header

Interviews

Aktuell Dezember 2007

RELIGON

Blind Date mit einem Rabbi

Der Publizist Broder sagt: „Jude kann man nicht werden.“ Das sehen Dutzende in Deutschland jährlich anders - und konvertieren zum Judentum. Wie und warum? Stefan Wirner hat mit einigen von ihnen gesprochen.

Helmut Agnesson ist 47 Jahre alt und freier Autor. Nebenher arbeitet er in einem Call Center. Am Freitagabend aber macht er etwas völlig anderes als seine Kollegen. Während sie es sich vor dem Fernseher gemütlich machen oder in einer Kneipe Freunde treffen, geht er in die Synagoge. Denn vor einem Jahr ist er zum jüdischen Glauben übergetreten. „Endlich“, wie er sagt. Der Prozess des Übertritts – der Giur, wie der jüdische Begriff dafür lautet – hatte lange gedauert. Zunächst war Agnesson nicht mit seinem Gemeindevorsitzenden klar gekommen. „Ich konnte ihn erst nach einer Zeit überzeugen, dann hat er zugestimmt“, erzählt er. Nach dem Übertritt habe er eine «große Erleichterung» verspürt.

Rund 50 bis 70 Menschen konvertieren in Deutschland jährlich zum Judentum, teilt die Zentrale Wohlfahrtstelle der Juden in Deutschland mit. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr sollen rund 5000 Deutsche zum Islam übergetreten sein. Der Übertritt zum Judentum ist also nicht gerade eine Modewelle. Und der jüdische Publizist Henryk M. Broder etwa meint: „Jude kann man nur sein, man kann es nicht werden. “Konvertiten sehen das naturgemäß anders. „Im Gegensatz zu Broder gehen wir Konvertiten in die Synagoge“, sagt Agnesson selbstbewusst. „Sogar streng orthodoxe Gemeinden nehmen Konvertiten auf.“

Lesen Sie hier den Beitrag aus NETZEITUNG vom 24.12.2007 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der NETZEITUNG. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.netzeitung.de

RELIGON

Gott bewegt die Deutschen und die Welt

Eine umfassende Studie zur Religiosität widerlegt die Annahme, dass der Glauben in Deutschland in die Bedeutungslosigkeit abrutscht. Besonders gläubig sind hierzulande die Katholiken. Im internationalen Vergleich zeigt sich: Das religiöseste Land der Erde liegt in Afrika.

Die Deutschen sind religiöser als bislang angenommen. Religion ist für 70 Prozent der deutschen Bevölkerung über 18 Jahren bedeutsam. Fast jeder fünfte Deutsche ist sogar tiefreligiös. Er besucht regelmäßig Gottesdienste, betet häufig und beschäftigt sich intensiv mit religiösen Fragen. Zu diesem Ergebnis kommt eine umfassende internationale Studie der Bertelsmann Stiftung, deren Ergebnisse WELT

Besonders viele Tiefreligiöse gibt es unter den Katholiken. Mit 27 Prozent sind es dort fast doppelt so viele wie in der evangelischen Kirche. Jeweils rund 30 Prozent der Deutschen sind römisch-katholische oder evangelische Christen. Drittstärkste Religion hierzulande ist der Islam. Ihm gehören etwa vier Prozent der Bevölkerung an. Der Anteil der jüdischen Bevölkerung liegt bei 0,2 Prozent.

Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-Online vom 15.12.2007 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT Online. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

DEBATTE

Die Irrtümer der Kreationisten

Mit scheinbar plausiblen Argumenten versuchen Evolutionsgegner, Darwins Lehre zu widerlegen. Besonders grandios scheitert darin der tausendfach an Forscher verschickte "Atlas der Schöpfung"

Wie sprichwörtliches Sauerbier versucht der türkische Autor Harun Yahya alias Adnan Oktar seinen "Atlas der Schöpfung" derzeit unters Volk zu bringen. Gleichsam per Massenwurfsendung wurde dieses großformatige 800-Seiten-Traktat in vielen Ländern an Forscher und Journalisten verschickt. Kollegen von Cambridge bis Karlsruhe berichten vom unverlangten Auftauchen dieses buntgebundenen Glaubensbekenntnisses, das - beinahe wie eine biblische Heimsuchung - tagelang die Posteingänge blockierte, bis die meisten Pakete postwendend retourniert waren.

Was hat Yahya zu berichten, das ihn glauben macht, dieses bibliografische Streugut derart hartnäckig verbreiten zu müssen? Zwar ist der "Atlas" in bunter Aufmachung mit zahlreichen Farbabbildungen illustriert; doch schlägt dem Leser bereits bei flüchtiger Lektüre des Textes eine Schwarzweißmalerei entgegen, wie sie uns in dieser Banalität und Fehlerlastigkeit schon lange nicht mehr begegnet ist. Es ist das Werk eines Kreationisten. Deren Ansatz ist es - neuerdings akademisch verkleidet als "Intelligentes Design" -, die biblische Schöpfungsgeschichte wortwörtlich auszulegen.

Über den salbungsvollen und selbstbeweihräuchernden Stil des in diesem Falle im Islam verwurzelten Autors sei hier kein weiteres Wort verloren, nicht über die vielen sachlichen sowie die Schreibfehler und auch nicht über das Hineinweben von Suren aus den Koran in den pseudowissenschaftlichen Text.

Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-Online vom 08.12.2007 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT Online. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

HINTERGRUND

Römische Ökumene

Von Ingolf Bossenz

Wenn von Ökumene die Rede ist, sind die Beziehungen zwischen den christlichen Kirchen gemeint. Und hier fängt das Problem an. Denn für die Römisch-katholische existieren gar keine anderen Kirchen. Jedenfalls keine »wahren«. Erst im Juli veröffentlichte der Vatikan ein Dokument, das die Papst-Kirche als »einzig wahre Kirche Christi« bezeichnet.

Die Empörung im protestantischen Lager ist bei derlei Anlässen immer sehr heftig. Dabei hat Rom nie ein Hehl aus seinem Alleinvertretungsanspruch gemacht und diesen nie relativiert. Dessen ungeachtet gab es am Freitag im Vatikan Gespräche von Benedikt XVI. und Kardinälen aus aller Welt zum Thema Ökumene. Dabei zeigte sich wieder einmal, dass den Vatikan nicht irgendwelcher Versöhnungsschmus antreibt, sondern der reine Wille zur Macht. Wirklich wichtig sind für ihn nur die orthodoxen Ostkirchen, die trotz Trennung von Rom »wahre Sakramente« besitzen. Einziger Makel: Sie besitzen auch ihre eigenen Chefs. Allerdings hat im vorigen Monat eine katholisch-orthodoxe Theologenkommission erstmals seit der Kirchenspaltung 1054 gemeinsam den Primat des Papstes anerkannt. Auch wenn dies nicht näher definiert wurde und vor allem das mächtige Moskauer Patriarchat die Veranstaltung boykottierte – Rom kommt auf seinem Weg der Ökumene voran. Auch ohne Protestanten.

Zur Verfügung gestellt durch: Adventistischer Pressedienst APD, Service de presse adventiste APD. Postfach/P.O.B./Boîte postale 136, CH-4003 Basel/Schweiz, APD@stanet.ch, http:/www.stanet.ch/APD

Quelle: Neues Deutschland, Sozialistische Tageszeitung

GESELLSCHAFT

"Wer den Zeitgeist heiratet, ist morgen Witwer"

Münchens neuer Erzbischof, der Sozialethiker Reinhard Marx, ist lebensfroh und konservativ

 Bonn/München, 30.11.2007 (Die Welt)   Er ist ein schneidiger Debattierer, schlagfertig, scharfzüngig und dabei jovial, ohne sich an das anzubiedern, was gerade "in" ist - ein Kirchenmann, der in jeder Talkshow eine gute Figur macht; im Saarland hatte er sogar eine eigene Sendung. Reinhard Marx (54) zeigt sich gern als Gute-Laune-Bischof, als "Muntermacher im Glauben", der Attribute der Lebensfreude, guten Wein etwa und dicke Zigarren, zu schätzen weiß. Als Papst Johannes Paul II. im Frühjahr 2002 den damals 48-jähri-gen Paderborner Weihbischof nach Trier, in die Geburtsstadt von Karl Marx, schickte, ihn somit an die Spitze des ältesten deutschen Bistums stellte, war abzusehen, dass die Moselstadt für den "schwarzen Marx" nicht die letzte Karrierestation sein würde.

Der Schlossersohn aus dem westfälischen Geseke, der mit dem Schweißgerät umzugehen weiß, hatte sich bereits als Professor für Christliche Gesellschaftslehre in Paderborn einen Namen als in allen politischen Lagern respektierter Sozialethiker gemacht. Er ist kein katholischer Sozialromantiker, dem man das Etikett "Herz-Jesu-Marxist" ankleben könnte, sondern plädiert für den Umbau des Sozialstaates hin zu mehr Eigenverantwortung. Am 1997 veröffentlichten gemeinsamen Wirtschafts- und Sozialwort der Kirchen etwa hat er kräftig mitgeschrieben. Marx galt als Anwärter auf den Stuhl des Kölner Erzbischofs, sollte Kardinal Joachim Meisner in absehbarer Zeit aus dem Amt scheiden; er wurde auch für die Nachfolge von Kardinal Georg Sterzinsky in Berlin gehandelt. Und nun also die Überraschung: Der Westfale mit der barocken Gestalt folgt auf Kardinal Friedrich Wetter (79) als Erzbischof von München und Freising - der erste Nichtbayer in der 182-jährigen Geschichte dieser Erzdiözese. Marx war wohl nicht die erste Wahl, das Münchner Domkapitel hatte ihn wohl nicht auf der Liste, und fast bis zum Schluss der Kandidatensuche waren auch andere Namen im Spiel. Dann hat Papst Benedikt XVI., bis 1982 selbst Erzbischof in der Bayernmetropole, entschieden: Marx wechselt von der Mosel an die Isar.

Er wird mit dem neuen Amt automatisch Vorsitzender der Bayerischen Bischofskonferenz, in der sich unter dem milden Regiment von Friedrich Wetter eigenwillige Oberhirten entfalten konnten: Walter Mixa in Augsburg, Gerhard Ludwig Müller in Regensburg, Ludwig Schick in Bamberg. Den bayerischen Bischöfen die alte Eintracht zurückzugeben wird zu den ersten Bewährungsproben des designierten Erzbischofs gehören, der sich Hoffnungen auf die Kardinalswürde und die Nachfolge des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, machen darf.

Doch vorerst ist Bayern und seine Hauptstadtdiözese für Marx noch unbekanntes Territorium. Auf jeden Fall zieht mit ihm ein neuer Stil in der Bistumsleitung ein. Vorgänger Wetter gab sich, vor allem in letzter Zeit, mit der Rolle des ersten Pfarrers seines Erzbistums zufrieden, der Dynamiker aus Trier wird über die Grenzen Bayerns hinaus wirken wollen. 2010 ist München Ort des 2. Ökumenischen Kirchentages. Antiökumenische Gesinnung wird man Marx nicht nachweisen können. Aber er hat ein realistisches Verständnis von Ökumene. Kirchen, warnt er, seien keine Parteien, die mit ihren Programmen Kompromisse schließen könnten. Fortschritte in der Ökumene möchte er nicht am Streitthema gemeinsames Abendmahl messen. Schon vor dem 1. Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin sagte er es mit westfälischer Deftigkeit: "Dass man immer das Haar in der Suppe sucht und nicht zunächst die Suppe auch essen will, die da ist, und das Haar ständig in den Mittelpunkt stellt, das tut der Ökumene nicht gut."

Dass er aber auch kompromisslos sein kann, bekam der emeritierte Theologieprofessor Gotthold Hasenhüttl (Saarbrücken) zu spüren. Hasenhüttl hatte während des Berliner Christentreffens in einer "offenen Kommunionfeier" auch Nichtkatholiken zur Eucharistie zugelassen. Eine kalkulierte Regelverletzung. Bischof Marx ahndete sie mit der Suspendierung des Theologen von seinen Ämtern. Ob er dabei auf einen Wink aus Rom hin handelte oder tatsächlich aus eigener Verantwortung, darüber gingen die Ansichten auseinander. Dabei hatte Marx schon bei seiner Amtseinführung in Trier zu erkennen gegeben, dass er seine Vollmachten als Bischof voll ausschöpfen werde. Man dürfe, gab er zu bedenken, die Amtsträger der Kirche nicht mit Verwaltungsdirektoren einer Wohlfahrtsorganisation und auch nicht mit Präsidenten politischer Bewegungen verwechseln. Sie seien vor allem "Zeugen des Evangeliums". Hier zeigt sich der künftige Münchner Metropolit als theologisch und kirchenpolitisch zutiefst konservativer Bischof, der sich nicht dem Zeitgeist verschreiben will. Denn, so lautet das von ihm gern zitierte Bonmot: "Wer den Zeitgeist heiratet, ist morgen schon Witwer."

Zur Verfügung gestellt durch: Adventistischer Pressedienst APD, Service de presse adventiste APD. Postfach/P.O.B./Boîte postale 136, CH-4003 Basel/Schweiz, APD@stanet.ch, http:/www.stanet.ch/APD

Quelle: Tageszeitung Die Welt, Axel Springer AG., D-10888 Berlin - Ausgabe vom 30. November 2007
Nachrichtenagentur APD

Home | Impressum | Haftung