header

Interviews

FÜR STAONLINE

„Inquisition“ anders herum?

In der nordhessischen Stadt Fulda schlägt das Herz des deutschen Katholizismus unverändert laut und wacker. Auch Jahre nach dem Tod des streitbaren Erzbischof Johannes Dyba. Die Signale aus Fulda sollte die Politik nicht ignorieren.

Was ist passiert? Eigentlich nichts. Alleine, dass in Fulda bei konservativen Forum Deutscher Katholiken die vom Norddeutschen Rundfunk geschasste TV-Moderatorin Eva Herman als Rednerin auftrat. Papst Benedikt XVI. schickte den Teilnehmern eine Grußbotschaft und auch Kardinal Karl Lehmann entbot seinen Gruß, obschon er in Vergangenheit vom Forum nicht immer barmherzig behandelt worden war. Und hätte der hessische Wirtschaftsminister Alois Riehl (CDU) nicht wegen Eva Hermann die Schirmherrschaft kurzfristig zurückgezogen, wäre die Veranstaltung nahezu unbemerkt an der Öffentlichkeit vorbei geschrammt.

Die Veranstalter erwischte der Ministerschritt kalt. Aber in die Knie gingen sie nicht. Im Gegenteil: Nach einem Bericht in WELT ONLINE vom 07. Oktober fragt sich der Forum-Vorsitzender Professor Hubert Gindert allen ernstes, was von Politikern in einer echten Krise zu erwarten sei, wenn sie schon bei dieser Gelegenheit einknicken.

Eva Hermann stellt – diesmal ohne verhängnisvolle Vergleiche – die Frage, ob Mütter heutzutage nur dann etwas wert seien, wenn sie einer Erwerbstätigkeit nachgingen? Eine gute und interessante Frage. Für diese und andere bekam die Ex-Tagesschausprecherin Jubel und Beifall.

Ebenfalls frenetisch wurde der Augsburger Bischof Walter Mixa für seinen kritischen Standpunkt gegen die Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) bejubelt. Der Kongress ging mit einer einstimmigen Entschließung auf Konfrontation zur Politik der Bundesregierung. Im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgesetz der Großen Koalition äußerte Mixa gar die Befürchtung, dass die Meinungs- und Religionsfreiheit für Katholiken damit eingeschränkt werden könnte, wenn sie sich nicht mehr klar gegen Homosexualität und Abtreibung positionieren könnten.

Grundsätzlich haben Herman und Mixa recht. Aber dass der Augsburger Bischof gleich Gefahr im Verzug im Hinblick auf Meinungs- und Religionsfreiheit meldet, zieht dem aufmerksamen Beobachter die Augenbrauen hoch.

Sollte den ehrwürdigen Herrn Bischof gar ein Gefühl beschleichen, den die Protestanten in ihrer leidvollen Geschichte dank der Inquisition längst auswendig kennen? Und aktuell all jene Protestanten auch heute noch in den Teilen der Welt erleben, in denen die römisch-katholische Kirche in Mehrheit ist, z.B. Siebenten-Tags-Adventisten in Süden Mexikos.

Noch einmal: Augsburger Bischof Walter Mixa ist ein ehrenwerter Mann, ein Christ römisch-katholischer Prägung und er hat in seiner Analyse und den Ansätzen seiner Kritik recht und verdient Unterstützung. Aber es darf nicht der Eindruck bleiben, als wäre die Meinungs- und Religionsfreiheit teilbar – in eine römisch-katholische Abteilung und eine Abteilung für den Rest der Welt.

Home | Impressum | Haftung