischen Politik birgt für den  Publizisten David French das Risiko, dass es zu einer neuen Sezession kommt. Er  bietet Heilmittel an, die im gegenwärtigen Klima geradezu utopisch wirken:  Föderalismus, Umsicht, Moral und Tugendhaftigkeit.
    * David French ist 51  Jahre alt, Anwalt, Autor und Kommentator - Ein christlich-konservativer  Rufer in der Wüste. Er stammt aus dem Umfeld der  «National Review» und der Denktradition William Buckleys. Wie andere Anhänger  dieser Geistesströmung hat er Donald Trump die Gefolgschaft versagt und der  Republikanischen Partei in der Folge den Rücken gekehrt. David  French ist 51 Jahre alt, Anwalt, Autor und Kommentator. Er stammt aus dem  Umfeld der «National Review» und der Denktradition William Buckleys. Wie andere  Anhänger dieser Geistesströmung hat er Donald Trump die Gefolgschaft versagt  und der Republikanischen Partei in der Folge den Rücken gekehrt. 
French  wurde 2016 von der konservativen Anti-Trump-Bewegung der Never-Trumpers in  einem letzten Akt der Verzweiflung noch als alternativer republikanischer  Präsidentschaftsbewerber ins Spiel gebracht, allerdings ohne jede Chance. Heute  publiziert er unter dem Dach des konservativen Internetportals «The Dispatch»  seinen Newsletter «The  French Press» und lebt in Tennessee. Vor wenigen Wochen ist auch sein  jüngstes Buch mit dem Titel «Divided We Fall» erschienen.
    Von Peter Winkler, Washington
          
    Präsident Trump schürt Ängste, dass er  die Macht nicht freiwillig abgeben wird. Experten entwerfen Szenarien von Chaos  oder sogar Gewalt für die Tage nach der Wahl. Und ausgerechnet Sie, Herr  French, eine der besonnenen Stimmen in Amerika, sagen jetzt in Ihrem neuen  Buch, dem Land drohe eine neue Sezession. Beruhigend ist das nicht! 
    
    Wenn ich sage, dass die USA natürlich  auseinanderbrechen können, dann will ich darauf hinweisen, dass man nicht  ständig polarisieren kann, ohne irgendwann einen Preis dafür zu zahlen. Wir  leben in einer Zeit, in der jede Wahl immer gleich zur «wichtigsten in unserem  Leben» aufgebauscht wird. Es ist das Argument, das bereits vor vier Jahren  vorgebracht wurde, als ein Pamphlet erschien, das die Präsidentenwahl mit dem  Flug Nummer 93 der Anschläge vom 11. September verglich [Es war dasjenige  Flugzeug, das von den Passagieren zum Absturz gebracht wurde, um einen Angriff  auf Washington zu verhindern, Anm. d. Red.]. Da hiess es, wir Konservativen  müssten jetzt das Cockpit stürmen, indem wir Donald Trump wählten, oder wir  liessen zu, dass das Land ins Unglück stürze.
    Es geht schon längst nicht mehr um  politische Vorhaben. Was Trump von Joe Biden oder auch von Hillary Clinton  inhaltlich unterscheidet, erreicht niemals ein Mass, das Amerika  auseinanderbrechen lässt. Aber das ständige Gezerre am Grundgerüst der Nation,  das Schüren von Angst und Wut, der Glaube, dass der politische Gegner so  bösartig ist, dass das Land nicht überleben kann – das hat ganz reales  Zerstörungspotenzial.
    
    Und  wie sollen wir das verhindern?
      
    Wir müssen zuerst einmal deeskalieren.  Dem Popanz, dass bei den nationalen Wahlen alles auf dem Spiel stehe, Luft  ablassen. Wir erleben gegenwärtig in den USA das Paradox, dass das Land  einerseits immer diverser wird, sowohl politisch als auch kulturell, ethnisch  und auch in Religionsfragen. Andererseits wird die Macht immer stärker  zentralisiert. Das hat zur Folge, dass die nationalen Wahlen unser Leben  tatsächlich immer direkter betreffen. 
      Die Mittel, die wir für eine  Deeskalation brauchen, sind in der Verfassung bereits angelegt. Es sind die  föderalen Strukturen und die Bewahrung der individuellen Freiheit. Diese beiden  Prinzipien schützen zum einen die einzelnen Bürger, zum anderen auch  Gemeinschaften von Bürgern, die sich darauf einigen, dass sie sich in ihren  Gliedstaaten oder Städten selbst regieren wollen. Legte man darauf wieder das  angemessene Gewicht, sänke die Temperatur in der nationalen Auseinandersetzung  sofort. 
      Doch das betrifft nur das politische  System. Wir haben auch ein grosses kulturelles Problem. Es ist der Kult der  Wut, kombiniert mit einem engen Horizont und einem Mangel an Toleranz. Die  kulturelle Deeskalation kann nicht vorankommen, solange die Amerikaner nicht  bereit sind, toleranter oder gelassener zu werden. In gewisser Weise ist das  wahrscheinlich sogar der notwendige erste Schritt.
      
    Gegenwärtig erleben wir aber genau das  Gegenteil. Kompromisse werden diskreditiert, Radikalismus wird belohnt. 
      
    Das ist es, was mich so beunruhigt. Alle  Trendlinien weisen in die falsche Richtung. Darum ist es meiner Meinung nach  zwar nicht unausweichlich, dass wir dieses Jahr in eine Verfassungskrise  schlittern. Aber zum ersten Mal in meinem Erwachsenenleben ist es absehbar, dass  es nach der Wahl tatsächlich dazu kommen könnte.
      Vor zwanzig Jahren, bei der Wahl  zwischen George W. Bush und Al Gore, war es ja nicht so, dass die  Legitimität der Wahl bestritten wurde. Es gab nie einen Zweifel, dass der  Verlierer nach der Lösung des Problems mit der Stimmennachzählung seine  Niederlage eingestehen und sich friedlich aus dem Rennen zurückziehen würde.  Und so kam es auch. Natürlich war hier und da noch Wut spürbar, aber es gab  kein Chaos. Aber jetzt ist die Möglichkeit ganz real, dass es zu einem  gewalttätigen Chaos kommt. Das müsste die Amerikaner aufwecken. Das müsste sie  veranlassen, alles zu tun, damit es nicht dazu kommt.
     Sie hoffen offensichtlich, vielleicht  von Ihrem christlichen Glauben ermuntert, dass Amerika zur Vernunft, zur Tugend  zurückkehrt. Haben Sie manchmal nicht das  Gefühl, Sie seien Angehöriger einer aussterbenden Gattung?
    
    [Lacht] Vielleicht im Sinn, dass Anstand  und Zuvorkommenheit in der Vergangenheit verwurzelt sind, während der Trend in  Richtung Gemeinheit und Boshaftigkeit läuft. 
      Aber im Ernst: Es gab in der  amerikanischen Geschichte immer wieder Episoden, in denen sich das Volk einen  Ruck gab und sich entschlossen von destruktiven Trends abwandte. Wir dürfen  nicht vergessen, dass es vor der Ära Trump schon eine Ära Richard Nixon gab. Er  war wahrscheinlich der gemeinste und korrupteste Präsident der modernen Zeit.  Nixon wurde 1974 aus dem Amt gezwungen, und zwei Jahre später wählte Amerika  fast das pure Gegenteil, nämlich einen ausserordentlich bescheidenen,  aufrichtigen Erdnussfarmer aus Georgia [Jimmy Carter]. Das zeigt, dass das  amerikanische Volk gelegentlich in der Lage ist zu sagen: «Genug. Es reicht mit  der Boshaftigkeit.»
      Aber ich gebe zu, wenn ich die  Bemühungen sowohl rechts als auch links sehe, die Spannungen immer weiter  eskalieren zu lassen, dann habe ich manchmal schon Mühe mit der Hoffnung, dass  Tugend wieder ein Element der Politik werden kann.
      
    In  Ihrem Newsletter zitierten Sie kürzlich den Gründervater John Adams, der  vereinfacht gesagt meinte, das grossartige Gebäude von Verfassung und  Grundrechten könne nur funktionieren, wenn moralische und tugendhafte Menschen  am Werk seien. Das klang für mich, als ob Sie über den gegenwärtigen  Präsidenten hätten sprechen wollen.
      
    Es ging natürlich um den gegenwärtigen  Präsidenten, aber nicht nur. Es geht weit darüber hinaus. Sehen Sie, mit einem  gemeinen, inkompetenten Menschen im Weissen Haus können wir fertigwerden. Es  gibt dazu genügend «checks and balances», auch wenn das vielleicht nicht ganz  ohne Probleme verläuft. Womit wir aber sicher nicht fertigwerden können, ist,  wenn die gleichen Einstellungen im amerikanischen Volk überhandnehmen.
  Einer der zentralen Punkte der  Verfassung ist der Schutz der individuellen Freiheit. Sie schafft die  Freiheitsräume, welche die amerikanischen Gemeinschaften und Individuen wie  Sauerstoff umgeben. Das macht es aber auch unglaublich wichtig, wie wir mit  diesen Freiheiten umgehen. 
    Der Gesellschaftsvertrag  zwischen Volk und Regierung hat zwei Seiten. Er auferlegt der Regierung, die  Freiheit des Individuums zu schützen. Es ist aber nicht ihre Aufgabe, uns zu  tugendhaften Menschen zu machen. Es ist unsere ureigene Verantwortung, diese  Freiheit in tugendhafter Weise auszuüben. Natürlich ist da niemand perfekt, das  wäre ein vermessener Anspruch. Aber man kann sich eine einfache Frage stellen:  Nutzen wir unsere Freiheit in produktiver, tugendhafter Weise oder nicht? Ich  habe manchmal schon das Gefühl, dass wir die Freiheit verwechseln mit dem  Recht, alles ganz nach Lust und Laune zu tun
    
    
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    JUDENTUM   UND  CHRISTENTUM
    "Jesus wollte vielleicht ursprünglich gar keine neue Religion"
     
    Der Dialog von Christen  und Juden schien nach der Schoah unmöglich. Das ändert sich. Hier sprechen der  Rabbiner Julian-Chaim Soussan und der katholische Theologe Joachim Valentin  miteinander – über neue Fakten und einen schwierigen Papst.
    Von  Jan Grossarth
    
      WELT: Herr Rabbiner Soussan, Herr Professor  Valentin, wir wollen über den Dialog zwischen der jüdischen und der  christlich-katholischen Gemeinde sprechen. Wo steht die Annäherung im  historischen Maßstab?
    
    Julian-Chaim Soussan: Es gibt beidseitig viele Aktivitäten.  Erst im November letzten Jahres haben sich die Deutsche Bischofskonferenz und  die Orthodoxe Rabbinerkonferenz in Berlin getroffen und dabei auch sehr viel  über Theologie geredet – was man noch vor Jahrzehnten gerade von orthodoxer  Seite streng vermeiden wollte.
    
    Joachim Valentin: Spätestens seit der Veröffentlichung  des katholischen Konzilstextes „Nostra Aetate“ 1965 stellt es sich so dar, dass  sich das Christentum ohne eine gute Kenntnis des Judentums nicht verstehen  lässt – aber auch nicht ohne Kenntnisse des rabbinischen nachjesuanischen  Judentums, das sich parallel mit dem Christentum entwickelt hat. Wir Katholiken  haben uns neu an den Paulussatz erinnert: „Nicht du trägst die Wurzel, sondern  die Wurzel trägt dich“ (Röm 11,18). Wir verstehen diese frühchristliche  „jüdische Sekte“, die damals im Entstehen war, neu als aufgepfropfte Zweige auf  dem Ölbaum Judentum. Das Christentum, das sich über Jahrhunderte unter Abzug  des Jüdischen auf der Basis von dezidiert antijüdischen Kirchenvätern definiert  hat, war ein defizientes Christentum. 
    
    WELT: Das klingt  revolutionär.
    
    Valentin: Darauf stoßen wir erst jetzt, in unserer  Zeit. Die Kirche ist zum Beispiel in Fragen der Sexualmoral nicht immer in die  richtige Richtung gelaufen, aber auch nicht im Umgang mit Andersgläubigen. Wenn  man verstanden hätte, dass man selbst divers ist, wäre man auch anders mit  Andersgläubigen umgegangen. Die Kräfte, die diese Art der historisch-kritischen  Selbstreflexion nicht wollen, sind aber leider bis heute auch in der Kirche  stark.
    
    WELT: Wer ist das?
    
    Valentin: Es sind leider sogar ganz aktuelle  Texte von Joseph Ratzinger, also dem emeritierten Papst Benedikt XVI. ,  die diese Diversität im Eigenen infrage stellen. Papst Johannes Paul II.  hingegen, dessen 100. Geburtstag wir  in diesen Tagen gefeiert haben, ist dagegen in meinen Augen wichtige Schritte  in die richtige Richtung gegangen. Ich denke an seinen Satz von 1980 im Mainzer  Dommuseum vom „Gottesvolk des von Gott nie gekündigten Alten Bundes“ – der  meint, dass es offenbar neben dem christlichen mindestens noch einen jüdischen  Heilsweg gibt. Damals war ich als Jugendlicher auch in Mainz, ohne zu  verstehen, was hier geschieht.
    
    WELT: Ist aus Ihrer Sicht also ein Sinn des Dialogs: Wir brauchen ihn als Katholiken,  um Defizite in unserem Selbstbild zu heilen?
    
    Valentin: Ja, aber eine  dialogfähige Haltung braucht es natürlich auch, damit das Miteinander der  Religionen in einer Stadt wie Frankfurt gelingt. Und selbstverständlich ist sie  unerlässlich nach der Schoah, die uns Katholiken und Katholikinnen gezeigt hat,  wir sind vor allem Teil des Problems, nicht der Lösung.
    
    Soussan: Fast 2000 Jahre  gab es im Christentum die Idee von Substitution – dass die Kirche über Jesus  den Bund Gottes mit Israel ersetzt und fortführt. Demnach seien die Juden  verloren, verstoßen, vertrieben. Diese Idee ist natürlich aus jüdischer Sicht  nicht haltbar. Das aber hat sich durch den Konzilstext „Nostra Aetate“  geändert. Seitdem stellt das Judentum für Katholiken eine legitime andere  Sichtweise dar. Mit einem Punkt dessen, was Herr Valentin da gerade sagte, bin  ich allerdings aus traditionell jüdisch-orthodoxer Sicht nicht einverstanden:  dass wir nämlich zwei parallele Entwicklungen seien, die sich nach der  Tempelzerstörung vollzogen haben. Aber immerhin ist das nun eine Möglichkeit,  überhaupt auf Augenhöhe zu diskutieren.
    
    WELT: Bleibt aber die Tatsache, dass das  Judentum früher war und damit gewissermaßen kein so naheliegendes Interesse am  Dialog mit dem Christentum hat?
    
    Soussan: Ja, es gibt ein  gewisses Gefälle: Das Judentum existiert auch ohne das Christentum. Wir  definieren uns aus dem Judentum heraus. Das Christentum kommt dann hinzu.
    
    Valentin: Das berührt eine  Grundsatzfrage danach, wie ich im Dialog damit umgehe, dass es andere Gruppen  gibt, die sagen, wir glauben auch an einen Gott, und er führt uns zum Heil, und  alle anderen führt ihr Unglaube in die Hölle. Das erleben wir Christen genauso  im christlich-islamischen oder die Juden im jüdisch-islamischen Dialog. 
    
    WELT: Welche Gefahren birgt der Dialog? Auch den Verlust religiöser Identität?
    
    Lesen Sie hier den Beitrag vom WELT Online  vom 22.09. 2020 zu Ende. 
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    MEINUNGSFREIHEIT
    Cancel  Culture ist das Ende der Aufklärung
     
    Debatten müssen dazu  dienen, herausfinden, was wirklich der Fall ist – unabhängig davon, wer welche  Interessen hat und welchen persönlichen Hintergrund. In der Cancel Culture gilt  das nicht mehr. Sie bedroht unsere Demokratie.
    Von  Julian Nida-Rümelin*
    * 
Julian Nida-Rümelin ist Physiker und Philosoph. Er  lehrt seit 2004 an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Kürzlich  erschien sein jüngstes Buch „Die gefährdete Rationalität der Demokratie“ in der  Edition der Körberstiftung 2020.
    Im US-Diskurs, der zunehmend  auch auf Europa übergreift, wird unter „Cancel Culture“ das Phänomen  verstanden, anders meinende Positionen unter Verweis auf ihre ethische oder  politische Fragwürdigkeit zu unterdrücken, Auftritte ihrer Protagonisten  abzusagen, Stellungnahmen nicht zu publizieren. Cancel Culture  wird meist eher links im politischen Spektrum verortet, und entsprechend kommt  die Kritik nicht nur von liberal Gesinnten, sondern auch von rechts.
    Generell  hat sich ein Teil der rechten Propaganda zunehmend eines Vokabulars ermächtigt,  das sonst eher für liberale, meist als bürgerlich wahrgenommene Milieus  charakteristisch ist. Es wird die Einschränkung von Menschen- und Bürgerrechten  beklagt und die freie Selbstentfaltung und Meinungsäußerung eingefordert, die  von linken Ideologen bedroht würden. Diesen Klagen und Forderungen schließen  sich auch Personen an, die sich identitären  Bewegungen  oder anderen rechten Gemeinschaften zugehörig fühlen, die gleiche Rechte und  individuelle Freiheiten in anderen politischen Kontexten als nachrangig  ansehen.
      
    Die  politische und mediale Welt scheint sich so in einem großen Rollentausch zu  befinden. Während in früheren Zeiten linke Kritiker die vermeintlich  festgefügte bürgerliche Presse dafür kritisierten, dass sie nicht gehört und  ernst genommen wurden, verteidigt nun das linke und liberale Milieu die  seriösen Medien gegen die Unterstellung von rechts, sie seien Teil einer  System- oder gar Lügenpresse.
    
    Die Vermutung liegt nahe, dass manche  linke und liberale Milieus, zuvor eher Mainstream-kritisch, nun selbst Teil des  Mainstreams geworden sind und sich nun fundamentaler Kritik zu entziehen  suchen, indem die Legitimität der kritischen Äußerung selbst infrage gestellt  wird. Das, worunter ihre Protagonisten früher litten, wird nun selbst zur  medialen Strategie.
      
    Aber Cancel Culture ist mehr, es ist der  Übergang zu Dogmatismus und Intoleranz mit der Gefahr, die zivilkulturelle  Basis der Demokratie auszuhöhlen. Es lohnt sich der genaue Blick auf das, was  als Cancel Culture kritisiert und als politische Korrektheit verteidigt wird.
      
    Tatsächlich haben wir es hier mit einem  wiederkehrenden Phänomen zu tun, dessen Grundmuster bei allen zeitbedingten  Besonderheiten unverändert ist. Aus einer Außenseiter- oder jedenfalls  Minderheitenposition heraus wird für Pluralität und Diversität plädiert, um dem  eigenen Standpunkt Gehör zu verschaffen, um dann, wenn dieser hinreichend viel  Zustimmung gefunden hat, Kritik und Widerspruch klein zu halten und die Grenzen  wünschenswerter Diversität immer enger um den eigenen Standpunkt zu ziehen.
    Da  wird debattiert, ob man einen bekannten marxistischen amerikanischen  Intellektuellen als Redner wieder ausladen darf, weil er der Auffassung ist,  dass die USA weniger ein Rassismus- als ein Klassenproblem hätten und die  Hautfarbe erst durch kapitalistische Abhängigkeitsverhältnisse relevant werde.  Da gibt es eine distanzierte Kabarettistin , die rassistische und antisemitische  Klischees in einer Weise karikiert, die die schlichteren Geister unter ihren  Zuhörern selbst als rassistisch oder antisemitisch empfinden. Unter der  Oberfläche dieser Debatte verbergen sich grundlegendere Fragen, die an unser  demokratisches, ja unser menschliches Selbstverständnis rühren.
    John Rawls  , der große  Gerechtigkeitstheoretiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, hatte für  Religionsfreiheit folgendes Argument entwickelt: 
Über Gerechtigkeitsprinzipien  muss aus einer Situation entschieden werden, die Fairness garantiert.
    Lesen Sie hier den Beitrag vom WELT Online  vom 21.09. 2020 zu Ende. 
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    DER  FALL  DIETER  NUHR 
    Wehe, du trittst dem Meinungskartell entgegen
     
    Über Dieter Nuhr regen  sich Leute auf, die sich für ihre eigenen Irrtümer nicht interessieren. Werden  wieder Menschen im Stich gelassen wie im Mittelalter - und von wem geht die  Intoleranz aus? Das fragt sich unser Gastautor.
    Von  Peter Schneider* 
    *Der Autor ist ein deutscher Schriftsteller. In den  1960er-Jahren war er einer der Wortführer der Studentenbewegung in Berlin.  Zuletzt erschien von ihm „Denken mit dem eigenen Kopf“ (Kiepenheuer&Witsch). 
    Es steht nicht gut um das liebste  Kind der Aufklärung, um die Meinungsfreiheit. Ich rede nicht von deren  Abschaffung in Russland, in der Türkei, in China. Dort wird der Wählerwille  bekanntlich nicht mit den Mitteln des offenen Meinungsstreits „ermittelt“,  sondern mithilfe von gelenkten Medien, grotesken Verfassungsänderungen,  technisch optimierten Überwachungssystemen, notfalls auch mit den klassischen  Instrumenten der Wahlfälschung und/oder mit der Verhaftung und Ermordung  oppositioneller Führer. Man fragt sich, warum die Macho-Autokraten dieser Welt  einen derartigen Aufwand treiben, um sich den Anschein demokratischer  Legitimation zu verschaffen. Könnten sie nicht einfach sagen: Wir haben doch  sowieso die Macht und sparen uns den ganzen Zirkus?
    Offenbar ist das Versprechen der Demokratie so populär geworden, dass die Autokraten  ihm lieber einen Wahltag lang Reverenz erweisen. Was man doch in aller  Bescheidenheit einen Erfolg dieses Versprechens nennen kann.
    Aber ich rede hier von der Bedrohung  des freien Meinungsaustauschs in den Ursprungsländern der Aufklärung, in Europa  und den USA – und zwar durch die Bürger selber. Der Vorteil freier  Gesellschaften besteht prinzipiell in ihrer Fähigkeit, gesellschaftliche  Fehlentwicklungen benennen zu können, um sie dann zu korrigieren – zugegeben  ein Vorteil, den diese Gesellschaften allzu selten wahrnehmen. 
    Diese  Fähigkeit wird jedoch in ihrem Kern beschädigt, wenn der Meinungsstreit in  einen verbalen Vernichtungskampf ausartet, der mit unflätigen Beleidigungen und  dem Mittel der persönlichen Diskreditierung ausgetragen wird – ein Sport, für  den die amerikanische Sprache den Ausdruck „character assassination“  bereithält, zu deutsch: moralische Vernichtung.
    Da  war eine ehrwürdige staatliche Institution namens Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)  auf  die Idee gekommen, den Kabarettisten Dieter Nuhr aus Anlass ihres  hundertjährigen Bestehens um einem Podcast von dreißig Sekunden zu bitten. Der  tat ihr den Gefallen: Wissen bedeute nicht, dass man sich zu 100 Prozent sicher  sei, sondern dass man über genügend Fakten verfüge, um eine begründete Meinung  zu haben. Wissenschaft bedeute gerade, „dass sich die Meinung ändert, wenn sich  die Faktenlage ändert“. Wer ständig rufe „Folgt der Wissenschaft!“, habe dieses  Wesensmerkmal nicht begriffen. „Wissenschaft weiß nicht alles, ist aber die  einzige vernünftige Wissensbasis, die wir haben.“ 
     Dieter Nuhr  war nie  ein Kind von Traurigkeit. Er hat es zu seinem Beruf gemacht, die Sitzfestigkeit  des jeweils aktuellen ideologischen Mobiliars zu prüfen, auf dem es sich andere  allzu rasch bequem machen, und nimmt dabei in Kauf, dass er sich Feinde bei  allen Möbelherstellern macht.
    Ob er nun die Gewissheiten der Salafisten, der  Umweltschützer, des Gendersprechs und der Umbenenner aufs Korn nimmt – einen  Vorwurf kann man Nuhr nicht machen: dass er seine Spitzen einseitig verteile.  Das ist vielleicht das größte Ärgernis an dem Mann mit dem gedehnten  Nur-Anspruch seiner Einwürfe: 
Man kann ihn keinem Lager zuordnen.
    
    Lesen Sie hier den Beitrag vom WELT Online  vom 10.08. 2020 zu Ende. 
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    VERSCHWÖRUNGSMYTHEN 
    „Das Böse in uns selbst"
     
    Verschwörungsmythen  erfahren in der Coronakrise offenbar besonders großen Zuspruch. Im Grunde seien  alle Menschen dafür anfällig, sagte der Religionswissenschaftler Michael Blume  im Dlf, auch Bildung schütze nicht. Lernen könne man hingegen vom Judentum.
    Michael Blume im Gespräch mit Christian Röther
    Michael Blume ist Religionswissenschaftler und Beauftragter der  Landesregierung von Baden-Württemberg gegen Antisemitismus. Seit einigen Jahren  befasst er sich auch mit Verschwörungsmythen und betreibt dazu den Podcast  „Verschwörungsfragen“. 
    Christian Röther: Herr Blume, Sie sprechen von  Verschwörungsmythen, nicht von Verschwörungstheorien. Warum?
    Michael Blume: Theorien sind wissenschaftliche  Erklärungen. Und der Begriff „Verschwörungstheorien“, der taucht im 18., 19.  Jahrhundert auf und wird dann von Karl Popper geprägt, der genau davor warnt,  dass eben Verschwörungstheorien keine wissenschaftlichen Theorien wären. Aber  leider ist es heute so, dass sogar der Verschwörungsmythos unterwegs ist, der  Begriff „Verschwörungstheorie“, den habe der CIA entwickelt, um die Leute nach  der Ermordung von John F. Kennedy zu unterdrücken.
  Ich sage ganz klar: Es sind  keine Theorien. Wer „Verschwörungstheorien“ sagt, der geht den Leuten schon auf  den Leim und denkt, man diskutiert über Wissenschaft. Ich plädiere deswegen  dafür, ganz klar von Verschwörungsmythen zu sprechen.
    „Gute und schlechte Mythen“
    Röther: Mit dem Begriff haben Sie auch mich  überzeugt. Ich spreche auch nur noch von Verschwörungsmythen und nicht mehr von  Theorien. Allerdings bin ich auch ein bisschen ins Zweifeln gekommen, ob das  der richtige Begriff ist. Weil Mythen, Mythos – das ist für mich vor allem  positiv konnotiert. Wertet man diesen Verschwörungsquatsch nicht auf, wenn man  ihn „Mythen“ nennt?
        
    Blume: Tatsächlich glaube ich, das ist so ein  bisschen das Kernproblem, dass wir nämlich eigentlich denken: Denken ist etwas  Positives, Glauben ist etwas Positives, Mythos ist etwas Positives. Und dann  völlig verwirrt sind, wenn Menschen Böses denken, wenn sie an das Böse glauben,  oder eben schwurbeln, also zum Beispiel alles, was auf der Welt geschieht, auf  eine vermeintliche Verschwörung zurückführen. „Gib Gates keine Chance“ ist ja  so ein aktuell verbreitetes Muster dafür.
      Und das ist, glaube ich, genau  das Problem: Wir müssen uns leider klarmachen, dass wir Menschen zwar dazu  geboren sind, zu glauben und zu denken, aber wir können auch daran glauben,  dass böse Mächte die Welt beherrschen. Und wir können uns auch in Rassismus,  Antisemitismus oder Frauenfeindlichkeit hineindenken. Und deswegen müssen wir  auch beginnen, gute und schlechte Mythen zu unterscheiden, und da auch  kritischer werden. Auch gegenüber dem, was wir selber glauben und zu wissen  meinen.
    „Eine umgedrehte Religion“
    Röther: Mythen, die spielen ja  auch in Religionen wichtige Rollen. Mit Religion ist dieser Begriff „Mythos“  eigentlich am engsten verschränkt. Wenn jetzt Religionen und Verschwörungen  beide auf Mythen basieren, was sind die dann? Sie haben das gerade auch schon  angedeutet: Die sind irgendwie verwandt. 
    Lesen Sie hier den Beitrag aus DEUTSCHLANDFUNK vom 04.08. 2020 zu Ende.
    Mit  freundlicher Genehmigung der Redaktion des DEUTSCHLANDFUNK. Weitere interessante  Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.deutschlandfunk.de
   
  
    PHILOSOPH MARKUS GABRIEL ÜBER MORAL HEUTE 
    „Das Böse nimmt spürbar  zu"
     
    Propaganda, Ideologie,  Fake News und Halbwahrheiten verdeckten heute, was der Mensch tun oder  unterlassen soll, diagnostiziert der Philosoph Markus Gabriel. Es seien dunkle  Zeiten. Dabei könne nur die Moral uns vor dem Abgrund retten.
    Markus Gabriel zählt zu den bekanntesten deutschen  Gegenwartsphilosophen. Mit 28 war er Professor in New York. Seit er 29 ist, hat  er an der Uni Bonn den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der  Neuzeit und Gegenwart inne. Seine Bücher waren Bestseller und jetzt gibt es ein  neues Werk von ihm: „Moral in dunklen Zeiten“. 
    Liane von Billerbeck: Herr Gabriel, leben wir denn in dunklen  Zeiten?
      
        Gabriel: Und ob, muss man leider sagen. Dunkle Zeiten sind Zeiten, in denen das, was wir  aus moralischen – also alle Menschen betreffenden – Gründen tun beziehungsweise  unterlassen sollen, durch Propaganda, Ideologie, Fake News, Halbwahrheiten und  so weiter verdeckt wird. Und je mehr solche Verdeckungsstrategien wir haben,  desto dunkler die Zeiten.
    Billerbeck: Das heißt Finanzkrise, Werteverfall,  Krise der liberalen Demokratie, Klimawandel, Populismus, all das. Was ist die  größte dieser Bedrohungen, wenn Sie die gegeneinander abwägen?
        
        
        Gabriel: Die größten Bedrohungen kommen zum einen aus der Klimakatastrophe. Das ist eine  echte existenzielle Gefahr, wie man das in der Philosophie heute nennt – kurzum  die Selbstzerstörung der Menschheit. 
    Und zum anderen aus einer nicht  wünschenswert organisierten Digitalisierung, also einer unethischen  Digitalisierung, die gerade ebenfalls den Planeten verwüstet – durch die  Selbstzerstörung der liberalen Demokratie.
    Das halte ich für die derzeit  gefährlichsten Katastrophen, die leider auch noch eng miteinander verzahnt  sind.
    Das Gute wird  immer öfter in Frage gestellt
    Billerbeck: Warum geht mit dieser Entwicklung die,  wie Sie es in Ihrem Buch beschrieben haben, Verdunklung des moralischen  Horizonts einher?
      
    
    Gabriel: Der moralische Horizont  besteht darin, dass wir sehen, was wir aus teils ganz offensichtlichen Gründen  tun beziehungsweise unterlassen sollen: Sehr wenige von uns schubsen zum  Beispiel Menschen die U-Bahn runter. Und zu Recht sind wir empört, wenn wir hören,  dass das mal wieder in München oder Berlin stattgefunden hat. Das heißt, wir  tun sehr häufig das moralisch offensichtlich Gute und vermeiden das Böse.
    Lesen Sie hier den Beitrag aus DEUTSCHLANDFUNK vom 04.08. 2020 zu Ende.
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    DER BUCHTIP 
    Diese Wahrheiten
     
    Eine  Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika
    
 
    
      - Aus der  Einleitung
          
          "Die Amerikaner stammen von Eroberern und Eroberten ab, von Menschen die  als Sklaven gehalten wurden, und von Menschen die Sklaven hielten, von der  Union und von der Konföderation, von Protestanten und von Juden, von Muslimen  und von Katholiken, von Einwanderern und von Menschen, die dafür gekämpft  haben, die Einwanderung zu beenden. In der amerikanischen Geschichte ist  manchmal - wie in fast allen Nationalgeschichten - der Schurke des einen der  Held des anderen. Aber dieses Argument bezieht sich auf die Fragen der  Ideologie: Die Vereinigten Staaten sind auf Basis eines Grundbestands von Ideen  und Vorstellungen gegründet worden, aber die Amerikaner sind inzwischen so  gespalten, dass sie sich nicht mehr darin einig sind, wenn sie es denn jemals  waren, welche Ideen und Vorstellungen das sind und waren."
        
        
        In einer Prosa von funkelnder Schönheit erzählt die preisgekrönte Historikerin  Jill Lepore die Geschichte der USA von ihren Anfängen bis zur  Gegenwart. Sie schildert sie im Spiegel jener «Wahrheiten» (Thomas Jefferson),  auf deren Fundament die Nation gegründet wurde:  
      - der Ideen von der Gleichheit  aller Menschen,
 
      - ihren naturgegebenen Rechten und 
 
      - der Volkssouveränität. 
 
    
    Meisterhaft verknüpft sie dabei das widersprüchliche Ringen um den richtigen  Weg Amerikas mit den Menschen, die seine Geschichte gestaltet oder durchlitten  haben. Sklaverei und Rassendiskriminierung kommen ebenso zur Sprache wie der  Kampf für die Gleichberechtigung der Frauen oder die wachsende Bedeutung der  Medien. Jill Lepores große Gesamtdarstellung ist aufregend modern und direkt,  eine Geschichte der politischen Kultur, die neue Wege beschreitet und das  historische Geschehen geradezu hautnah lebendig werden lässt.
    Eine Leseprobe aus der Einleitung:
      
    Die Frage  stellen 
    DER LAUF DER  GESCHICHTE ist nicht vorhersehbar, er ist so unregelmäßig wie das Wetter, so  wechselhaft wie Empfindungen. Nationen erstarken und fallen durch Laune und  Zufall, heimgesucht von Gewalt, korrumpiert von Gier, erobert von Tyrannen,  überfallen von Schurken, verwirrt von Demagogen. Dies alles traf zu, bis die  Leserschaft einer Zeitung namens New-York Packet eines Tages, am Dienstag, dem  30. Oktober 1787, auf der Titelseite des Blattes eine Anzeige für einen  Almanach vorfand, der Tabellen mit Angaben zum «Aufgang und Untergang der  Sonne», zur «Beurteilung des Wetters», zur «Länge von Tagen und Nächten» und  als Zugabe etwas vollkommen Neues enthielt: die Verfassung der Vereinigten  Staaten, 4400 Wörter, die das Handeln der verschiedenen Abteilungen des  Regierungssystems und die Teilung seiner Gewalten dar-zustellen versuchten, als  ob es sich dabei um Fragen der Physik wie den Durchgang des Mondes vor der  Sonne oder den Wechsel der Gezeiten handelte.1 
    Dies sollte  den Beginn einer neuen Ära anzeigen, in welcher der Lauf der Geschichte  vielleicht vorhersagbar gemacht und ein Regierungssystem geschaffen werden  könnte, das nicht durch Zufall und Gewalt, sondern durch Vernunft und freie  Entscheidung gelenkt werden würde. Die Ursprünge dieses Gedankens und sein  Schicksal machen die amerikanische Geschichte aus. Die Verfassung war mit  mühseliger Arbeit und langen Auseinandersetzungen verbunden. Den ganzen Sommer  über waren die Delegierten des Verfassungskonvents, in Kniebundhosen und  ständig durchgeschwitzt, bei drückender Hitze und größter Geheimhaltung in  Philadelphia zusammengekommen, die Fenster ihrer Versammlungshalle hatte man  zum Schutz gegen Lauscher zugenagelt. 
    Bis Mitte  September hatten sie einen auf vier Seiten Pergament festgehaltenen Entwurf  fertiggestellt. Sie gaben diesen Entwurf an Drucker weiter, die den Text seiner  hochfliegenden Präambel setzten, beginnend mit einem riesigen W, das so scharf  wie eine Vogelkralle daherkam: 
    
      - Wir, das Volk der Vereinigten  Staaten, von der Absicht geleitet, unseren Bund zu vervollkommnen, 
 
      - Gerechtigkeit  zu verwirklichen, 
 
      - die Ruhe im  Innern zu sichern, 
 
      - für die  gemeinsame Verteidigung zu sorgen, das allgemeine Wohl zu fördern und 
 
      - die Segnungen  der Freiheit für uns und unsere Nachkommen zu bewahren, 
 
    
    setzen diese Verfassung für die  Vereinigten Staaten von Amerika in Kraft.
     
    
 
      Jill Lepore  ist Professorin für amerikanische Geschichte an der Harvard Universität und  Staff writer des Magazins "The New Yorker". Sie hat mehr als ein  halbes Dutzend Preise für ihre Bücher erhalten und war Finalistin für den  National Book Award und den Pulitzer-Preis. Ihr Opus magnum "Diese  Wahrheiten" stand wochenlang auf den amerikanischen Bestsellerlisten. 
      © Foto: The New York Times / Redux / laif 
    Lepore,  Jill, Diese Wahrheiten - Eine Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika Die  Sachbuch-Bestenliste für Dezember: Platz 9, Verlag C.H.Beck, München, ISBN 978-3-406-73988-0,  Erschienen am 15. Oktober 2019. 5. Auflage, 2020, 1120 S., mit 33 Abbildungen, Leinen.  Preis: Hardcover 39,95 €, e-Book 30,99 €
   
  
    „DEN BOGEN ÜBERSPANNT“ 
    Vatikan empört deutsche Katholiken
     
    Die katholische Kirche hat kaum noch Priester. Deshalb übernehmen immer  mehr Nicht-Kleriker Leitungsfunktionen. Doch jetzt sagt der Papst: So geht's  nicht. Und nun?
    Von Christoph Driessen, dpa 
    Wenn in Rom im Hochsommer der Asphalt dampft, die Luft flirrt und die Konturen  verschwimmen, dann kommt das Leben in der Ewigen Stadt teils zum Erliegen. Für  den Vatikan scheint das allerdings nicht zu gelten, denn der schreckt seine Schäfchen  mitten in der Ferienzeit auf – mit einer Instruktion, die sogar unter Bischöfen  auf offene Ablehnung stößt.
    
    Das Schreiben der Kleruskongregation des Vatikans trägt den einschläfernden  Titel "Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der  missionarischen Sendung der Kirche". Der darunter folgende Text hat in etwa die  Lebendigkeit eines Telefonbuchs mit Fußnoten. Dennoch ist er für viele Katholiken eine Provokation, ja ein Skandal. Der Präsident des Zentralkomitees der  deutschen Katholiken (Zdk), Thomas Sternberg, bescheinigt dem Papier eine  "abenteuerliche Realitätsferne".
    Die Zahl der Priester schrumpft und schrumpft 
    Worum geht es? Zurzeit gibt es in ganz Deutschland 13.000 Priester,  vor 30 Jahren waren es noch 20.000. Im ganzen vergangenen Jahr wurden nur 63  Männer neu zu Priestern geweiht – bei immerhin noch 22,6 Millionen Katholiken.  Jedes Jahr wird in den Kirchen neu um mehr Priesternachwuchs gebetet – ohne  Erfolg. Es herrscht totale Unterversorgung.
  
    Die Bistümer mussten zwangsläufig darauf reagieren. Sie haben immer mehr  Pfarreien zu Großgemeinden zusammengelegt. An deren Spitze steht dann oft nur  noch ein Team von zwei oder drei Priestern. Natürlich können die nicht die  ganze Arbeit allein bewältigen. Viele ihrer früheren Funktionen werden deshalb  mittlerweile von bezahlten Mitarbeitern – zum Beispiel Gemeindereferenten oder  -referentinnen – oder von Ehrenamtlichen ausgeübt.
    
    In der Gemeinde St. Barbara in Duisburg zum Beispiel machen die  Ehrenamtlichen alles selber. Sonntags kommt ein Priester aus einem anderen  Stadtteil vorbei und zelebriert eine Messe – das wars aber auch schon:  "Alle übrigen Gottesdienste, Andachten und Gebetszeiten werden von  ehrenamtlichen Laien geleitet", heißt es auf der Website.
    Ehrenamtliche  haben nicht die gleiche Verbindung zu Gott 
    Das aber – so stellt der Vatikan nun in seiner von Papst  Franziskus ausdrücklich abgesegneten Instruktion klar – ist so in der  katholischen Kirche nicht vorgesehen. Pfarreien können demnach nur in  begründeten Ausnahmefällen aufgehoben oder verschmolzen werden – und  Priestermangel ist laut Vatikan generell kein akzeptabler Grund dafür. 
    Lesen Sie hier den Beitrag aus T-Online vom 25. 07. 2020 zu Ende.
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    EUROPA OHNE AMERIKA 
    Wenn die USA nicht mehr Weltmacht sein wollen
     
    Im globalen Monopoly müssen die Europäer wieder zurück auf Platz zero.  Aber anders als im ersten Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg könnten sie bald  ohne die militärische und moralische Absicherung durch Amerika dastehen.
    Von Michael Stürmer 
    Ob es im Verhältnis zu den USA  nicht Zeit sei für eine strategische Autonomie der EU, wurde die  Bundeskanzlerin jüngst in einem Interview gefragt. Es gebe überragende Gründe,  weiter auf eine transatlantische Verteidigungsgemeinschaft zu setzen,  antwortete Angela Merkel, und ergänzte: „Wir sind aufgewachsen in der  Gewissheit, dass die USA Weltmacht sein wollen. Wenn sich die USA nun aus  freiem Willen aus der Rolle verabschieden sollten, müssten wir sehr  grundsätzlich nachdenken.“
    Es war eine Vision, die Merkel schon im Sommer 2017 angedeutet hatte bei  ihrer Rede im Bierzelt von  Trudering  . Sie wurde in Staatskanzleien weltweit  gehört und erzeugte viel Rätselraten, bis heute. Auf die alten Freunde sei kein  Verlass mehr, sagte sie damals, es sei an der Zeit für neue Antworten.
    Wenn in öffentlicher Rede die deutsche Bundeskanzlerin, als mächtigste Frau  der Welt gerühmt, in strategischen Alternativen laut zu denken anfängt, dann  reichen wenige Worte für viel Zweifel. Es war staatsklug, solche Andeutungen  nicht auszubuchstabieren. Das deutsche Publikum gab sich zufrieden, nicht aber  der Rest der Welt. Dafür ist das Potenzial an deutschen Sonderwegen,  vergangenen und künftigen, zu groß.
    Hat die deutsche Bundeskanzlerin, Visionen und Spekulationen grundsätzlich  abhold, eine andere Idee von Europa? Von den Vereinigten Staaten im Zeichen des  Trumpismus? Von Russland in Zeiten der Verbitterung? Oder von China, das wieder  Reich der Mitte sein will
    Wie über Nacht ist die alte Deutsche Frage wieder ins Zentrum des Systems  gerückt: Wohin gehört Deutschland, wohin gehören die Deutschen? Eines ist  jedenfalls gewiss: Die Antwort hat den Deutschen nie allein gehört – dafür war  Deutschland, unter welchem Namen auch immer, zu groß oder zu klein, zu viel  geteilt oder zu wenig.
    Der Zwei-plus-vier-Vertrag, Meisterwerk der  Diplomatie, gründete 1990 ein neues europäisches Gleichgewicht und beendete den  Kalten Krieg in seinem europäischen Zentrum. Aber er hatte Voraussetzungen und  Folgen, die jetzt deutlicher sichtbar werden. Jene Sicherheitsarchitektur von  Vancouver bis Wladiwostok, die damals möglich erschien, ist Trugbild geblieben.  
Unausgesprochene Angst geht um, dass der Friede von 1990 nicht der Geschichte  letztes Wort ist, sondern auf geschichtlichen Voraussetzungen beruhte, die  jetzt im Schwinden sind.
    
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT Online vom 26. 06. 2020 zu Ende.
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    BUCHTIP 
    Religion  im US-Wahlkampf
     
    Zerlegen sich die USA und ihre Ideale seit Jahren  selbst?  Die Vereinigten Staaten von  Amerika sind nicht mehr das , was wir hier in Europa insbesondere und auch in  der ganzem Welt ebenso seit dem 2. Weltkrieg, kennengelernt hatten und nur noch  in Erinnerung kennen. Die USA haben sich immer als „God‘s own country“ gesehen  und verstanden. Welche Rolle spielt nun die Religiösität in diesem einst von  Protestanten gegründeten jedoch inzwischen entscheidend römisch-katholisch  geprägten Land und was könnte das für den Rest der Welt bedeuten?.
    
    Christentum und Demokratie – für den größten Teil der  amerikanischen Geschichte handelte es sich hierbei um eine komplementäre  Beziehung. Doch die Wahl von Donald Trump und die Rolle, die Evangelikale darin  gespielt haben, legt nahe, dass sich beider Wege nun trennen. Wie und warum es  dazu kam, zeigt dieses Buch. Es schildert, wie der amerikanische  Protestantismus zunehmend in eine autoritäre Richtung abgedriftet ist.  Ausschlaggebend hierfür ist die Überzeugung, die Kulturkämpfe der letzten  Jahrzehnte verloren zu haben. Die Evangelikalen betrachten sich selbst als am  stärksten verfolgte Gruppe in den USA und halten Ausschau nach einem starken  Beschützer, der sie gleichsam aus dem Babylonischen Exils herausführt und ihnen  ihr Land zurückgibt. Dieses Gefühl von Verlust und Anspruch ist tief im  Narrativ von Amerika als weißer christlicher Nation verwurzelt. Trump hat die  Herzen der Evangelikalen hier gepackt, indem er mit ihren tiefsten Ängsten  spielt. Amerikas Christentum und die Demokratie am Scheideweg: Wird es  gelingen, beide wieder in zusammenzuführen?
    
    
      Philip Gorski, PhD in Soziologie an der University of  California, Berkeley, ist Professor für Soziologie an der Yale University. Er  ist Schüler des prominenten Soziologen Robert N. Bellah und einer der führenden  jüngeren amerikanischen Religionssoziologen.
    Philip Gorski, Am Scheideweg - Amerikas  Christen und die Demokratie vor und nach Trump, Verlag Herder, 1. Auflage 2020, 224 Seiten, ISBN:  978-3-451-38890-3,Bestellnummer (Verlag: www.herder.de): P388900,  Gebundene Ausgabe, 24,00 € inkl. MwSt.,Kostenloser Versand innerhalb  Deutschlands 
   
  
    NUR 57 WEIHEN IM JAHR 
    Katholischer Kirche  gehen die Priester aus
     
    Rund  ein Viertel aller Deutschen sind Mitglied in der katholischen Kirche - Tendenz  sinkend. Doch nicht nur die Gemeinden schrumpfen. Einem Bericht zufolge wird es  in diesem Jahr nur sehr wenige Priesterweihen geben. Und so gibt es einmal mehr  laute Überlegungen über Frauen hinter dem Altar.
    In diesem Jahr gibt es einem Zeitungsbericht zufolge erneut nur sehr wenige  katholische Priesterweihen in Deutschland. In allen 27 Bistümern würden 2020  insgesamt nur 57 Männer zum Priester geweiht, meldet die "Augsburger  Allgemeine" unter Berufung auf eine eigene Erhebung. Dem Blatt zufolge ist  dies die zweitniedrigste Zahl in der Geschichte der Bundesrepublik, nachdem es  den bislang tiefsten Stand 2019 mit 55 katholischen Neupriesterweihen gegeben  habe.
  
    In den vergangenen 20 Jahren sei die Zahl damit um 64 Prozent  zurückgegangen. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zeigte sich  alarmiert. "Im vergangenen Jahr kam auf elf ausscheidende Priester eine  Neuweihe - wenn man das weiter rechnet, sieht man, in welche Katastrophe das  münden wird", sagte ZdK-Präsident Thomas Sternberg der Zeitung. "Wir  bräuchten 200 oder 300 Priesterneuweihen jedes Jahr - doch davon sind wir ganz  weit entfernt." 
      
    Sternberg forderte, das Priesteramt auch für Frauen und verheiratete Männer  zu öffnen. "Wir brauchen (...) auf Dauer auch das Frauenpriestertum, und  der Beruf selbst muss wieder attraktiver werden", sagte er dem Blatt.  Indes treten auch immer mehr Menschen in Deutschland aus der katholischen  Kirche aus. 
      
    Vergangenes Jahr waren es bei den Katholiken 272.771 Austritte - 26 Prozent  mehr als 2018 und die bisher höchste Zahl überhaupt. Insgesamt gibt es in  Deutschland noch 22,6 Millionen Katholiken, hatte die Deutsche  Bischofskonferenz Ende Juni in Bonn mitgeteilt.
    Auch die evangelische Kirche leidet unter  Mitgliederschwund.    
    Lesen Sie hier den Beitrag aus n-tv Online vom 10.07. 2020 zu Ende.
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    NETZWELT 
    Reporter  ohne Grenzen warnt vor möglicher Überwachung ausländischer Blogger
     
    In wenigen Wochen könnte ein Entwurf für das neue BND-Gesetz vorliegen.  Die Organisation Reporter ohne Grenzen fordert nun, dass damit nicht nur  klassische Journalisten, sondern auch Blogger geschützt werden. Gerade in autoritären  Regimen können Bürgerjournalisten entscheidend sein.
    Lesen Sie hier den Beitrag aus SPIEGEL Online vom 09.07. 2020 zu Ende.
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    DEUTSCHLAND 
    Kirchen  beklagen Rekordzahl an Austritten
     
    Die  Zahlen seien nicht schönzureden: Mehr als 800.000 Mitglieder verloren die  evangelische und katholische Kirche im Jahr 2019 – über eine halbe Million  Menschen, so viele wie nie zuvor, traten aus der Kirche aus. Bei den Katholiken  sinkt auch die Zahl der Taufen.
    Der Mitgliederschwund in der  evangelischen und katholischen Kirche beschleunigt sich. Mehr als 800.000 Mitglieder  verloren die  beiden großen christlichen Kirchen im vergangenen Jahr. Das zeigen die  Mitgliederstatistiken der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und der  Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für 2019, die am Freitag  veröffentlicht wurden. 2018 war es in der Summe ein Verlust von 704.000  Mitgliedern. Doch immer noch gehört mehr als jeder zweite Deutsche einer dieser  beiden christlichen Konfessionen an.
    An diesen Zahlen sei nichts  schönzureden, sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing. Ihn  wie auch seinen Amtskollegen, den EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm  , schmerzt  vor allem die hohe Zahl der Kirchenaustritte. Sie sind neben den Sterbefällen  der Grund für den Mitgliederschwund. Mehr als eine halbe Million Menschen, so  viele wie nie zuvor, verließen im Jahr 2019 die Kirche.
      
    Auf Basis der gemeldeten vorläufigen Zahlen aus den 20 evangelischen  Landeskirchen traten etwa 270.000 Menschen aus der Kirche aus. Das sind rund 22  Prozent mehr als im Vorjahr, teilte die EKD mit. 2014 hatte die Zahl der  Austritte schon einmal bei rund 270.000 gelegen. Wie schon 2018 verstarben auch  2019 rund 340.000 Kirchenmitglieder. Die EKD kündigte an, die erhöhten  Austrittszahlen vom Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD untersuchen  lassen zu wollen.
    Mehr Menschen traten aus der katholischen Kirche aus
    Noch mehr Menschen traten 2019 aus der katholischen  Kirche aus: Mehr als 272.700 annullierten ihre Mitgliedschaft – ein Anstieg von  26,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Austrittsrate stieg auf über 1,2  Prozent. So hoch war sie noch nie, sagte der Münsteraner Religionssoziologe  Detlef Pollack dem Evangelischen Pressedienst (epd). Erstmals seit dem Jahr  2010, in dem der Missbrauchsskandal bekannt wurde, gab es wieder mehr  Kirchenaustritte bei den Katholiken als bei den Protestanten. 
    Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT Online vom 26. 06. 2020 zu Ende.
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    LOYALE UNTERSTÜTZER DES US-PRÄSIDENTEN 
    Entscheiden  Deutsch-Amerikaner die Wahl für Trump?
     
    Rund 43 Millionen Menschen deutscher Abstammung leben in den USA. Vor  vier Jahren stimmten sie mehrheitlich für Trump. Das hatte auch psychologische  Gründe.
    Von Malte Lehming 
    Also  proklamierte Donald Trump, Anfang Oktober 2019: Der Fall der Berliner Mauer vor 30  Jahren sei ein „Triumph der Freiheit“ gewesen. Das Ereignis unterstreiche, wie  sehr sich die USA und Deutschland für Rechtsstaat und Menschenrechte  einsetzten. „Unsere gemeinsamen Werte und historischen und kulturellen  Bindungen stärken den ewigen Bund zwischen den Vereinigten Staaten und  Deutschland. Diese Partnerschaft bildet das Fundament einer großen und  hoffnungsvollen Zukunft für die Welt.“
      
    Nanu?  Es war derselbe Trump, der sonst keine Gelegenheit auslässt, über  Deutschland herzuziehen. Über zu geringe Verteidigungsausgaben, die  Ostseepipeline Nord Stream 2, Handelsdefizite, Flüchtlingspolitik, den Einfluss  von Huawei. Doch an diesem Tag war all das, wenn nicht vergessen, so doch  verdrängt.
      
    Denn  an diesem Tag rief der US-Präsident rief die Amerikaner dazu auf, den  German-American-Day zu feiern. Ende des 17. Jahrhunderts waren die ersten  Familien aus Deutschland eingewandert. Im Jahre 1883 hatte der „German Day“  seine Premiere in Philadelphia. Hundert Jahre danach erklärte US-Präsident  Ronald Reagan den 6. Oktober als German-American-Day zu einem Feiertag.
    
    
      
      Das klingt nach Folklore, hat aber einen triftigen wahlstrategischen  Hintergrund. Fast alle Wählergruppen in den USA werden erforscht. Zu welcher  Partei tendiert die verheiratete, weiße Frau ohne Universitätsabschluss? Worin  unterscheiden sich die Cuban-Americans von den Mexican-Americans? Müssen  Präsidentschaftskandidaten noch um die Stimmen der Irischstämmigen buhlen? Jede  noch so kleine Nuance ist den Demoskopen wichtig.
    
      Sie wohnen in den so genannten Swing States
    Nur eine Gruppe, die  durchaus wahlentscheidend sein kann, befindet sich außerhalb des öffentlichen  Umfrageradars. Dabei ist sie, gemessen am Abstammungskriterium, die größte.  Viele ihrer Mitglieder wohnen in den so genannten Swing States – Ohio,  Pennsylvania, Wisconsin, Michigan, Florida. Es sind die German-Americans, die  Deutsch-Amerikaner. 
    Lesen Sie hier den Beitrag aus TAGESSPIEGEL Online vom 23. 06. 2020 zu Ende.
    Mit  freundlicher Genehmigung der Redaktion des TAGESSPIEGEL Online. Weitere interessante  Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.tagesspiegel.de
   
  
    DER AKTUELLE KLASSIKER 
    Guten  Tag, wir möchten mit Ihnen über die Bibel reden
     
    Donald  Trump lässt sich mit ihr fotografieren, Putin baut neue  eine Kathedrale. Die Bibel ist immer noch ein Buch, mit dem man Politik machen  kann. Aber auch Europas Kultur und Sprachen sind ohne sie nicht zu verstehen.
    Von Matthias Heine 
    Diesem Buch, dessen jüngster Text,  die Johannes-Apokalypse, vor 1900 Jahren geschrieben wurde, wird von Politikern  nach wie vor eine mächtige Wirkung zugetraut – egal ob in den USA, in Russland  oder China.
    
    Donald Trump, der offenbar noch nicht mal eine eigene Bibel besitzt („Ist  das Ihre Bibel?“, fragen ihn Journalisten. Trump: „Es ist eine Bibel“), ließ  sich mit dem Klassiker vor einer Kirche in Washington fotografieren, die von  der Antifa angezündet worden war. Einig sind sich die beiden ungläubigen  Parteien, die sich in diesem Mini-Armageddeon gegenüberstanden, dass sie eine  Botschaft an bibeltreue Amerikaner senden wollten. Die Antifa: Wir hassen euch  und euren Gott. Der Präsident: Ich bin vielleicht kein Heiliger, aber ich  kämpfe für euch.
    Chinas Angst vor der Bibel
    Auch Putin in Russland gründet seine Herrschaftsideologie auf die Bibel. Unter ihm wird das Christentum staatlich massiv gefördert. Gerade ist in Moskau  eine neue riesige Militärkirche namens „Kirche des Sieges“  eingeweiht worden. Putin selbst und sein treuer Gefolgsmann Medwedew haben sich  im Nachhinein eine lange bibeltreue biografische Tradition herbeifrisiert:  Putin behauptet, er sei schon 1952 heimlich getauft worden, Medwedew berichtet,  er sei mit 23 (1988, als das risikolos war) vom Atheisten zum Gläubigen  geworden.
    In vielen muslimischen Ländern ist die Bibel verboten,  als könnte schon allein das Wort Jesu Christi den muslimischen Glauben und die  darauf beruhenden Staaten ins Wanken bringen. Auch Chinas KP hat gerade wieder  48 Kirchen schließen lassen. Begründung: zu viel Bibel, zu wenig Patriotismus. 
Dabei kann man die Bibel durchaus im Sinne eines engstirnigen Nationalismus  auslegen – wie nicht nur Trump, Putin und Bolsonaro beweisen, sondern auch der  Spruch „Gott mit uns“, der von Preußen bis zur Nazizeit auf den Gürtelschnallen  deutscher Uniformen stand.
    Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT Online vom 15. 06. 2020 zu Ende.
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    GESCHICHTE:   „DIE GROSSE HURE“
     
    Weinten  die Juden wirklich an den Wassern von Babylon?
     
    Nach  der Eroberung Jerusalems durch die Babylonier 587 v. Chr. wurden viele Juden  nach Mesopotamien deportiert. Dort sollen sie sich nach Zion verzehrt haben,  heißt es in der Bibel. Das Gegenteil war wohl der Fall.
    Von Berthold Seewald 
    Die Weltstadt Babylon hat keinen guten Ruf  in der Bibel. Als „Hure, die an vielen Wassern sitzt“, wird „das große Babylon“  in der neutestamentlichen „Offenbarung“ des Johannes beschrieben, als „die  Mutter der Hurerei und aller Gräuel auf Erden“. Als der Text Ende des ersten  Jahrhunderts entstand, war Babylon allerdings eine Chiffre für „die große  Stadt, die die Herrschaft hat über die Könige auf Erden“, also Rom.
    Doch in einem Buch des Alten  Testaments ist mit Babylon wirklich die große Stadt am Euphrat gemeint: „Babel,  die Verwüsterin“, heißt es im 137. Psalm, der mit einer höchst unchristlichen  Verwünschung endet: „Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt und sie am Felsen  zerschmettert.“ 
    Dass Babel zum  Inbegriff alles Bösen in der Bibel werden konnte, hat mit zwei Feldzügen zu  tun, die der babylonische Großkönig Nebukadnezar II. 597 und 587 v. Chr. gegen  Jerusalem führte. Damals wurden zahlreiche Juden, vor allem Angehörige der  Elite, nach Mesopotamien verschleppt, wo sie „an den Wassern von Babylon saßen  und weinten, wenn wir an Zion gedachten“, so der berühmte erste Satz von Psalm 137 ,  der Komponisten und Interpreten von Heinrich Schütz bis Boney M. inspiriert  hat. 
    Aber  war das Leben im Herzland des babylonischen Großreichs wirklich so entsetzlich,  wie die biblischen Zeugnisse vermuten lassen? 
Neue Funde weisen in eine andere  Richtung. Aufgrund der Analyse 
neuedierter Urkunden, die in Jahudu  unweit von Babylon entdeckt wurden, 
kommt der  Dresdner Theologe Ulfrid Kleinert  jetzt in der Zeitschrift „Antike  Welt  “ zu  einem anderen Schluss: „Die Keilschrifttexte von Jahudu zeigen, dass die  Bewohner des Orts Wert auf ihre Herkunft legten, sich aber zugleich in ihrer  neuen Heimat zu Hause fühlten.“ 
    Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT Online vom 02. 06. 2020 zu Ende.
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    DER AKTUELLE KLASSIKER 
    Guten  Tag, wir möchten mit Ihnen über die Bibel reden
     
    Donald  Trump lässt sich mit ihr fotografieren, Putin baut neue  eine Kathedrale. Die Bibel ist immer noch ein Buch, mit dem man Politik machen  kann. Aber auch Europas Kultur und Sprachen sind ohne sie nicht zu verstehen.
    Von Matthias Heine 
    Diesem Buch, dessen jüngster Text,  die Johannes-Apokalypse, vor 1900 Jahren geschrieben wurde, wird von Politikern  nach wie vor eine mächtige Wirkung zugetraut – egal ob in den USA, in Russland  oder China.
      
    Donald Trump, der offenbar noch nicht mal eine eigene Bibel besitzt („Ist  das Ihre Bibel?“, fragen ihn Journalisten. Trump: „Es ist eine Bibel“), ließ  sich mit dem Klassiker vor einer Kirche in Washington fotografieren, die von  der Antifa angezündet worden war. Einig sind sich die beiden ungläubigen  Parteien, die sich in diesem Mini-Armageddeon gegenüberstanden, dass sie eine  Botschaft an bibeltreue Amerikaner senden wollten. Die Antifa: Wir hassen euch  und euren Gott. Der Präsident: Ich bin vielleicht kein Heiliger, aber ich  kämpfe für euch.
    Chinas Angst vor der Bibel
    Auch Putin in Russland gründet seine Herrschaftsideologie auf die Bibel.  Unter ihm wird das Christentum staatlich massiv gefördert. Gerade ist in Moskau  eine neue riesige Militärkirche namens „Kirche des Sieges“  eingeweiht worden. Putin selbst und sein treuer Gefolgsmann Medwedew haben sich  im Nachhinein eine lange bibeltreue biografische Tradition herbeifrisiert:  Putin behauptet, er sei schon 1952 heimlich getauft worden, Medwedew berichtet,  er sei mit 23 (1988, als das risikolos war) vom Atheisten zum Gläubigen  geworden.
    In vielen muslimischen Ländern ist die Bibel verboten,  als könnte schon allein das Wort Jesu Christi den muslimischen Glauben und die  darauf beruhenden Staaten ins Wanken bringen. Auch Chinas KP hat gerade wieder  48 Kirchen schließen lassen. Begründung: zu viel Bibel, zu wenig Patriotismus.  
Dabei kann man die Bibel durchaus im Sinne eines engstirnigen Nationalismus  auslegen – wie nicht nur Trump, Putin und Bolsonaro beweisen, sondern auch der  Spruch „Gott mit uns“, der von Preußen bis zur Nazizeit auf den Gürtelschnallen  deutscher Uniformen stand.
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    GESCHICHTE:   „DIE GROSSE HURE“
     
    Weinten  die Juden wirklich an den Wassern von Babylon?
     
    Nach  der Eroberung Jerusalems durch die Babylonier 587 v. Chr. wurden viele Juden  nach Mesopotamien deportiert. Dort sollen sie sich nach Zion verzehrt haben,  heißt es in der Bibel. Das Gegenteil war wohl der Fall.
    Von Berthold Seewald 
    Die Weltstadt Babylon hat keinen guten Ruf  in der Bibel. Als „Hure, die an vielen Wassern sitzt“, wird „das große Babylon“  in der neutestamentlichen „Offenbarung“ des Johannes beschrieben, als „die  Mutter der Hurerei und aller Gräuel auf Erden“. Als der Text Ende des ersten  Jahrhunderts entstand, war Babylon allerdings eine Chiffre für „die große  Stadt, die die Herrschaft hat über die Könige auf Erden“, also Rom.
    Doch in einem Buch des Alten  Testaments ist mit Babylon wirklich die große Stadt am Euphrat gemeint: „Babel,  die Verwüsterin“, heißt es im 137. Psalm, der mit einer höchst unchristlichen  Verwünschung endet: „Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt und sie am Felsen  zerschmettert.“ 
    Dass Babel zum  Inbegriff alles Bösen in der Bibel werden konnte, hat mit zwei Feldzügen zu  tun, die der babylonische Großkönig Nebukadnezar II. 597 und 587 v. Chr. gegen  Jerusalem führte. Damals wurden zahlreiche Juden, vor allem Angehörige der  Elite, nach Mesopotamien verschleppt, wo sie „an den Wassern von Babylon saßen  und weinten, wenn wir an Zion gedachten“, so der berühmte erste Satz von Psalm 137 ,  der Komponisten und Interpreten von Heinrich Schütz bis Boney M. inspiriert  hat. 
    Aber  war das Leben im Herzland des babylonischen Großreichs wirklich so entsetzlich,  wie die biblischen Zeugnisse vermuten lassen? 
Neue Funde weisen in eine andere  Richtung. Aufgrund der Analyse 
neuedierter Urkunden, die in Jahudu  unweit von Babylon entdeckt wurden, 
kommt der  Dresdner Theologe Ulfrid Kleinert  jetzt in der Zeitschrift „Antike  Welt  “ zu  einem anderen Schluss: „Die Keilschrifttexte von Jahudu zeigen, dass die  Bewohner des Orts Wert auf ihre Herkunft legten, sich aber zugleich in ihrer  neuen Heimat zu Hause fühlten.“ 
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    VERSCHWÖRUNGSMYTHEN - EINE DIGITALRELIGION  ENTSTEHT 
    Die  Bewegung „QAnon“ wird zur Religion
     
    Korrupte Eliten foltern unterirdisch Kinder, das Coronavirus  ist eine Bio-Waffe und Donald Trump der Erlöser. Die Verschwörungserzählungen  von „QAnon“ bedienen alte Muster und Feindbilder. Vor allem weiße Trump-Fans fühlen  sich angesprochen, doch die Digitalsekte wächst auch außerhalb der USA. 
    Von Christian Röther    
    „Wir sind Q“, sagt dieser Mann vor einer Veranstaltung mit   US-Präsident Donald Trump. Damit meint er: Wir sind die Q-Bewegung. Auf   Trump-Veranstaltungen hört und liest man diese Aussage immer wieder: Wir   sind Q! Also Q, der 17. Buchstabe des Alphabets.
    „Wir wissen   nicht genau, wer Q ist“, sagt dieser Mann einem CNN-Reporter. Deswegen   wird Q auch QAnon genannt: Anon, das steht für anonym. Der Mann meint, Q   seien wohl mehrere Personen. Auf jeden Fall hätten sie   Insider-Informationen und seien „die Guten“.
    Was verbirgt sich hinter QAnon?
    Bei   QAnon geht es um eine angebliche Verschwörung gigantischen Ausmaßes.   Die Kurzfassung: Eine verdorbene Elite aus demokratischer Partei,   Banken, Medien und so weiter herrsche heimlich über die USA. Und Donald   Trump sei von ranghohen Militärs dazu auserwählt worden, diesen „Tiefen   Staat“ zu Fall zu bringen, meint auch diese Q-Anhängerin: „Donald Trump   was picked by military leaders to run for president as a way to kind of   bring down the deep state.“
    „Neue amerikanische Religion“
    QAnon   wird in den USA immer wieder als religiöse Bewegung bezeichnet. Die   Parallelen liegen auf der Hand: Es gibt mit Q eine Art Propheten. Der   schart Prediger und Anhängerinnen um sich. Tausende sollen es inzwischen   sein. Sie verbreiten seine Heilsbotschaft und erwarten eine Art   kosmischen Endkampf zwischen Gut und Böse.
    Von einer „neuen   amerikanischen Religion“ schreibt das Magazin „The Atlantic“, und   erinnert an die Siebenten-Tags-Adventisten und die Kirche Jesu Christi   der Heiligen der Letzten Tage. Die seien im 19. Jahrhundert in den USA   unter ganz ähnlichen Umständen entstanden: zwar ohne Internet, aber im   christlichen Kontext und mit Prophezeiungen, die besagten, dass bald   eine neue Zeit anbreche. Das hätte sich zwar nicht erfüllt, die   Religionsgemeinschaften gibt es aber bis heute.
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    GESCHICHTE:   „DIE GROSSE HURE“
     
    Weinten  die Juden wirklich an den Wassern von Babylon?
     
    Nach  der Eroberung Jerusalems durch die Babylonier 587 v. Chr. wurden viele Juden  nach Mesopotamien deportiert. Dort sollen sie sich nach Zion verzehrt haben,  heißt es in der Bibel. Das Gegenteil war wohl der Fall.
    Von Berthold Seewald 
    Die Weltstadt Babylon hat keinen guten Ruf  in der Bibel. Als „Hure, die an vielen Wassern sitzt“, wird „das große Babylon“  in der neutestamentlichen „Offenbarung“ des Johannes beschrieben, als „die  Mutter der Hurerei und aller Gräuel auf Erden“. Als der Text Ende des ersten  Jahrhunderts entstand, war Babylon allerdings eine Chiffre für „die große  Stadt, die die Herrschaft hat über die Könige auf Erden“, also Rom.
    Doch in einem Buch des Alten  Testaments ist mit Babylon wirklich die große Stadt am Euphrat gemeint: „Babel,  die Verwüsterin“, heißt es im 137. Psalm, der mit einer höchst unchristlichen  Verwünschung endet: „Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt und sie am Felsen  zerschmettert.“ 
    Dass Babel zum  Inbegriff alles Bösen in der Bibel werden konnte, hat mit zwei Feldzügen zu  tun, die der babylonische Großkönig Nebukadnezar II. 597 und 587 v. Chr. gegen  Jerusalem führte. Damals wurden zahlreiche Juden, vor allem Angehörige der  Elite, nach Mesopotamien verschleppt, wo sie „an den Wassern von Babylon saßen  und weinten, wenn wir an Zion gedachten“, so der berühmte erste Satz von Psalm 137 ,  der Komponisten und Interpreten von Heinrich Schütz bis Boney M. inspiriert  hat. 
    Aber  war das Leben im Herzland des babylonischen Großreichs wirklich so entsetzlich,  wie die biblischen Zeugnisse vermuten lassen? 
Neue Funde weisen in eine andere  Richtung. Aufgrund der Analyse 
neuedierter Urkunden, die in Jahudu  unweit von Babylon entdeckt wurden, 
kommt der  Dresdner Theologe Ulfrid Kleinert  jetzt in der Zeitschrift „Antike  Welt  “ zu  einem anderen Schluss: „Die Keilschrifttexte von Jahudu zeigen, dass die  Bewohner des Orts Wert auf ihre Herkunft legten, sich aber zugleich in ihrer  neuen Heimat zu Hause fühlten.“
    
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    EIN  BUCHTIPP
    
 
    Das  jüdische Interesse an Jesus von Nazaret
    
     
    Rabbiner  Walter Homolka beschreibt in seinem Buch die wichtigsten jüdischen Perspektiven  auf Jesus. Trotz der christlichen Unterdrückung, die Juden im Namen Jesu  jahrhundertelang erfuhren, setzten sie sich seit jeher mit Jesus auseinander.
    Homolka  diskutiert das wachsende jüdische Interesse am Nazarener seit der Aufklärung  und wie Juden Jesus heute sehen, im religiösen sowie kulturellen Kontext. Das  Buch zeigt: Im Zentrum der Beschäftigung mit dem Juden Jesus steht das Ringen  des Judentums um Authentizität und Augenhöhe. Jesu Verankerung im Judentum  bietet eine Herausforderung für Christen heute und die Chance auf fruchtbaren  jüdisch-christlichen Dialog.
    Autor/in 
      
 
      Walter  Homolka , Rabbiner und Theologe 
Rabbiner  Walter Homolka, Dr., geb. 1964, studierte u.a. am Leo Baeck College und King's  College London. Der frühere Landesrabbiner von Niedersachsen ist ordentlicher  Universitätsprofessor für jüdische Religionsphilosophie der  Neuzeitseit und Geschäftsführender Direktor der School of Jewish Theology  der Universität Potsdam.
    Walter Homolka ist seit 2002 Rektor des Abraham  Geiger-Kollegs an der Universität Potsdam, des ersten Rabbinerseminars in  Deutschland seit dem Holocaust. Mitglied im Executive Board der World Union for  Progressive Judaism und Vorsitzender des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks
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    Verlag  Herder, Freiburg, 1. Auflage 2020, Gebunden 256 Seiten, ISBN: 978-3-451-38356-4, Bestellnummer  bei Herder: P383562
   
  
    AUCH  NACH 60 JAHREN ÖKUMENISCHEN DIALOGS
    Kurienkardinal Koch:  
    Weiterhin kein Konsens über Ziel der Ökumene
     
    60  Jahre ökumenischer Dialog zwischen dem Vatikan und nichtkatholischen Kirchen:  Doch der Erwartung, es komme in naher Zukunft zu einem Konsens, erteilt  Kurienkardinal Kurt Koch nun einen Dämpfer.
    Noch nach 60 Jahren ökumenischen Dialogs zwischen dem Vatikan und  nichtkatholischen Kirchen besteht laut Kurienkardinal Kurt Koch "kein wirklich tragfähiger Konsens" über  die Form einer künftigen Kircheneinheit. Nötig sei eine Klärung, was zur  Einheit unabdingbar notwendig sei. Nur so ließen sich in der Ökumene die  nächsten Schritte gehen, erklärte der Schweizer Kardinal auf der Internetseite  "Vatican News" (Freitag). Die Vorläufer-Einrichtung des von Koch geleiteten Päpstlichen Rats zur Förderung der  Einheit der Christen wurde am 5. Juni 1960 gegründet.
    Die katholische Kirche könne als Universalkirche mit vielen Ortskirchen  vormachen, "dass Einheit und Vielheit auch in der Ökumene keine Gegensätze  darstellen, sondern sich wechselseitig fördern", sagte Koch. Umgekehrt könne die katholische Kirche von den  Orthodoxen über die Kollegialität der Bischöfe lernen. Als "verheißungsvolle  Initiative" bezeichnete der Kardinal die Einladung von Johannes Paul II.  in der vor 25 Jahren veröffentlichten Ökumene-Enzyklika  "Ut unum sint", gemeinsam über die Ausübung der päpstlichen  Vorrangstellung nachzudenken.
    "Pflicht, an der ökumenischen Bewegung teilzunehmen"
    In den einzelnen Bistümern trügen die Diözesanbischöfe  die erste Verantwortung für die Einheit der Christen, betonte Koch. Er sprach von einer "Pflicht, an der  ökumenischen Bewegung teilzunehmen". Ein im Herbst erscheinender  Ökumene-Leitfaden solle den Bischöfen helfen, "ihre ökumenische  Verantwortung besser verstehen und verwirklichen zu können", sagte Koch. Mit Blick auf seine eigene zehnjährige Tätigkeit an  der Spitze des Einheitsrats sagte der Kardinal, er sei sich "bewusst, dass  es nur einen Ökumeneminister gibt, nämlich den Heiligen Geist". 
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    RUSSLAND-DEUTSCHE EVANGELIUMS-CHRISTEN
    Parallelen zwischen Massen-Ausbrüchen in Frankfurt und Bremerhaven
     
    Sie  leben abgeschottet, pflegen einen radikalen Glauben und misstrauen dem Staat.  Wieder bricht das Coronavirus in einer Gruppe von russland-deutschen  Evangeliums-Christen aus.
    Von Reinhard  Bingener 
    Zwischen den aktuellen  Corona-Ausbrüchen in einer Kirche in Frankfurt  und einer Kirche in Bremerhaven gibt es eine Parallele: In beiden Fällen hat  sich die Erkrankung unter „Evangeliums-Christen“ verbreitet, einer von  Russlanddeutschen geprägten Sondergruppe. Im Zusammenhang mit der Frankfurter  Gemeinde ist die Zahl der Infizierten nach Behördenangaben bis zum Freitag auf  200 gestiegen. Die dortigen Evangeliums-Christen haben inzwischen auch  eingestanden, dass in ihren Gottesdiensten auf Mund-Nasen-Bedeckungen  verzichtet und dort auch gesungen wurde.
    Bei dem neuen Ausbruch in der Region Bremerhaven  gibt es bisher 44 Erkrankte. Man müsse jedoch davon ausgehen, dass „die Zahl  der Infizierten dreistellig werden kann“, teilte ein Sprecher der Stadt am  Freitag mit. Weil die Angehörigen der Religionsgemeinschaft abgeschottet  lebten, sei das Infektionsgeschehen zwar leichter eingrenzbar. Das Problem  jedoch ist, dass die Familien der 800 bis 1000 Mitglieder zählenden Gemeinde  oft groß sind. Bei einem Ehepaar wissen die Behörden von 16 Kindern.  Mittlerweile wurden auch bereits zwei erkrankte Schulkinder identifiziert. Zu  der Frage, ob die Bremerhavener Evangeliums-Christen gegen Hygieneauflagen  verstoßen haben, machen die Behörden keine Angaben. Die Gemeinde soll die  Teilnehmerzahl ihrer Gottesdienste zumindest auf jeweils 150 Personen  beschränkt haben. Dem Verdacht, dass die Infektionskette in Bremerhaven mit der  Infektionskette in Frankfurt zusammenhängen könnte, sind die Behörden bisher  nicht nachgegangen.
    Die Bremerhavener Evangeliums-Christen selbst sind  für Medienanfragen nicht zu erreichen. Warum das so ist, kann Pfarrer Janusz  Blonski von der örtlichen Baptistengemeinde erklären. Blonski berichtet von  fehlgeschlagenen Versuchen, die Evangeliums-Christen zu einer Mitarbeit in  ökumenischen oder evangelikalen Netzwerken zu bewegen. Bei den  Evangeliums-Christen handele es sich zwar ebenfalls um Baptisten. „Aber sie  werfen uns vor, dass wir zu weltlich und zu lasch sind. Wir sind für sie  verdorben“, berichtet der Pfarrer, in dessen eigener Baptistengemeinde ein  striktes Hygienekonzept gilt.
    In den Gottesdiensten wird geweint und ekstatisch in Zungen geredet
    Die Darlegungen Blonskis über die  Evangeliums-Christen aus Bremerhaven decken sich mit dem, was ein anderer  Freikirchenpfarrer über die Frankfurter Evangeliums-Christen zu berichten weiß:  Das Kennzeichen beider Gemeinden ist eine eigentümliche Frömmigkeit, die sowohl  konservativ-traditionelle wie auch extrovertiert-charismatische Züge trägt.  Frauen sind angehalten, lange Röcke zu tragen und ihr Haar zu bedecken.  Gleichzeitig wird in den Gottesdiensten geweint und ekstatisch in Zungen  geredet.
    Der Kenner der Frankfurter Evangeliums-Christen ordnet  diese Bewegung den „Darbysten“ zu, die nach einem radikalen englisch-irischer  Erweckungsprediger aus dem 19. Jahrhundert benannt sind. Der Darbysmus habe  sich in den fünfziger Jahren später auch unter den Russlanddeutschen in der  Sowjetunion ausgebreitet, berichtet der Freikirchenpfarrer. Und die damalige  Verfolgungssituation wirke bei den Evangeliums-Christen bis heute fort. 
Nach  jahrzehntelanger Existenz als Hausgemeinde im Untergrund blickten die  Evangeliums-Christen mit Skepsis und Ablehnung auf die Maßgaben der staatliche  Obrigkeit. An dieser Haltung habe sich auch durch die Umsiedelung nach  Deutschland wenig geändert.
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    JAGD   AUF  KATHOLIKEN
    Die "Gordon Riots" brachten England an den Rand eines Umsturzes
     
    Nie stand England dem totalen Umsturz näher als bei den Gordon Riots  1780. Lord George Gordon war ein radikaler Protestant, der mit einer Petition  gegen Katholiken mobil machte. Doch dann entglitten ihm die eigenen Leute.
    Von Philip  Cassier 
    Die Protestler waren bis ins Londoner  Parlamentsgebäude vorgedrungen, ihr Anführer konnte im Plenarsaal zusehen und  -hören. Nach Stunden der Diskussion beschlossen die Abgeordneten, die  Abstimmung über die eingereichte Petition um einige Tage zu verschieben. Weder  Lord George Gordon noch seinen Anhängern war das genug. Als Erzprotestanten  hatten sie gefordert, dass Erleichterungen für Katholiken im Vereinigten  Königreich wieder zurückgenommen werden.
    Gordon bat trotzdem die Leute  im Gebäude genau wie die rund 40.000 vor der Tür, ruhig nach Hause zu gehen.  Doch das war nur ein frommer Wunsch: In dieser Nacht des 2. Juni 1780 wurden in  London  katholische Kirchen und Haushalte verwüstet  oder sogar in Brand gesteckt, einschließlich der Kapelle der Bayerischen  Gesandtschaft in der Warwick Street.
   
    In  den Tagen darauf eskalierte die Lage weiter, ein Mob griff Institutionen an,  die für Recht und Gesetz standen: Die Gefängnisse von Newgate und Fleet, die  Bank of England und die Mautstationen an der Blackfriars Bridge. Im Urteil  einiger britischer Historiker waren die Gordon  Riots  die Tage, in denen England einem Umsturz wie  im Frankreich des Jahres 1789  am nächsten stand. Die Armee schritt erst am 7. Juni mit 12.000 Soldaten ein,  sie brauchte zehn Tage, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen. 
    Etwa  100 Häuser waren geplündert oder niedergebrannt worden, mehr als im Paris der  Französischen Revolution. Der Schriftsteller Horace Walpole, Sohn des  Premierministers Robert Walpole, notierte am 8. Juni, er habe schon einige  brutale Aufstände erlebt: „Aber niemals habe ich vor gestern Nacht London und  Southwark in Flammen gesehen.“
    Unruhen  von einer solchen Dimension haben immer Ursachen, die tiefer liegen, als es der  unmittelbare Anlass erkennen lässt. Augenscheinlich ging es um den „Roman  Catholic Relief Act“, der 1778 unter der Regierung Georgs III. verabschiedet  worden war. Das Gesetz erlaubte englischen Katholiken, Land zu besitzen, zu  erben und der Armee beizutreten. Das allerdings nur unter der Voraussetzung,  dass sie einen Eid gegen die Ansprüche der katholischen Stuarts auf den Thron  und die Zivilgerichtsbarkeit des Papstes leisteten. Obwohl  nur ein Prozent der Bevölkerung der Konfession  anhing und auch mit dem Gesetz der  Zugang zu vielen staatsbürgerlichen Rechten verwehrt blieb, war es dem  Vorsitzenden der Protestantischen Gesellschaft Lord George Gordon nicht  auszureden, dagegen mit einer Petition mobil zu machen.
    Gordons Bemühungen fanden in einem innerlich  zerrissenen England einen idealen Nährboden. Der Krieg gegen die aufständischen Siedler  in Nordamerika  entwickelte sich immer mehr zu einem Fiasko, erst 1779 waren im Süden viele  Gebiete verloren gegangen. Auch im Land gärte es: Befürworter und Gegner des  Krieges in Übersee standen sich unversöhnlich gegenüber, darüber hinaus gab es  Streit darüber, ob der König zu viele oder zu wenige Rechte habe.
    
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    FAKE-NEWS-FORSCHER
    "Die  Coronakrise ist auch eine Desinformationskrise"
     
    Um  Propaganda und Falschinformationen zu bekämpfen, müssen die Demokratien des  Westens die gesamte Kommunikation im Internet regulieren, meint der britische  Autor Peter Pomerantsev.
    Ein  Interview von Nils Minkmar
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    KATHOLISCHE KIRCHE
    Stellenausschreibung in  der Schweiz: Bistum Chur sucht einen Exorzisten
     
    Eine ungewöhnliche  Stellenausschreibung gibt es aktuell im Bistum Chur in der Schweiz. Nach dem  Tod des Dompropsts Christoph Casetti sucht die katholische Kirche einen neuen  Exorzisten - zum Kampf gegen das Böse und dunkle Mächte.
    Vielen Menschen sind  Teufelsaustreibungen ungeheuer, verbindet man damit doch dunkle mysteriöse  Rituale aus dem Mittelalter. Doch in der Schweiz ist der Exorzismus auch heute  noch in der Kirche präsent.
    Nach dem Tod  von Bischofsvikar Christoph Casetti (76) am Sonntag sucht das  Schweizer Bistum Chur einen neuen Exorzisten. Nachfrage bestehe  weiterhin, besonders bei Migranten, berichtet das Schweizer Fernsehen  (Donnerstag). Mehr als 400 Anfragen gingen jährlich bei der katholischen Kirche  ein, hieß es in einem SRF-Beitrag von 2017, fast 1.000 weitere Anfragen habe  die Heilsarmee erhalten.
    Casetti selbst sprach nicht von  Teufelsaustreibung, sondern formulierte im Schweizer Fernsehen, er sei im  "Heilungs- und Befreiungsdienst" tätig. Wenn der Bischof die  Erlaubnis gebe, könne er auch den "großen Exorzismus" beten. Der  Ablauf des Rituals ist in einem lateinisch verfassten Handbuch festgelegt.  Dieses sei aber "nur für den Exorzisten bestimmt", schreibt das Bistum Basel.
    Menschen verlangen nach  Exorzismus
    Oft fühlten sich Menschen von  "unsichtbaren Mächten" bedroht und wollten sich von diesen befreien,  so der Baseler Pressesprecher Hansruedi Huber. "Sie verlangen dann  manchmal einen Exorzismus, ohne aber genau zu wissen, was das ist."  Seelsorger berieten die Hilfesuchenden, wiesen auch auf psychologische oder  psychiatrische Ursachen hin und vermittelten Betreuung.
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    KIRCHEN-   UND  GLAUBENSKRISE
    Ohne Wissen über das Christentum hat Europa wenig Zukunft
     
    Die Kirchen in Deutschland leiden unter massivem Mitgliederschwund. Aber  was wird aus Europa, wenn die Europäer nicht mehr wissen, wie der Mann am Kreuz  heißt und was die Kreuze auf Berggipfeln bedeuten? 
    Von  Eberhard von Gemmingen 
    Nach allen verfügbaren Prognosen wird die  Zahl der getauften Christen in Mitteleuropa rapide schwinden .  Es stellt sich die Frage, ob dieser Religionswandel nicht auch größte  politische Folgen haben wird. Mitteleuropa steht in einem Kulturbruch. Das  zeigt sich jetzt auch an Weihnachten.
    Natürlich  muss man fragen, warum Religion – konkret der Glaube an Jesus Christus – so  schrumpft. Viele werden über die katholische Kirche sagen: weil sie hinter der  Moderne her hinkt, weil Frauen nicht auf Augenhöhe mit Männern  stehen, nicht Diakoninnen werden, erst  recht nicht die Priesterweihe empfangen können. Wegen des Zölibats fehlten  Seelsorger, die in den Glauben einführen und ihn feiern können. 
    Auch  habe sexueller Missbrauch  von Minderjährigen durch Priester zum  Verlust des Vertrauens in die Kirche beigetragen. Die evangelische Kirche hat  viele „Hindernisse“ nicht, und dennoch verlassen sie mehr Gläubige, und die  Kirchen sind leerer. An der evangelischen Kirche reibt man sich im Unterschied  zur katholischen kaum. Das Zentralproblem in Mitteleuropa scheint zu sein, dass  Gott nicht mehr „gebraucht“ wird, dass er im Leben der Menschen nicht mehr  vorkommt. Manche sprechen von „Gottesfinsternis“. 
    Es wäre angezeigt, dass  Politiker und Gesellschaftswissenschaftler sich die Frage stellen, ob sich  durch dieses Verblassen von Religion und Gottesglauben nicht langfristig das  gesellschaftliche und politische Denken und Verhalten der Bürger ändert. 
Es  dreht sich ja bei diesem Verblassen um das Vergessen einer wesentlichen Quelle  der europäischen Kultur, eben der christlichen Religion. Denn das europäische  Menschenbild und die Gesellschaftsordnung Europas sind ja entscheidend von  Judentum und Christentum, konkret vom Dekalog des Moses und der Bergpredigt  Jesu geprägt.
    Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT Online vom 18. 12. 2019 zu Ende.
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    „FRANZISKUS  FÄLLT DIE MASKE DES REFORMERS VOM GESICHT“
    In einer beispiellosen Revolte stellen sich deutsche  Katholiken gegen den Papst
     
    Trotz  Warnschüssen aus dem Vatikan hält die katholische Kirche in Deutschland  unbeirrt am Plan fest, den Missbrauchsskandal der Kirche in einem Reformprozess  aufzuarbeiten. Zwischen Papst Franziskus und den deutschen Klerikern bahnt sich  ein handfester Konflikt an. Konservative Kleriker warnen schon vor einer  Abspaltung von Rom. 
    Die deutschen Katholiken halten an ihrem geplanten Reformprozess fest und  steuern damit weiter auf einen Konflikt mit dem Papst zu. Eine zweitägige  Vorbereitungskonferenz von rund 50 Bischöfen und Laien endete am Samstag in  Fulda „mit einem klaren Appell, den eingeschlagenen Synodalen Weg mutig und  engagiert im Geist des Evangeliums fortzusetzen“, wie die Deutsche  Bischofskonferenz (DBK) mitteilte. Der DBK-Vorsitzende Kardinal Reinhard Marx  erinnerte daran, dass die katholische Kirche eine zu allen Menschen gesandte  Kirche sei: „Die Kirche ist nicht für sich selber da.“ 
    „Synodaler Weg“: Kleriker fordern Debatte  über Zölibat und weibliche Priester
    Die deutschen Bischöfe hatten im Frühjahr nach  Bekanntwerden des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch  Kleriker einen Reformprozess beschlossen. Der Missbrauch hat das Vertrauen in  die Kirche erschüttert. Die Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der  deutschen Katholiken (ZdK) – die Vertretung der Gläubigen – sind sich deshalb  einig: Jetzt muss etwas geschehen, sonst sei der Schaden irreparabel. 
    Lesen Sie hier den Beitrag aus FOCUS Online vom 15.  10. 2019 zu Ende.
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    GESELLSCHAFTLICHER WANDEL
    Frankreichs Eintritt in die "postchristliche Ära"
     
    Frankreich erlebt heftige Umwälzungen: Die Macht der katholischen Kirche  schwindet, Migration verändert das Land. Der französische Politologe Jérôme  Fourquet erklärt, was das Verschwinden des Vornamens „Marie“ über die  Veränderungen im Land sagt. 
    Frankreich ist ein Land des rasanten  Wandels, eine Aneinanderreihung schwelender Konflikte, die regelmäßig  aufbrechen und die Gesellschaft verändern. In den Fantasien der deutschen  Nachbarn mag die gute alte Frankreichnostalgie mitunter weiterleben. Durch  diese Träume streifen noch immer Männer mit Baskenmütze, die Baguette und  Weinflasche nach Hause tragen.
    Nicht, dass es sie nicht mehr  gäbe. Auch die provenzalischen Märkte mit duftendem Thymian und fetten Feigen,  die Gilbert Bécaud besungen hat, existieren noch. Und wer will, der kann sich  immer noch in den Fußstapfen von Roland Barthes oder Friedrich Sieburg auf die  Suche nach den ewigen Mythen der Nation machen. Die ganze Welt, das hatte  Sieburg 1929 verstanden, wollte so leben, wie Frankreich lebt. Aber stimmt das  immer noch?
    „Das Frankreich von Mbappé hat  mit dem Frankreich  von Zidane nichts mehr zu tun“, sagt Jérôme Fourquet, ein Mann, der sich an  seinem Land abarbeitet wie kaum ein anderer. Als Politologe und  Meinungsforscher ist er seit Jahren damit beschäftigt, seinen Landsleuten ihr  eigenes Rätsel zu erklären. 
    Fourquet  analysiert Wahlen, erklärt gesellschaftliche Umwälzungen und versucht zu  verstehen, wie der Franzose tickt. Besser als jede wissenschaftliche Abhandlung  erklärt sein Fußballvergleich, wie es um Frankreich steht: Die Franzosen haben  ihre Zuversicht verloren.
    Zwanzig  Jahre liegen zwischen den beiden Triumphen bei einer Fußballweltmeisterschaft.  1998 war die siegreiche Mannschaft „black-blanc-beur“, gemischt aus schwarzen,  weißen und arabischstämmigen Franzosen, ein Symbol für die Republik, die ihre  Kraft aus der multiethnischen Gesellschaft speiste und Einwanderer mit noch so  unterschiedlichen Wurzeln zu stolzen Franzosen machte.
    Von  diesem Enthusiasmus war im letzten Sommer nicht mehr viel zu spüren. Der Sieg  der Bleus wurde  zwar heftig, aber nur kurz gefeiert. Dann verpuffte die Freude schon in einer  Staatsaffäre um Emmanuel  Macrons  präsidialen Sicherheitsmann Alexandre Benalla und bald darauf in einer riesigen  sozialen Krise. 
    Jérôme  Fourquet, 46, sitzt in einer klassischen Pariser Brasserie nahe der  französischen Nationalversammlung, wo ein Ritual der Franzosen noch immer  funktioniert: das Mittagessen. Aber er hält sich an Wasser. Rotwein um 13 Uhr,  das ist inzwischen sogar bei Franzosen die Ausnahme.
    Sein  Buch mit dem Titel „L’Archipel français“ (Frankreich, eine Inselgruppe) steht  seit Wochen auf der Bestsellerliste und ist mit etlichen Preisen ausgezeichnet  worden und das, obwohl Fourquet darin viele unbequeme Wahrheiten ausspricht.  „Geburt einer multiplen und gespaltenen Nation“ lautet der Untertitel.
    Zu seinen Argumenten gehört, dass zwischen der  Menge auf den Champs-Élysées, die dem Bus der Nationalmannschaft zujubelte, und  den gewalttätigen Ausschreitungen der 
Gelbwesten  am selben Ort nur  wenige Wochen lagen. 
Fliehkräfte sind nach Fourquets Ansicht am Werk, seit rund  sechs Jahrzehnten schon, die die schöne alte Republik in Einzelteile zerlegt  haben, in unzählige Gruppen mit vielfältigen Identitäten und Interessen.
     
    Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT + Online vom 01. 07. 2019 zu Ende. 
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    MASSENDEMONSTRATIONEN
    In Hongkong entscheidet sich, wer die Erde erbt
     
    Hunderttausende  Schüler und Studenten demonstrieren mit Ketten und in Häftlingskleidung gegen  Pekings repressive Politik. Es ist keine Revolte am Rande der Welt. Es geht um  die Zukunft aller. 
    Von  Michael Stürmer
    Die Welt ist im Umbruch, nirgendwo  gründlicher als im Fernen Osten, der längst nicht mehr fern ist. Täglich  erscheint ein Buch über Chinas Vergangenheit, um die Zukunft des Riesenreiches  zu entschlüsseln. Aber machtvoller als alle gelehrten Analysen sind die lebenden Bilder aus Hongkong :  Schüler und Studenten zu Hunderttausenden mit Ketten und in Häftlingskleidung,  die zeigen, was im Fall der Unbotmäßigkeit droht.
    Dabei  geht es nicht um ein fernes Spektakel, auch nicht um Protest à la Greta,  sondern um tödlichen Ernst und die globalen Lebensformen von morgen.  Vordergründig geht es um Auslieferung missliebiger Personen aus der  Sonderverwaltungszone an Peking.
    Hunderttausende  demonstrieren gegen Auslieferungsgesetz 
    In Hongkong haben Hunderttausende gegen  ein geplantes Auslieferungsgesetz protestiert. Mit der neuen Regelung wären  erstmals auch Auslieferungen an das chinesische Festland möglich. Es sind die  größten Massendemonstrationen seit Jahren. 
    Doch  an der Nahtstelle zwischen Hongkong im vertraglichen Sonderstatus und dem  chinesischen Festland entscheidet sich, wer die Erde erbt: die konfuzianische  Parteidiktatur, welche Menschen und Medien nach ihrem Bilde formen will, oder  Idee und Wirklichkeit der Freiheit westlicher Observanz. Dies ist auch keine  Revolte am Rande der Welt, sondern im Epizentrum der digitalen Revolution ein  Ringen um Menschen und Macht.
    Was vor 30 Jahren auf dem Platz des Himmlischen Friedens  – für China Mittelpunkt  des Universums – 
in Auflehnung gegen die Panzer des Regimes begann und in Blut  und Feuer erstickt wurde, ist jetzt als Inspiration einer neuen Generation  auferstanden: nicht auf dem Festland, sondern in Hongkong, das damit  Versuchslabor der Zukunft weit über Chinas Grenzen hinaus wird.
    
 
    Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT  Online vom 10. 06. 2019 zu Ende. 
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    KATHOLISCHE   KIRCHE
    Papst führt Meldepflicht für sexuellen Missbrauch ein
     
    Papst Franziskus hat ein neues Kirchengesetz verkündet.
    
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Alle Geistlichen, Mönche und Nonnen müssen       jeglichen sexuellen Missbrauch melden, der ihnen bekannt wird.
       
      - Damit soll  Vertuschungsaktionen entgegengewirkt werden, die bei den Missbrauchsskandalen  eine große Rolle spielten. Papst Franziskus hat für die gesamte katholische Kirche eine  Meldepflicht für Fälle sexuellen Missbrauchs erlassen. Für Kleriker und  Ordensleute werde ab Juni die Verpflichtung eingeführt, innerhalb der Kirche  Missbrauchs- und Vertuschungsfälle umgehend anzuzeigen, teilte der Vatikan mit.
 
    
    
    
    „Während diese Verpflichtung  bis dato in einem gewissen Sinne dem persönlichen Gewissen überlassen war, wird  sie nunmehr zu einer universell gültigen Rechtsvorschrift“, erklärte der  Chefredakteur der Kommunikationsabteilung des Vatikans, Andrea Tornielli. Das  Gesetz soll am 1. Juni in Kraft treten. Eine Meldepflicht an staatliche Stellen  ist allerdings nicht vorgesehen.
    In dem apostolischen  Schreiben „Vos estis lux mundi“ (Ihr seid das Licht der Welt) heißt es zudem,  
die katholischen Diözesen in aller Welt müssten bis spätestens Juni nächsten  Jahres „ein oder mehrere dauerhafte und der Öffentlichkeit leicht zugängliche“  Anlaufstellen für Anzeigen einrichten. 
    Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT  Online vom 09. 05. 2019 zu Ende. 
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    INDIVIDUALISIERUNG
    Kirchen sind wie Parteien, deren Markenkern schwindet
     
    Die Gotteshäuser lassen uns hängen, weil sie selbst  nicht mehr an sich und ihr „Geschäftsmodell“, wie es heute so schön heißt,  glauben. Und dies, obwohl die Menschen Tiefsinn und Gemeinschaftlichkeit suchen.
    
    
    Ich habe einen Freund, der sich immer  sehr über Katholiken aufregt. Katholische Priester sind für ihn sowieso durch  die Bank Kinderschänder , aber er sieht  auch überall Katholikenverschwörungen am Werk. Ich finde Diskussionen mit ihm  manchmal etwas anstrengend, weil ich, als vor 30 Jahren aus der Kirche  ausgetretene Protestantin, offenbar überhaupt kein Sensorium für die  unvorstellbaren Tücken der im Geheimen netzwerkenden Katholiken habe.
          Wahrscheinlich  gehöre ich zu der wachsenden Zahl von Deutschen – Islamisten natürlich  ausgenommen –, die der Religion  gleichgültig bis ignorant  gegenüberstehen. Und die damit dafür sorgen, dass unsere beiden großen Kirchen  bis 2050 die Hälfte ihrer Mitglieder verlieren werden – weil die alten  Gläubigen wegsterben, weil Leute wie wir unsere Kinder nicht taufen lassen oder  weil Kinder, die aus Versehen doch noch getauft wurden, beim ersten Blick auf  den Kirchensteuerabzug von ihrer Gehaltsabrechnung die Flucht ergreifen.
    Die Menschen glauben an Engel
    Parallel zu dieser  nachlässigen Entfremdung nimmt interessanterweise der Wunderglaube in der  Bevölkerung zu; und auch die Zahl der Menschen, die an Engel glauben. Was  zeigt, dass wir trotz aller Diesseitigkeit immer noch nach irgendeinem Sinn des  Lebens suchen, nach einer höheren Geborgenheit, nach Transzendenz und nach  irgendetwas nach dem Tod.
    Mich beschleicht langsam der Gedanke, dass es ein Fehler war, aus einer  Organisation auszutreten, die, zumindest dem Ideal nach, unsere Gesellschaft  zusammenhält. Einer Organisation, die gegen die krasse Individualisierung  unserer Tage immer noch einen gemeinsamen Glauben setzt und außerdem ziemlich  grundsätzliche Bildung vermittelt. 
Oder wenigstens vermittelte, als der  Konfirmandenunterricht keine reine Stuhlkreisveranstaltung war.
    Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT  Online vom 05. 05. 2019 zu Ende. 
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    DEUTSCHLAND
    Kirche  befürchtet Halbierung der Mitgliedszahlen
     
    Bis zum Jahr 2060 müssen  die Kirchen laut einer Studie mit einem Mitgliederrückgang um 49 Prozent  rechnen. Hauptgrund sind laut der  Untersuchung der Universität Freiburg Austritte und ausbleibende Taufen. Kardinal  Reinhard Marx sieht die Studie als "Aufruf zur Mission".
    
    
    Die Zahl der Kirchenmitglieder in  Deutschland sinkt weiter drastisch. Bis zum Jahr 2060 könnte laut einer Studie  mit einem Rückgang um 49 Prozent auf 22,7 Millionen zu rechnen sein. Die  Hauptgründe sind Austritte, weniger Taufen sowie die alternde Bevölkerung, wie  eine Untersuchung der Universität Freiburg zeigt.
Der Abwärtstrend könnte auch zu  dramatischen Finanzierungslücken bei den Kirchen führen. Die Studie des  Forschungszentrums Generationenverträge wurde am Donnerstag gemeinsam von der Deutschen Bischofskonferenz  und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) veröffentlicht. Die Forscher  legten ihrer „Projektion 2060“ unter anderem demografische Daten und Erkenntnisse  zu vergangenen „Wanderungsbewegungen von Kirchenmitgliedern zwischen den  Diözesen“ zugrunde.
Den demografischen Faktor –  Überalterung und Bevölkerungsrückgang – macht die Studie lediglich zu einem  Drittel für die prognostizierte Entwicklung verantwortlich. Stärker ins Gewicht  fielen andere Faktoren wie Austritte oder das Tauf- und Aufnahmeverhalten. Weil  mehr Menschen aus der Kirche austreten und zugleich immer weniger Kinder  getauft werden, fehlt es der Kirche an gläubigem Nachwuchs.
    Darüber zeigte sich der  Leiter der Studie, der Finanzwissenschaftler Prof. Bernd Raffelhüschen,  überrascht. 
Den Kirchen böte sich damit zugleich die Chance, Strategien etwa  zur Verhinderung von Austritten zu entwickeln. Wichtig für deren Einnahmen sei  gerade die steuerstarke obere Mittel- und Oberschicht.
    Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT  Online vom 02. 05. 2019 zu Ende. 
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