Aktuell Juli 2008
ENGLAND
Heimkehr zum Katholizismus
Englands Staatskirche ist in der Krise: Wie modern darf eine Religion sein? Ein Gespräch mit Father David
"A cup of tea?" Wie englisch doch Father David, Pfarrer der katholischen St.-Laurence-Gemeinde in Cambridge, mich an der Tür des Pfarrhauses begrüßt. Beim Tee erläutert er, in welchen Konflikt englische Staatskirche und universaler Glaube geraten können und wie sich die Church of England mit der Betonung ihres englischen Weges von dem einst gemeinsamen Band zwischen Katholiken, Orthodoxen und Anglikanern gelöst hat. Das verschärft jetzt den lange schwelenden Widerstreit zwischen Traditionalisten und Progressiven in der anglikanischen Weltgemeinschaft: Die "Lambeth-Konferenz" in Canterbury, die alle zehn Jahre stattfindet, steht dieses Mal unter dem Vorzeichen einer drohenden Spaltung, ausgelöst durch die Kontroverse um weibliche Bischöfe und homosexuelle Priester. Mehr als 200 konservative Bischöfe boykottieren das Treffen des höchsten anglikanischen Gremiums, viele Geistliche und Laien denken an einen Übertritt zur römischen Kirche.
Father David, mit Nachnamen Paul, spricht aus Erfahrung. Der 61-Jährige wurde zweimal zum Priester geweiht: 1974 in der wohl schönsten romanischen Kathedrale Englands, in Durham, als Geistlicher der Church of England. Und noch einmal einundzwanzig Jahre später in der vergleichsweise bescheidenen Kirche St. Mary in Ipswich, als katholischer Priester. Ein Abstieg? Mein Gesprächspartner pariert lächelnd: "1995, das war wie eine Heimkehr. Es war der für mich bedeutendere Moment." Father David gehörte zu den Hunderten von Anglikanern, die Mitte der 90er-Jahre den Schwenk der Church of England zur Priesterweihe von Frauen nicht mitmachten und zum katholischen Glauben übertraten - "zurückfanden" ist das Wort, das Father David bevorzugt. Eine Heimkehr eben.
Als Sohn eines anglikanischen Vaters und einer katholischen Mutter, deren Konfession in der Familie bestimmend war, atmete David Paul von früh an das katholische Milieu der englischen High Church ein, die sich auch heute noch Anglo-Catholic nennt. Dieser Zweig des Anglikanismus hat die Reformation Heinrichs VIII. im 16. Jahrhundert nie ganz mitgemacht. Man blieb der "apostolischen Nachfolge", dem vom Religionsstifter auf die Apostel und ihre Nachfolger übertragenen Priestertum, treu, pflegte Sakramente wie Krankensalbung und Beichte und sah im Abendmahl mehr als nur ein Symbol, sondern durchaus die "objektive Präsenz" von Jesus Christus, wenn auch nicht die Verwandlung in Fleisch und Blut.
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RELIGION
Vernünftig glauben
Robert Spaemann erklärt in einer Betrachtung zur Regensburger Vorlesung des Papstes, warum sich Christen, Juden und Muslime rational über die Religion streiten müssen.
Benedikt XVI. insistiert darauf, dass der christliche Glaube kein blinder Glaube, kein "Fanatismus", sondern sehender Glaube ist und dass ein Christ mit dem Apostel Paulus sagen kann: "Ich weiß, wem ich geglaubt habe." (2 Tit 1,12).
Das gilt auch und gerade für die Trinitätslehre, die von Moslems gern als Beispiel von Irrationalismus bezeichnet wird. Die Neuscholastik hat das Verhältnis von Monotheismus und Trinitätslehre wie das Verhältnis von zwei Stockwerken interpretiert. Die Existenz eines einzigen, allmächtigen und allgütigen Gottes ist der natürlichen Vernunft zugänglich, die Dreifaltigkeit Gottes ist ein geoffenbartes Mysterium.
Tatsächlich führt aber der Glaube an den einen Gott fast unvermeidlich ins Irrationale, wenn er nicht durch das geoffenbarte Mysterium aufgeklärt wird. Schon der Gedanke Gottes als einer einzigen Person ist problematisch, weil wir Personalität überhaupt erst im Zusammenhang mit der Trinitätslehre zu denken begonnen haben.
Außerdem können wir den Gedanken einer einzigen Person gar nicht denken. Unser Personbegriff impliziert die Beziehung zu anderen Personen. Wenn Gott eine einzige Person wäre, dann müsste er eine Welt mit anderen Personen erschaffen, um seiner Einsamkeit zu entgehen und sich als Person überhaupt erst zu konstituieren. Gott könnte nicht in seinem Wesen Liebe sein, solange er kein personales Gegenüber hat.
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ISLAMISMUS IN EUROPA
Gekaperte Moscheen
Der Salafismus gewinnt an Einfluss - eine islamistische Denkschule, die von friedlicher Frömmigkeit bis zum Dschihadismus reicht. Eine neue Studie des niederländischen Innenministeriums erforscht ihre Ausweitung, auch in Deutschland interessieren sich die Behörden verstärkt für sie.
Von Yassin Musharbash
Berlin - Nicht jeder Muslim ist ein Terrorist, aber seit dem 11. September 2001 ist fast jeder Terrorist ein Muslim: Mit diesem berühmten Satz nahm der saudi-arabische Journalist Abd al-Rahman al-Raschid vor einigen Jahren die Muslime gegen pauschale Vorwürfe in Schutz - und sprach zugleich eine unbequeme Wahrheit aus.
Mohammed Bouyeri, der Mörder von Theo van Gogh, besuchte eine salafistische Moschee.
Diese Formel lässt sich noch verfeinern: Nicht jeder Salafist ist ein Terrorist, aber praktisch jeder islamistisch inspirierte Terrorist würde sich als Salafisten bezeichnen.
Der Salafismus ist weder ein Orden noch ein Verein. Er ist keine Sekte, keine Rechtsschule und kein Terrornetzwerk. Der Salafismus ist eine Strömung, die quer zu all diesen Kategorien verläuft. Als Salafisten werden jene Muslime bezeichnet, die sich in allem allein am Vorbild des Propheten Mohammed und der ersten Generation von Gläubigen ("al-Salaf al-Salih": "Die frommen Altvorderen") orientieren. Der Koran gilt für sie uneingeschränkt und wörtlich, die 14 Jahrhunderte lange Geschichte der islamischen Theologie lassen sie weitestgehend außer Acht.
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FERNSEHEN FÜR SCHWULE
Timm reißt neue Investoren auf
Seit fast einem Jahr warten Deutschlands Schwule auf ihren eigenen Fernsehsender. Dieses Jahr will Timm nun durchstarten - neu gewonnene Investoren sollen es jetzt möglich machen.
Der erste schwule TV-Sender Timm kommt im Herbst, meldeten Mediendienste wie DWDL.de im Juni vergangenen Jahres – und meinten damit Herbst 2007. Ein Jahr später nimmt das Projekt wirklich Gestalt an: «Noch in diesem Jahr» werde der hinter Timm stehende Veranstalter DFW Deutsche Fernsehwerke GmbH den Start des ersten Senders für homosexuelle Männer im deutschsprachigen Raum umsetzen, teilte Geschäftsführer Frank Lukas am Mittwoch in Berlin mit.
Der Manager, bekannt geworden als offen homosexueller Moderator des RTL-Schwulenmagazins «anders Trend», freute sich am Mittwoch über drei neue Investoren für sein Projekt, welche Start und Finanzierung des Senders langfristig sichern würden. Den Angaben zufolge sind die Verlagsgesellschaft Madsack («Hannoversche Allgemeine Zeitung»), die IBB Beteiligungsgesellschaft und die TV-Produktionsfirma South&Browse beteiligt. Sie stoßen zu der Altgesellschafterin FFT Holding.
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RELIGION (Anglikanische Kirche)
Wenn jemand beim Knaben schläft wie beim Weibe
Gene Robinson ist der erste offen homosexuelle anglikanische Bischof. Die Debatte um den Amerikaner könnte die Kirche auf ihrer Weltkonferenz zerreißen. Nun schwor er seine Anhänger in London ein. Immerhin: Sein Bekanntheitsgrad kann heute fast mit George W. Bush und Barack Obama konkurrieren.
Durch die modernen Buntglasfenster von St. Mary’s in Putney sieht man den Verkehr vorbeiziehen, eine bewegliche Kulisse, wie bestellt. Putney Bridge, Doppeldeckerbusse, Autos ohne Zahl, der hastige Schritt der Londoner Fußgänger. „Da draußen, stets betrogen, / Saust die geschäft’ge Welt.“
Auch wenn es weitgehend Stummfilm bleibt, nur wenig von dem Geräuschpegel in die Kirche eindringt, ist es doch genug, um mit seinem fernen Summen die Welt „da draußen“ präsent zu erhalten. Wer auch könnte sie vergessen angesichts des angekündigten Besuchers, um den eine der heißesten Kontroversen seit Jahren brandet?
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-Online vom 15.07.2008 zu Ende.
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TÜRKEI
Religionsamt warnt Frauen vor Parfüm und Deo
Ein Benimm-Leitfaden der türkischen Religionsbehörde enthüllt das staatliche Frauenbild. Unter anderem heißt es darin, Frauen sollten in der Öffentlichkeit kein Parfüm benutzen und Kontakte mit fremden Männern vermeiden. Ganz besonders skurril ist, was in dem Leitfaden als "Ehebruch" bezeichnet wird.
Religion und Staat, so heißt es, seien in der Türkei getrennt. Ganz stimmt das nicht – zwar soll die Religion dem Staat nicht in die Quere kommen, umgekehrt jedoch diktiert der Staat, was Religion zu sein hat. Konkreter Ausdruck dessen ist die Religionsbehörde Diyanet. Ihr sind alle Moscheen des Landes unterstellt, und alle Vorbeter und Imame sind ihre Angestellten. Was muslimisch ist, entscheidet Diyanet.
Solange säkular gesinnte Regierungen an der Macht waren, führte das zu jenem handzahmen "gemäßigten Islam" aus den Wunschträumen westlicher Nahost-Strategen. Nun aber regiert die islamisch geprägte AKP; ob man die jüngste Kontroverse um die Behörde Diyanet darauf zurückführen muss, darüber wird in der Türkei dieser Tage heiß debattiert.
Auf der Webseite des Religionsdirektorats war ein Benimm-Leitfaden erschienen, der für Frauen Ratschläge bereithielt, die sie genauso gut bei den Taliban bekommen könnten.
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