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Ostergelächter

Joachim Fest
Raimund Kirch, geb. 1951 in Burgkunstadt, volontierte bei der in Bamberg erscheinenden Zeitung "Fränkischer Tag". Seit 1981 ist er innenpolitischer Redakteur bei der Nürnberger Zeitung, Schwerpunkte: Kirche und Soziales.









Es war ein gelungener Gottesdienst, den der Nürnberger Pfarrer Quirin Gruber (St. Johannis) gefeiert hat. Band und Gospelchor rissen mit. Die Botschaft war gut rübergekommen. Dafür hatten Sketche und eine Predigt vom Hometrainer aus gesorgt. Gruber wollte damit ein Zeichen setzen gegen extremen Körperkult und Schönheitswahn.

Tage später lautete dann eine Überschrift in der Zeitung "Makabre Scherze im Gottesdienst". Es folgten bitterböse Leserbriefe. Gruber und die Gemeinde fühlten sich gänzlich missverstanden. Was war geschehen?

Der Zungenschlag der Überschrift hatte die gute Absicht ins schiefe Licht gerückt. Dabei hatten Gruber und sein Gottesdienstteam doch nur vor, die Besucher durch Schmunzeln zum Mit- und Nachdenken zu bringen. Dies scheint in manchen Kreisen der Kirche unangebracht. Lachen gilt als Sakrileg (Umberto Ecco hat in seinem Roman "Der Name der Rose" einen ganzen Krimi darum herumgesponnen) und als höchst profane Angelegenheit.

Was es natürlich nicht ist: Luther hat seine Zuhörer durchaus zum Lachen gebracht. Die Jesuiten führten in Kirchen lustige Theaterstücke auf, und wahrscheinlich haben sich auch die Jünger und Jüngerinnen des Wanderpredigers Jesus einst vor Lachen gebogen - beim Vergleich etwa, dass eher ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe als ein Reicher ins Himmelreich.

Lachen hat also durchaus eine Tradition. Sonst wäre nicht vom Mittelalter übers Barock bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts das Risus Paschalis - zu Deutsch: das Osterlachen - ein fester Bestandteil der Predigten in den Ostergottesdiensten gewesen. Von den Pfarrern wur de geradezu erwartet, dass sie die Gläubigen zum Lachen brachten.

Dieses Lachen ist ebenfalls Ausdruck der Osterfreude, und so wurde es auch immer verstanden. Nach dem 40-tägigen Fasten wird es als Befreiung empfunden. Es symbolisiert den Sieg über den Tod. Lachen ist demzufolge durchaus subversiv, also umwälzend und umstürzlerisch. Nicht von ungefähr lässt sich für den Tübinger Theologen Karl-Josef Kuschel die Auferstehung als Ausdruck von Gottes Gelächter über den Tod verstehen.

Da muss man sich fragen, warum das Osterlachen, das Lachen überhaupt, aus der Kirche ausgewandert ist? Vielleicht, weil die Frohbotschaft, nein: nicht von einer Drohbotschaft, aber von einer Grundverdrossenheit überlagert wird?Der erhobene Zeigefinger zum Markenzeichen geworden und Zagen und Zetern die Folge ist?

Tatsächlich scheint in der Kirche die miese Stimmung überhand zu nehmen. Stets fühlt sich die eine oder andere Gruppe unterversorgt - schließlich zahlt man doch seine Kirchensteuer, oder? Und wenn einmal eine Pfarrerin oder ein Pfarrer mit einer spritzigen Idee aufwartet - garantiert wird dann erst mal gemosert. Auf eine "Auslegung gemäß der Schrift" pochen dann die Kritiker; welche allerdings auch dem Auszug der Jungen und Gebildeten nichts entgegenzusetzen haben.
Was also ist der Kirche, ist den Kirchen zu empfehlen? Nun. Dass sie sich in ihrer Ernsthaftigkeit mitunter vom Frohsinn erschüttern lassen. Dass der Geist wehen darf, wo er will. Und dass sie einem Glauben Raum geben, der höher steht als alle Vernunft.

Vielleicht kehrt dann auch wieder das Lachen zurück.

Raimund Kirch

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