
Claus Jacobi, 71, war bis Ende 1998 Herausgeber von "Welt am Sonntag". Jeden Samstag veröffentlicht er eine Kolumne in der Bild-Zeitung. Ausgewählte veröffentlicht TENDENZEN mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag.
Claus Jacobi, 71, war bis Ende 1998 Herausgeber von "Welt am Sonntag". Jeden Samstag veröffentlicht er eine Kolumne in der Bild-Zeitung. Ausgewählte veröffentlicht TENDENZEN mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag.
"Mutter ist das Wort für Gott auf den Lippen und in den Herzen von kleinen Kindern."
William M. Thackeray (1811-1863)
Über sechs Milliarden Menschen in sechs Kontinenten haben unterschiedliche Hautfarben, beten zu unterschiedlichen Göttern, sprechen unterschiedliche Sprachen, gehorchen unterschiedlichen Gesetzen, leben in unterschiedlichen Systemen. Doch alle verehren die Mütter.
Sprichworte der Völker spiegeln es wider:
"Der Himmel ist zu den Füßen der Mutter". (Aus Persien)
"Mütterliche Güte - uferloses Meer unendlicher Tiefe." (Aus Russland)
"Weil Gott nicht überall sein konnte, schuf er die Mütter." (Aus dem Jüdischen)
"Es gibt keine schlechte Mutter und keinen guten Tod." (Aus Ghana)
"Die Tochter einer guten Mutter wird die Mutter einer guten Tochter." (Aus China)
"Wenige sind wie der Vater, keiner wie die Mutter". (Aus Island)
"Das wärmste Bett ist das der Mutter." (Aus Indien)
"Die größte Liebe ist Mutterliebe, dann die Liebe eines Hundes und danach die einer Geliebten." (Aus Polen)
"Die Hand, die die Wiege schaukelt, regiert die Welt." (Aus USA)*
Die Bewunderung der Mutter ist älter als die geschriebene Geschichte. Von ihr hing das Überleben der Art entscheidend ab. "Wer seine Mutter achtet, gleicht einem Menschen, der Schätze sammelt", verhieß darum schon das Alte Testament.
Das Geheimnis der Mutter ist Liebe. "Die Mutter liebt die Kinder mehr als der Vater", erkannte Menander um 300 v. Chr., "denn sie weiß, dass es ihre Kinder sind, der Vater glaubt es nur."
Keine Liebe kommt der Mutterliebe gleich. In ihr ist immer Frühling. "Meine Mutter hatte einen Haufen Ärger mit mir, aber ich glaube, sie hat es genossen", erinnert sich Mark Twain.
Mutterliebe ist das stärkste Gefühl auf Erden. "Das Mädchen wird unter Tränen zur Frau und unter Stöhnen zur Mutter", schrieb Henry de Montherlant.
Erst nährt die Mutter das Kind in ihrem Leib mit ihrem Blut, dann schenkt sie ihm unter Schmerzen das Leben und schließlich erzieht sie es mit ihrem Herzen. "Was man von der Mutter hat", davon war Wilhelm Raabe überzeugt, "das sitzt fest und lässt sich nicht ausreden".
Eine Mutter ist mehr wert als 100 Schulmeister. Sie versteht sogar, was das Kind nicht sagt. Ihr Auge "ergründet das Kind bis in die Tiefen des Herzens", erkannte Adalbert Stifter. Der Tod der Mutter - besonders schmerzliches Los, wenn es eines der drei Millionen unehelichen Kinder in Deutschland trifft - "ist der erste Kummer, den man ohne sie beweint" (A. J. Petit-Senn).
Poeten haben der Mutter ungezählte Kränze geflochten. "Ich lege meinen Kopf in Deinen Schoß, aus welchem ich hervorgegangen bin und danke Dir für mein Leben. Dein Kind," schrieb Paula Modersohn an ihre Mutter. Annette von Droste-Hülshoff seufzte: "Ach, eine Mutter hat man nur einmal." Und F. W. Kaulisch sang: "Wenn Du noch eine Mutter hast, dann danke Gott und sei zufrieden."
Am Muttertag gibt es die Chance, nicht nur dem lieben Gott, sondern auch ihr einmal zu danken.
Claus Jacobi