Thomas           Johannes Goppel, röm.-kath., am 30. April 1947 geboren, in Aschaffenburg           und München aufgewachsen. Humanistisches Gymnasium, 1967 Abitur in           München, Studium in Würzburg, München und Salzburg. I.           und II. Staatsprüfung für das Lehramt an Volksschulen 1970 bzw.           1973. 1982 Promotion in Salzburg; Schuleinsatz von 1970 bis 1974. Seit           1967 in der CSU aktiv.
    Nur einige wenige Daten im           politischen Werdegang:
    
      - seit 1991: Mitglied des             CSU-Parteivorstands
 
      - seit 1993: Stellvertretender             Bezirksvorsitzender der CSU Oberbayern
 
    
   
  
  
    TENDENZEN: Herr Dr. Goppel, die SPD und die Grünen haben die letzte Bundestagswahl           auch deswegen gewonnen, weil es ihnen gelungen ist, darzustellen, daß           sich in der Bundesrepublik ein gewaltiger Reformstau gebildet hat. Man           hielt Helmut Kohl und den Unionsparteien vor, nicht mehr in der Lage zu           sein etwas zu bewegen. Seit drei Jahren haben wir eine sozialdemokratisch           geführte Regierung. Was ist anders geworden?
    DR. GOPPEL: Die gesellschaftspolitische           Ausrichtung dieser Bundesregierung kann mit einem Wort charakterisiert           werden: Beliebigkeit. Es war eigentlich auch nicht anders zu erwarten,           denn diese politischen Kräfte haben keine festen Werte, folglich           auch keine entschiedenen Ziele und kein konsequent abzuarbeitendes Programm.           Schröder lässt offen, wohin er die Gesellschaft führen           will. Große Themen werden oft in der Tageslaune diskutiert, was           zur Folge hat, dass die Halbwertzeit für getroffene Entscheidungen           immer kürzer wird. Das entdecken wir z.B. bei der Diskussion um die           Steuerreform, mit der man sich vornehmlich um große Kapitalgesellschaften           kümmerte, aber nicht um den Mittelstand oder gar den "kleinen           Mann". Oder bei den Gesprächen um die Rentenreform, die auch           nach einer Vielzahl von Entwurfskorrekturen gegen die Generationengerechtigkeit           verstößt und Frauen massiv benachteiligt. Oder bei der Diskussion           um die Betriebsverfassung, mit der die Regierung hauptsächlich die           Gewerkschaften stärken will und darauf verzichtet, die Arbeitnehmer           und Unternehmen für die Zukunft fit zu machen.
    TENDENZEN: Erstmals           in der Geschichte der Bundesrepublik haben wir eine Regierung bei deren           Vereidigung sieben der 15 Minister auf die Eidesformel "So wahr mir           Gott helfe" verzichtet haben. War dies schon ein Indiz für fortschreitende           Veränderung der Werte in der Bundesrepublik oder war es gar ein unbewußtes           psychologisches Signal zur Umkehr der Werte wie Treue, Zuverlässigkeit           und Wahrhaftigkeit; beispielsweise in Richtung der von Ihnen erwähnten           Beliebigkeit, womöglich als Primärtugend?
    DR. GOPPEL: Die rot-grüne           Bundesregierung zementiert eine Position, die strikte Abkehr bedeutet           von der Orientierung am christlichen Menschenbild. Die Bundesregierung           hat einen Weg eingeschlagen, der von der bisherigen Wertorientierung Abstand           nimmt. Am deutlichsten wird dies in der Familienpolitik, hier geht es           für die Bundesregierung darum, gleichgeschlechtliche Partnerschaften           dem Institut der Ehe gleichzustellen. Die CSU kann damit nicht einverstanden           sein, das lehnen wir grundsätzlich aus verfassungsrechtlichen Erwägungen           ab. Wir akzeptieren es, wenn Nachteile persönlicher Partnerschaft           ohne Trauschein abgebaut werden. Aber wir stemmen uns gegen vordergründige           Vereinheitlichung. 
    TENDENZEN: Sollten           wir besorgt sein bzw. macht es Ihnen zu schaffen, daß es in der           jetzigen Bundesregierung Minister gibt, die früher mal für den           Kommunisten Bund Westdeutschland (KBW) kandidierten und in vielen Ministerien           als Berater Personen tätig sind, die kommunistische oder sozialistische           Vergangenheit haben? 
    DR. GOPPEL: Es erfüllt           mich mit Sorge, dass an verantwortlicher Stelle im Staat Herren agieren,           deren Vergangenheit nicht geklärt ist, deren Verhältnis zu unserem           demokratischen Rechtsstaat nicht zweifelsfrei ist. Eine glaubwürdige           Regierung darf sich solche Blindheit und Gleichgültigkeit nicht leisten.           Das den Menschen deutlich zu machen, ist wichtig, damit sie wissen, auf           was sie sich im Jahre 2002 erneut einlassen, wenn wieder der Bundestag           gewählt wird. Rot-grün organisiert den "Marsch durch die           Institutionen". Je linker, desto sicherer Minister, heißt die           Devise, die ihre Quittung braucht. 
    TENDENZEN: Wie schätzen           Sie die Rolle der Kirchen in unserer Gesellschaft zu Beginn des neuen           Jahrtausends ein? Sind sie zurückgedrängt worden oder haben           sie selbst in ihrem Engagement nachgelassen?
    DR. GOPPEL: Die Kirchen           tun sich in einer neuerlich 1990 säkularisierten Welt schwer, Menschen           an sich zu binden. Wer sich am puren Konsum und an Preisen statt an Bindungen           orientiert, macht es sich auch in den Sinnfragen lieber leicht. Verführt,           die Vielzahl an Antworten dazu zu nutzen, sich um eine eigene Antwort           zu drücken, fehlt es mehr und mehr an Orientierung. Die Kirchen sind           deshalb gefordert wie lange nicht.