header

Interviews

Aktuell Februar 2008

GLAUBE

Amerika – der Supermarkt der Religionen

An eine Kirche reiht sich eine Moschee, gefolgt von einer Synagoge. Die USA sind ein Flickenteppich aus Religionen und Ethnien. Eine Studie zeigt: 44 Prozent der Amerikaner wechseln ihren Glauben wenigstens einmal im Leben. Eine Religion ist dabei der klare Verlierer.

Geht man den Eastern Parkway in Brooklyn, New York, entlang, dann sieht man mit eigenen Augen den Flickenteppich aus Religionen und Ethnien, der Amerika ausmacht: Man passiert eine Kirche, dann eine Moschee. Dann eine Synagoge. Wieder eine Moschee. Dazwischen das Zentrum der Lubawitscher Chassiden – das Haus, in dem Rabbi Jizchok Josef Schneerson gewohnt hat. Gleich um die Ecke eine Kirche, die vor allem von Betern aus der Karibik frequentiert wird. Und so immer weiter fort. Indessen ist das noch nicht die ganze Wahrheit: Eine neue Studie zeigt jetzt, dass 44 Prozent der Amerikaner ihren Glauben wenigstens einmal im Leben gewechselt haben.

Diese Studie – amtlich heißt sie “U.S. Religious Landscape Survey” – basiert auf Interviews mit mehr als 35.000 Amerikanern. Sie gebe bisher, so heißt es, das klarste Bild vom Trend der vielfältigen Konversionen: Amerika erscheint dabei als Supermarkt der Religionen, in dem man mit dem Einkaufswagen – seinem persönlichen Lebensentwurf – shoppen geht. Wenn einem das spirituelle Produkt, das man in den Wagen gelegt hat, nicht mehr passt, stellt man die Ware zurück ins Regal der abgelegten Dogmen und sucht sich etwas Besseres aus.

Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-Online vom 27.02.2008 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT Online. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

GRÜNE & ADVENTWOHLFAHRTSWERK

Antwort der Bundesregierung

Am 24. Januar hat die Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN in einer kleinen Anfrage der Bundesregierung 27 Fragen zum Thema: „Antihomosexuelle Seminare und pseudowissenschaftliche Therapieangebote religiöser Fundamentalisten“ gestellt. In der Frage Nr. 19 wurde auch das Adventwohlfahrtswerk erwähnt.  Jetzt hat die Bundesregierung geantwortet.

Lesen Sie hier den Beitrag auf Tendenzen.de zu Ende.

DEUTSCHER BUNDESTAG   DRUCKSACHE 16/7917     16. WAHLPERIODE

Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Josef Philip Winkler, Hans-Christian Ströbele, Birgitt Bender, Kai Gehring, Undine Kurth (Quedlinburg), Monika Lazar, Jerzy Montag, Irmingard Schewe-Gerigk, Dr. Gerhard Schick, Silke Stokar von Neuforn und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Antihomosexuelle Seminare und pseudowissenschaftliche Therapieangebote religiöser Fundamentalisten

Nicht nur in den USA, sondern auch in der Bundesrepublik Deutschland versuchen christlich-fundamentalistische Gruppen zunehmend, Lesben und Schwule mit pseudowissenschaftlichen „Therapien“ von ihrer Homosexualität zu „heilen“.
Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Ursula von der Leyen, hat die Schirmherrschaft für das „Christival 2008“ übernommen, das vom 30. April bis 4. Mai 2008 in Bremen veranstaltet wird. In diesem Rahmen sollte ein Seminar „Homosexualität verstehen – Chance zur Veränderung“ von dem sog. Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft, OJC, stattfinden. In der Seminarbeschreibung heißt es: „Viele Menschen leiden unter ihren homo- sexuellen Neigungen. Im Seminar geht es um Ursachen und konstruktive Wege heraus aus homosexuellen Empfindungen.“
Nach Protesten teilten die Veranstalter am 9. Januar 2008 mit, das Seminar sei von den Referenten aufgrund der öffentlichen Diskussion abgesagt worden. Von den Veranstaltern wird dies bedauert. Die Kritik an dem Seminar weist das „Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft“ mit folgender Begründung zu- rück: „Wir setzen uns dafür ein, dass Menschen, die ihre homosexuellen Impulse als unvereinbar mit ihren Wünschen, Überzeugungen und Lebenszielen erfahren, selbstbestimmte Wege gehen können, die zu einer Abnahme homosexueller Empfindungen führen.“
Die Beteuerung des „Instituts“, sich nur für „Selbstbestimmung“ und „Freiheit“ einzusetzen, wird durch zahlreiche Publikationen dieser Einrichtung konterkariert. Darin wird z. B. Homosexualität auf eine Stufe mit Alkoholismus gestellt und das homosexuelle Leben durchweg als ein von psychischen Krankheiten und Süchten gekennzeichnetes dargestellt. Die Ursache von Krisen, wie sie junge Homosexuelle während ihres Comingouts häufig erleben, wird dabei nicht in einer immer noch bestehenden gesellschaftlichen Ablehnung von Homosexualität gesehen, sondern in der Homosexualität selbst bzw. in einer „Entfremdung vom eigenen Geschlecht“ und dem Einfluss der Schwulenszene. Gegen homosexuelle Empfindungen helfe eine „reparative Therapie“. Eltern werden aufgefordert, sich nicht mit der Homosexualität ihrer Kinder abzufinden: „Viele Eltern wollen ihren Sohn nicht einfach einem Lebensstil überlassen, der schmerzhafte Anpassungen verlangt, der mit hoher Wahrscheinlichkeit zu promisken Beziehungen führt, ein hohes Ansteckungsrisiko für ernsthafte und sogar tödliche Krankheiten in sich birgt, der einen extremen Focus auf sexuelle schwule Subkultur setzt und gesellschaftliche Belastungen mit sich bringt. Es ist deshalb gut, wenn Sie als Eltern das tun, was Sie tun können, um Ihrem Kind eine heterosexuelle Entwicklung zu ermöglichen.“ (Bulletin 10, Herbst 2005, Sonderheft zum Thema Jugendliche und Homosexualität, S. 22).
In einem weiteren Bulletin des „Instituts“ (Sonderheft Männliche Homosexualität, S/2005, S. 24) empfiehlt es als „weiterführende Literatur für Männer und Frauen, die Veränderung suchen, und für ihre Angehörigen und Freunde“ u. a. das Buch „Das Drama des gewöhnlichen Homosexuellen“ von Gerard J. M. van den Aardweg. Darin wird zur Beseitigung homosexueller Gefühle u. a. eine Methode empfohlen, die der Autor „Durchprügeln“ nennt und die offenbar in einer Art verbaler Selbstgeißelung besteht mit Worten wie: „,Ach, du Jammerfritze, schnappe dir einen Teller mit Glasscherben und friss sie auf, aber schnell! Los, hinunter mit der Flasche Blausäure, dann kannst du dich auf dem Boden wälzen, dann weißt du wenigstens, wieso du hier herumschreist!‘ Oder: ,Ich habe große Lust, dich zum Fenster hinauszuwerfen, dort unten in die Dornenbüsche, und das tue ich jetzt auch! Hier bekommst du eins mit einem Rohr aus Blei über. Da hast du einen Fußtritt, dass du mitten durchbrichst. Jetzt schütte ich dir Benzin über den Kopf, und dann machen wir ein Feuerchen‘ usw.“ (Gerard J. M van den Aardweg: Das Drama des gewöhnlichen Homosexuellen. Neuhausen-Stuttgart: Hänssler 1985, S. 440).
Der Verein „Offensive Junger Christen“ versucht mit seinem so genannten Institut für Jugend und Gesellschaft die Wissenschaftlichkeit seiner verbreiteten Thesen zu suggerieren. Das Institut wirbt auf seiner Internetseite damit, dass es vor vielen Jahren im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend tätig gewesen sein soll.
Für den Kongress „Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie“ im vergangenen Herbst in Graz war eine ähnliche Veranstaltung von „Wuestenstrom“ an- gekündigt worden. Wegen vieler Proteste, die vom Lesben- und Schwulenver- band in Deutschland (LSVD) mitinitiiert wurden, hat der Schirmherr des Grazer Kongresses, der steirische Landeshauptmann Franz Voves der Uniklinik Graz als Veranstalterin geschrieben, dass er seine Unterstützung zurückzieht, wenn die kritisierten Gruppen nicht von der Veranstaltung ausgeschlossen werden. Daraufhin hat „Wuestenstrom“ seine Teilnahme „abgesagt“ (siehe dazu „DER SPIEGEL“ vom 17. Juli 2007: „Dämonen auf dem Psychiaterkongress“ und „Die Presse“ vom 19. September 2007: „Religion und Psychiatrie: Homotherapie und Hagiotherapie?“). Fachleute warnen vor den psychischen Gefahren von solchen Therapien.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie beurteilt die Bundesregierung solche so genannten Therapieangebote von Homosexualität aus wissenschaftlicher, psychotherapeutischer, gesellschaftspolitischer, rechtlicher und ethischer Sicht?
2. Inwiefern vertritt die Bundesregierung oder vertreten einzelne Mitglieder der Bundesregierung die Auffassung, dass Homosexualität
a) einer Therapie bedarf und
b) einer Therapie zugänglich ist?
3. Welche Auswirkung hat hierbei die Tatsache, dass Homosexualität nicht als Krankheit anzusehen ist und 1992 endgültig von der Weltgesundheitsorganisation aus dem International Classification of Diseases (ICD) gestrichen wurde?
4. Welche Stellungnahmen von psychologischen und sexualwissenschaftlichen Fachorganisationen sind der Bundesregierung zur Behauptung Homosexualität sei therapierbar bekannt, und zu welchen Ergebnissen kommen diese Fachwissenschaftler und Fachwissenschaftlerinnen (vgl. www.gaynial.net)?
5. Teilt die Bundesregierung unsere Auffassung, dass „Therapien“ mit dem Ziel einer Änderung gleichgeschlechtlicher Empfindungen ein diskriminierendes Unwerturteil über Homosexualität zugrunde liegt und dass sie geeignet sind, insbesondere jungen Lesben und Schwulen in ihrer psychosozialen Entwicklung erheblichen Schaden zuzufügen?
6. Was hat die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Ursula von der Leyen, bewogen, die Schirmherrschaft und den Kuratoriumsvorsitz des „Christivals 2008“ zu übernehmen, in dessen Rahmen offenkundig ein antihomosexuelles Seminar vorgesehen war?
7. War dem Ministerium das Programm des „Christivals 2008“ bekannt?
Wenn ja, warum hat sich die Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen gleichwohl zu Übernahme von Schirmherrschaft und Kuratoriumsvorsitz entschieden?
Wenn nein, wäre sie bereit gewesen, ihre Schirmherrschaft zurückzugeben oder auf eine Änderung des Programms hinzuwirken?
8. Ist der Bundesregierung bekannt, dass der erste Vorsitzende von „Christi- val“, Roland Werner, auch Mitglied des sog. Wissenschaftlichen Beirates des sog. Deutschen Instituts für Jugend und Gesellschaft ist?
9. Sind der Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen die Publikationen des Vorsitzenden von „Christival“, Roland Werner, bekannt, in denen er Thesen der Ex-Gay-Bewegung vertritt, einschließlich der Behauptung, homosexuelle Gefühle seien Symptome einer tieferliegenden Identitätskrise, und wie beurteilt die Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen diese Aussagen (Roland Werner: „Homosexualität und Lebenserneuerung“ in: Barbara Kittelberger/Wolfgang Schürger/Wolfgang Heilig-Achnek, Hrsg.: „Was auf dem Spiel steht“, München 1993; Roland Werner: „Christ und homosexuell?“, Moers 1981; Roland Werner, Hrsg.: „Homosexualität – ein Schicksal? Innere Heilung, Lebensbilder, Thesen zur Seelsorge, das Zeugnis der Bibel, Moers“, 1988; Roland Werner, Hrsg.: „Homosexualität und Seelsorge“, mit Beitrag von Gerard van den Aardweg, Moers 1993)?
10. Wie vertragen sich solche Thesen mit der Hoffnung der Schirmherrin, dass das Christival „vom Geist des Respekts und der Toleranz gegenüber der menschlichen Vielfalt geprägt ist“?
11. Inwiefern hält die Bundesregierung die Schirmherrschaft über antihomosexuelle Veranstaltungen für vereinbar mit einer glaubwürdigen Antidiskriminierungspolitik, die den Schutz vor Benachteiligung aufgrund der sexuellen Orientierung einschließt und für deren Umsetzung das gleiche Ministerium verantwortlich ist?
12. Inwiefern schließt die von der Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen auf der Homepage des „Christivals“ zum Ausdruck gebrachte besondere Wertschätzung für die „wertvolle und wertgebundene Arbeit der christlichen Jugendverbände“ auch eine Wertschätzung der Unterstützung einiger evangelikaler Verbände von antihomosexuellen „Therapien“ mit ein?
13. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über das von der „Offensive junger Christen“ (OJC) betriebene so genannte Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft, und wie beurteilt sie dessen Seriosität?
14. Wie ist es zu bewerten, dass der Verein den Eindruck zu erwecken versucht, es handele sich um ein wissenschaftliches Forschungsinstitut?
15. Ist das Institut berechtigt, entsprechende Therapien (Psychologische Psychotherapie) durchzuführen oder zu bewerben?
Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?
Wenn nein, welche Konsequenzen hat das für die Tätigkeit der OJC in diesem Bereich?
16. Inwiefern trifft die auf der Homepage des „Deutschen Instituts für Jugend und Gesellschaft“ zu findende Behauptung zu, es sei „von Bundes- und Landesbehörden anerkannt“ (www.ojc.de)?
Besitzt das so genannte Institut eine staatliche Anerkennung oder Zertifizierung?
17. Wie beurteilt die Bundesregierung wissenschaftlich, psyhotherapeutisch, ethisch und rechtlich das Konzept des abgesagten Seminars vor dem Hintergrund der einschlägigen Veröffentlichungen der Seminarleiter (Monika Hoffmann: „Egodystone Homosexualität – Möglichkeiten der Veränderung“; Konstantin Mascher: „Geschlechtlos in die Zukunft?“)?
18. Wie bewertet die Bundesregierung folgende Aussage in einem Faltblatt des „Instituts“, für das dessen Leiterin, Frau Dr. med. Christl Ruth Vonholdt ver- antwortlich zeichnet und das den gleichen Titel trägt wie das inzwischen abgesagte Seminar: „Die Aussage verschiedenster Kulturen durch alle Zeit- alter, dass Homosexualität keine gesunde natürliche Alternative zur Heterosexualität ist, wird durch wissenschaftliche Untersuchungen gestützt. Einem Teenager zu sagen, seine oder ihre Gefühle für das gleiche Geschlecht seien normal und ihn oder sie somit auf Homosexualität festzulegen, schadet sehr viel mehr als es gut tut. Wenn sich jemand vom eigenen Geschlecht angezo- gen fühlt, deutet das auf tiefliegende Verwirrung und Verletzungen der Gefühlswelt hin.“ (www.ojc.de)?
19. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Durchführung oder Empfehlung von antihomosexuellen Veränderungsmaßnahmen durch folgende weitere Gruppierungen und Organisationen, und wie beurteilt sie die- se
a) „Campus für Christus“,
b) „wuestenstrom“,
c) „Pastoral Care Ministries Deutschland“,
d) „JASON Ex-Gay Ministry“,
e) „Freundschaftsnetzwerk.de“,
f) „Living Waters Berlin“,
g) „Weißes Kreuz“,
h) „Adventwohlfahrtswerk“?
20. Welche anderen Vereinigungen, die eine „Heilung“ oder „Veränderung“ von Homosexualität propagieren oder entsprechende „Therapien“ anbieten, sind der Bundesregierung bekannt?
21. Welche direkte oder indirekte, materielle oder ideelle Unterstützung erhalten die genannten Gruppen (vgl. Fragen 13, 19, 20) von staatlicher Seite?
22. Wie sind die Angebote jeweils rechtlich zu bewerten?
23. In welcher Weise wird die Bundesregierung künftig dafür Sorge tragen, dass eine Unterstützung von Vereinigungen durch staatliche Stellen unterbleibt, die auf die „Überwindung“ von Homosexualität abzielen?
24. Was tut die Bundesregierung, um über fundamentalistische „Heilungs“- Scharlatane aufzuklären und vor ihren fragwürdigen Methoden zu warnen, um insbesondere homosexuelle Jugendliche vor Beeinträchtigungen zu be- wahren?
25. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über antihomosexuelle Therapien oder Therapieangebote durch die Scientology Organisation?
26. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse über mangelnde „Grundgesetzfähigkeit“ einzelner dieser Gruppen (http://www.gaynial.net/pdf/gutachten_ heumann.pdf), und welche sind als manipulativ oder extremistisch einzustufen?
27. Welche Erkenntnisse haben nach Kenntnis der Bundesregierung die Bundesländer über die angesprochenen Fragen?
Berlin, den 24. Januar 2008
Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

Home | Impressum | Haftung