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Interviews

Tendenzen Gespräch

Dr. Thomaas Goppel , CSU-Generlasekretär, München

Joachim Fest
Thomas Johannes Goppel, röm.-kath., am 30. April 1947 geboren, in Aschaffenburg und München aufgewachsen. Humanistisches Gymnasium, 1967 Abitur in München, Studium in Würzburg, München und Salzburg. I. und II. Staatsprüfung für das Lehramt an Volksschulen 1970 bzw. 1973. 1982 Promotion in Salzburg; Schuleinsatz von 1970 bis 1974. Seit 1967 in der CSU aktiv.

Nur einige wenige Daten im politischen Werdegang:

"DIESE BUNDESREGIERUNG GREIFT BESTEHENDE CHRISTLICHE WERTE AN!"

Dr. Thomas Goppel, CSU-Generalsekretär, über die Beliebigkeit in der Arbeit der derzeitigen Bundesregierung, über den Angriff auf die christlichen Werte und die Rolle der Kirchen zu Beginn des neuen Jahrtausends
Joachim Fest


Dr. Thomas Goppel im Gespräch mit A.Schosch
Foto: Helmut Bloß, CSU Nürnberg

TENDENZEN: Herr Dr. Goppel, die SPD und die Grünen haben die letzte Bundestagswahl auch deswegen gewonnen, weil es ihnen gelungen ist, darzustellen, daß sich in der Bundesrepublik ein gewaltiger Reformstau gebildet hat. Man hielt Helmut Kohl und den Unionsparteien vor, nicht mehr in der Lage zu sein etwas zu bewegen. Seit drei Jahren haben wir eine sozialdemokratisch geführte Regierung. Was ist anders geworden?

DR. GOPPEL: Die gesellschaftspolitische Ausrichtung dieser Bundesregierung kann mit einem Wort charakterisiert werden: Beliebigkeit. Es war eigentlich auch nicht anders zu erwarten, denn diese politischen Kräfte haben keine festen Werte, folglich auch keine entschiedenen Ziele und kein konsequent abzuarbeitendes Programm. Schröder lässt offen, wohin er die Gesellschaft führen will. Große Themen werden oft in der Tageslaune diskutiert, was zur Folge hat, dass die Halbwertzeit für getroffene Entscheidungen immer kürzer wird. Das entdecken wir z.B. bei der Diskussion um die Steuerreform, mit der man sich vornehmlich um große Kapitalgesellschaften kümmerte, aber nicht um den Mittelstand oder gar den "kleinen Mann". Oder bei den Gesprächen um die Rentenreform, die auch nach einer Vielzahl von Entwurfskorrekturen gegen die Generationengerechtigkeit verstößt und Frauen massiv benachteiligt. Oder bei der Diskussion um die Betriebsverfassung, mit der die Regierung hauptsächlich die Gewerkschaften stärken will und darauf verzichtet, die Arbeitnehmer und Unternehmen für die Zukunft fit zu machen.

TENDENZEN: Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik haben wir eine Regierung bei deren Vereidigung sieben der 15 Minister auf die Eidesformel "So wahr mir Gott helfe" verzichtet haben. War dies schon ein Indiz für fortschreitende Veränderung der Werte in der Bundesrepublik oder war es gar ein unbewußtes psychologisches Signal zur Umkehr der Werte wie Treue, Zuverlässigkeit und Wahrhaftigkeit; beispielsweise in Richtung der von Ihnen erwähnten Beliebigkeit, womöglich als Primärtugend?

DR. GOPPEL: Die rot-grüne Bundesregierung zementiert eine Position, die strikte Abkehr bedeutet von der Orientierung am christlichen Menschenbild. Die Bundesregierung hat einen Weg eingeschlagen, der von der bisherigen Wertorientierung Abstand nimmt. Am deutlichsten wird dies in der Familienpolitik, hier geht es für die Bundesregierung darum, gleichgeschlechtliche Partnerschaften dem Institut der Ehe gleichzustellen. Die CSU kann damit nicht einverstanden sein, das lehnen wir grundsätzlich aus verfassungsrechtlichen Erwägungen ab. Wir akzeptieren es, wenn Nachteile persönlicher Partnerschaft ohne Trauschein abgebaut werden. Aber wir stemmen uns gegen vordergründige Vereinheitlichung.

TENDENZEN: Sollten wir besorgt sein bzw. macht es Ihnen zu schaffen, daß es in der jetzigen Bundesregierung Minister gibt, die früher mal für den Kommunisten Bund Westdeutschland (KBW) kandidierten und in vielen Ministerien als Berater Personen tätig sind, die kommunistische oder sozialistische Vergangenheit haben?

DR. GOPPEL: Es erfüllt mich mit Sorge, dass an verantwortlicher Stelle im Staat Herren agieren, deren Vergangenheit nicht geklärt ist, deren Verhältnis zu unserem demokratischen Rechtsstaat nicht zweifelsfrei ist. Eine glaubwürdige Regierung darf sich solche Blindheit und Gleichgültigkeit nicht leisten. Das den Menschen deutlich zu machen, ist wichtig, damit sie wissen, auf was sie sich im Jahre 2002 erneut einlassen, wenn wieder der Bundestag gewählt wird. Rot-grün organisiert den "Marsch durch die Institutionen". Je linker, desto sicherer Minister, heißt die Devise, die ihre Quittung braucht.

TENDENZEN: Wie schätzen Sie die Rolle der Kirchen in unserer Gesellschaft zu Beginn des neuen Jahrtausends ein? Sind sie zurückgedrängt worden oder haben sie selbst in ihrem Engagement nachgelassen?

DR. GOPPEL: Die Kirchen tun sich in einer neuerlich 1990 säkularisierten Welt schwer, Menschen an sich zu binden. Wer sich am puren Konsum und an Preisen statt an Bindungen orientiert, macht es sich auch in den Sinnfragen lieber leicht. Verführt, die Vielzahl an Antworten dazu zu nutzen, sich um eine eigene Antwort zu drücken, fehlt es mehr und mehr an Orientierung. Die Kirchen sind deshalb gefordert wie lange nicht.

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