Aktuell November 2005
KATHOLISCHE KIRCHE
Praktizierende Homosexuelle dürfen nicht Priester werden
Vatikan veröffentlicht umstrittenen Erlaß
Rom - Der Vatikan hat eine achtseitige "Instruktion über Kriterien zur Berufungsklärung von Personen mit homosexuellen Tendenzen im Hinblick auf ihre Zulassung für das Priesterseminar ... " veröffentlicht. Dieser Text erregt bereits Aufsehen, seit die Agentur Adista ihn vor einer Woche in einer Vorabversion erstmals veröffentlicht hatte. Die Kritik reichte vom Widerspruch des Grünenpolitikers Volker Beck bis zu den Vorwürfen des homosexuellen anglikanischen US-Bischofs Gene Robinson. Der hatte Benedikt XVI. wegen des "vatikanischen Verbots" der Priesterweihe für Homosexuelle attackiert, weil der Gedanke "abscheulich sei, den Skandal um Kindesmißbrauch dadurch beenden zu können, daß man die Homosexuellen aus den Seminaren" werfe. Dies sei ein "Akt der Gewalt".
Nun zeigt sich in dem offiziellen Papier jedoch nur, daß es in der katholischen Kirche ein generelles Verbot für die Weihe Homosexueller nach wie vor so wenig gibt wie eine generelle Aufnahmesperre für Kandidaten, die gleichgeschlechtlich empfinden - obwohl manche Bischöfe und viele Katholiken, besonders in Amerika, sich für ein rigoroses Verbot eingesetzt haben.
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DEUTSCHLAND
Auf dem Weltmarkt des Glaubens
Die Akademie der Wissenschaften Berlin-Brandenburg suchte Antworten auf die Frage: "Welche Religion braucht die Gesellschaft?"
von Matthias Heine
In einem Punkt waren sich diese klugen Köpfe einig wie sonst nie: Karl Marx, Sigmund Freud, Herbert Spencer, John Stuart Mill und Max Weber glaubten, wie fast alle ihre Zeitgenossen, daß die Religion durch den Fortschritt von Wohlstand und Wissen irgendwann aus der Welt verschwinden werde. Weil diese Prophezeiung sich als Flop erwiesen hat, stellte die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften nun auf einer Tagung die Frage: "Welche Religion braucht die Gesellschaft?"
Auf jeden Fall - so darf man wohl die Vorträge von Hochkarätern wie dem Theologen Michael Moxter, dem Soziologen Hans Joas, der Islamforscherin Gudrun Krämer und dem Philosophen Charles Taylor resümieren - braucht die Gesellschaft nicht bloß eine Religion, die eng mit dem Staat verbunden ist. Joas sah darin einen wesentlichen Unterschied zwischen dem religiös eher indifferenten Europa und den gläubigen USA: In Amerika habe es trotz aller puritanischen Gründungsmythen eben nie eine Staatskirche gegeben, sondern eine sogar vom Staat geförderte Konkurrenz der Religionen. Deshalb habe Opposition gegen den Staat dort nie automatisch auch Widerstand gegen die Kirche bedeutet, wie in Europa zu den Zeiten des sprichwörtlichen Bündnisses von "Thron und Altar". Vielmehr sei in den USA ein "Markt der Bekenntnisse" entstanden, der neben vielen kuriosen Auswüchsen doch den Vorteil habe, daß man dort bei Unzufriedenheit eher die Kirche wechsele, als dem Glauben ganz den Rücken zu kehren.
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GLAUBE & GLÜCK
In mystischer Ekstase mit Gott vereint
Was ist das Geheimnis des guten Lebens? In vier Folgen suchen wir Antworten auf diese Frage: in der Arbeit, in der Begegnung in der Natur, im Glauben und in der Liebe. Diesmal: Glück im Glauben
von Heimo Schwilk
Sie lachten und sie weinten, sie sangen und tanzten und sie knieten in andächtiger Anbetung. Daß Glauben viel mit Glücksgefühlen zu tun hat, demonstrierte der Kölner Weltjugendtag im vergangenen Sommer unübersehbar. Wer mit den katholischen Jugendlichen sprach, die so fröhlich und diszipliniert zugleich die Straßen und Plätze der Domstadt belebten, hörte immer wieder von "Geborgenheit", "Ehrfurcht", "Hingabe" und "Dankbarkeit". Für die meisten Gläubigen standen diese Worte für echte Glaubenspraxis, Beteiligung am Gemeindeleben, Einhaltung moralischer Gebote, Freude an der Liturgie und gelebte Mitmenschlichkeit. Man feierte, um für diese Werte vor aller Welt Zeugnis abzulegen.
In der schönen neuen Welt der liberalen Gesellschaft, die sinnsuchende junge Menschen mit der Ersatzreligion des Konsums und einer Theologie des Marktes abspeist, in der das Heil nur noch durch Umsatz, Wachstum und Profit zu erlangen ist, wächst das Bedürfnis nach Ganzheit, Zugehörigkeit, Sinn. So setzen in einer Art Pascalscher Wette immer mehr Menschen auf Gott, um der inneren Leere zu entkommen und ihr Lebensglück zu finden.
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT am SONNTAG vom 27.11.2005 zu Ende.
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VATIKAN & SEX
Beweis der Keuschheit
Wieviel Homosexualität sein darf: Eine neue Richtlinie des Vatikans zu einem alten Problem
von Paul Badde
Der Vatikan hat viele Lecks. Aus einer dieser undichten Stellen ist nun ein Textentwurf über "Beurteilungskriterien für eine Berufung zum Priester bei Personen mit homosexuellen Tendenzen" an die Öffentlichkeit gelangt, an dem Jahre lang gefeilt worden ist und der bis zur offiziellen Veröffentlichung Ende November streng geheim bleiben sollte.
Überraschend ist daran nichts. Erstens ist nicht neu, daß gerade die obligatorische Ehelosigkeit katholischer Priester diesen Berufsstand immer schon auch für männliche Homosexuelle attraktiv gemacht hat. Realistischerweise wird signifikant höhere Erfahrungen gerade mit Homosexuellen deshalb auch niemand der katholischen Kirche absprechen können. Überraschend sind aber auch nicht die Lecks auf den Fluren des Vatikans, noch die Problematik eben nicht weniger Schwuler im Priestergewand (auf denselben Fluren), noch die neue Haltung in der Richtlinie, die der Vatikan nun zu einer Beurteilung mancher dieser Probleme erlassen hat.
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT vom 24.11.2005 zu Ende.
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USA
Klage gegen Gottesbezug auf Dollarscheinen
«In God We Trust» steht auf amerikanischen Dollarscheinen und Münzen. Das verstößt nach Ansicht eines Kaliforniers gegen die Trennung von Kirche und Staat.
In den USA will ein kalifornischer Atheist den Spruch «In God We Trust» (Auf Gott vertrauen wir) von Dollarscheinen und Münzen entfernen lassen. Wie die Zeitung «Sacramento Bee» am Samstag berichtete, hat Michael Newdow vor einem Bundesgericht in Sacramento Klage gegen den US-Kongress eingereicht.
Lesen Sie hier den Beitrag aus der NETZEITUNG vom 19.11.2005 zu Ende.
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ISLAM & NIEDERLANDE
Das Erbe van Goghs
Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali läßt nicht locker: Jetzt geht es um Unterdrückung Homosexueller
Berlin - Das Drehbuch des ersten Teils hatte fatale Folgen. Theo van Gogh, der Regisseur, der den Kurzfilm mit dem deutschen Titel "Unterdrückung" verfilmte, wurde auf offener Straße ermordet, die Autorin mußte wegen akuter Bedrohung für Monate im Ausland untertauchen. Das Land im Herzen Europas geriet über Wochen in eine Art Ausnahmezustand.
Jetzt hat die niederländische Parlamentsabgeordnete Ayaan Hirsi Ali das Script für "Submission II" vorgelegt. Wie beim ersten Teil geht es um eine Abrechnung mit dem Islam. Vor rund einem Jahr hatte die 36jährige, die als junge Frau vor ihrer islamischen Familie aus Somalia geflohen war, die Unterdrückung der Frau durch den Koran thematisiert. In "Submission II", soviel hat die Abgeordnete bereits verraten, soll die "Position von Homosexuellen im Islam diskutiert werden". Der Tageszeitung "Volkskrant" verriet sie bereits eine Passage: "In dem Film werden Homosexuelle Geschöpfe Allahs genannt werden." Allein das dürfte vermutlich ausreichen, daß sich die radikalen Moslems in den Niederlanden über die Schmerzgrenze hinaus provoziert fühlen.
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT vom 18.11.2005 zu Ende.
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DEUTSCHLAND
Die beiden Leitkulturen
Eine Besinnung auf die Zehn Gebote und die Menschenrechtstradition gilt als verdächtig. Derweil wird der Vormarsch des Islam akzeptiert
von Konrad Adam
Bisher dreimal ist von der Leitkultur geraunt worden. Der erste, der das tat, war Jörg Schönbohm, der zweite Friedrich Merz, dem sich neulich Norbert Lammert angeschlossen hat. Alle drei sind auf Unverständnis gestoßen, haben Empörung und Widerspruch ausgelöst; und das, obwohl niemand sagen kann, was mit dem wolkigen Begriff gemeint sein soll.
Tatsächlich gibt es nicht nur eine, sondern zwei Leitkulturen - mindestens. Die eine ist stark, die andere schwach, die eine herrscht, die andere will das bloß. Die starke wird von den drei Becks repräsentiert, von Volker Beck, dem Gleichstellungsspezialisten, von Marieluise Beck, der Ausländerbeauftragten, und von Ulrich Beck, dem Propheten der reflexiven Modernisierung. Die andere hat in Lammert, Merz und Schönbohm drei Fürsprecher gefunden, die sich schwer tun, mit ihrer Vorliebe fürs Typische, für Abstände und Unterschiede dasselbe zu erreichen, was die anderen mit ihrem Eintreten für Gleichstellungsbüros und Mehrfachidentitäten längst erreicht haben. Zwar steht die multikulturelle Variante der Leitkultur nach den U-Bahn-Attentaten in London, dem Ritualmord in den Niederlanden, den Brandanschlägen in Frankreich und ein paar blutigen Ehrenhändeln hierzulande nicht mehr hoch im Kurs; herrschen tut sie aber noch immer. Sie herrscht, weil sie im Alltag Fakten geschaffen hat, die nicht so leicht zu ändern sind.
Das ist die Folge einer Einwanderungspolitik, deren Facetten von amtlicher Leugnung über stillschweigende Duldung bis hin zu der deutscherseits ausgesprochenen Bitte reichten, "uns" mit "diesen" Deutschen nicht allein zu lassen. Migranten aus aller Welt haben das verstanden und sich danach gerichtet. Sie kamen eilends und sind nun da und werden in den Häusern, den Vierteln, den Städten und den Regionen Schritt für Schritt die Überhand gewinnen, da sie im Unterschied zur deutschen Stammbevölkerung Kinder noch nicht für überflüssig halten.
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RELIGION & WISSENSCHAFT
An den Grenzen der Erkenntnis
In Rom diskutieren Naturwissenschaftler, Philosophen und Kardinäle über die Unendlichkeit
von Paul Badde
Der Obelisk auf der Piazza di San Giovanni vor der Lateran-Basilika ist der größte Obelisk der Welt und der älteste der Stadt Rom. Bevor Moses die Israeliten aus Ägypten in die Wüste führte, hatte Pharao Thutmosis III. den Granitkoloß für den Karnak-Tempel von Luxor fertigen lassen, wo er ihn in der 18. Dynastie aufstellen ließ, zwischen 1504 und 1450 - vor Christus natürlich. Rund 1800 Jahre später ließ Kaiser Constantius II. den schönen Stein nach Rom verschiffen, wo er ihn zum Zentrum des Circus Maximus machte. Von dort ließ Papst Sixtus V. ihn schließlich 1587 hierhin schaffen, auf diesen vielleicht prominentesten Platz in der Hauptstadt der katholischen Christenheit. Denn nicht der Petersdom, sondern die Lateran-Basilika ist ja die erste Kirche der Päpste.
Dieser Dom ist "Mutter und Haupt aller Kirchen des Erdkreises", seit die Basilika am 9. November 324 unmittelbar neben Kaiser Konstantins Palast eingeweiht wurde - nur 20 Jahre nach der grausamsten kaiserlichen Christenverfolgung der Antike. Es war ein Wendepunkt der Weltgeschichte: der Anfang des Abendlandes. Unendlich lang her, könnte man denken. Doch nein; es war wohl eher vorgestern, wenn nicht jetzt: Begann doch just am 9. November in der Lateran-Universität ein Kongreß, der einem Thema gewidmet war, neben dem all diese irdischen Zeiträume nur "peanuts" sind. "Die Unendlichkeit in Wissenschaft, Philosophie und Theologie" war das Thema, über das sich Wissenschaftler drei Tage lang austauschten: über den Zeitraum vom Urknall des "Big Bang" vor rund 14 Milliarden Jahren bis zum Ende aller Zeit im "Big Freeze" in "Milliarden von Milliarden Jahren" - und ob es davor und danach (und parallel dazu) vielleicht auch schon etwas und noch etwas gab und geben würde.
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DEUTSCHLAND
Religion und Werte werden wichtiger
Studie zur Einstellung in Deutschland lebender Türken
Die rund 2,5 Millionen Bürger türkischer Abstammung in Deutschland sind in den vergangenen fünf Jahren religiöser und konservativer geworden. Das geht aus einer Untersuchung des Zentrums für Türkeistudien in Essen hervor. Sie wird in dieser Woche vorgestellt. Ihre Ergebnisse liegen der "Welt am Sonntag" vor.
Erfreulich ist das positive Bild, das eine große Mehrheit der Türken im Land von den Deutschen und der Gesellschaft hat. "Die Studie ist teilweise ein Loblied auf die deutsche Gesellschaft", sagte Institutsleiter Faruk Sen der "Welt am Sonntag". "Zwischen achtzig und neunzig Prozent der Türkischstämmigen sagen, sie erleben die Deutschen und ihre Behörden verständnisvoll und tolerant."
Der Studie zufolge sehen sich 83 Prozent der Türkischstämmigen als "streng" oder "eher religiös". Bei der Studie im Jahr 2000 waren es erst 73 Prozent. Besonders die Zahl der Strengreligiösen hat zugenommen: von acht auf 28 Prozent. Dagegen ging die Zahl derer, die sich als "eher religiös" einstufen von 65 auf 55 Prozent zurück.
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DEUTSCHLAND
Evangelische Kirche verkündet Ende der unbegrenzten Toleranz
Scharfe Abgrenzung zum Islam gefordert
von Gernot Facius
Berlin - Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) möchte sich als Ort des Widerstands gegen jeglichen Extremismus positionieren. Die gestern in Berlin zu Ende gegangene EKD-Synode zog die Grenzen der Toleranz dort, "wo das Denken und das Handeln von Menschen das Leben und die Würde anderer gefährden und bedrohen". Eine einstimmig angenommene "Kundgebung" stellt religiösen Extremismus in eine Reihe mit politischem Extremismus, Antisemitismus und Rassismus.
In den Debattenbeiträgen der Delegierten aus 23 Landeskirchen kam der Wunsch nach dem Abschied von einem alles tolerierenden Freundschaftskonsens zwischen den Religionen zum Ausdruck - mit Blick auf das komplizierte Gespräch mit dem Islam eine neue Botschaft. Den Anfang hatte der Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber gemacht. Immer deutlicher trete hervor, daß ein Verständnis von Toleranz nicht mehr weiterführe, das in Anknüpfung an die Lessingsche Ringparabel die Konfrontation mit der Wahrheitsfrage aus dem Dialog ausklammere, erklärte Huber: "Gerade im Gespräch mit Menschen aus anderen Religionen und Kulturen muß das je eigene Profil deutlich herausgestellt werden."
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RELIGION
Weg zum Glauben
Philip Grönings Kloster-Porträt "Die große Stille" ist der ungewöhnlichste Film des Jahres
von Hanns-Georg Rodek
Bevor wir über "Die große Stille" reden, müssen wir über die Bedingungen sprechen, unter denen der ungewöhnlichste Film des Jahres 2005 gesehen werden sollte. Es sollte dunkel sein, stockdunkel; es ist zunehmend schwierig in Kinos, einen Platz zu finden, an dem sich keine Notausgangsleuchte ins Blickfeld drängt. Der Saal muß isoliert sein, völlig schalldicht; in schlechteren Multiplexen hört man die Explosionen aus anderen Kinos, wenn der eigene Sensurround ein paar Sekunden Atem holt. Absolute Handydisziplin ist von Nöten und ein Publikum, das weder flüstert noch Ausflüge zum Popcorn-Stand unternimmt.
"Die große Stille" ist ein Film, den im Fernsehen oder auf DVD zu betrachten schlicht unvorstellbar ist. Das liegt nicht an spektakulären Schauwerten, sondern an dem, was Regisseur Philip Gröning mit seinen Besuchern anzustellen sucht: Sie sollen vor der Leinwand die gleiche Erfahrung machen wie die Menschen auf ihr. Dazu braucht es Abgeschiedenheit, Disziplin und einen Raum, der nur einem Zweck geweiht ist. Ein Kino eben. Man könnte auch sagen: ein Kloster.
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SCHÖPFUNGSGESCHICHT & EVOLUTIONSTHEORIE
Gott und Zufall
Charles Darwin hatte Theologie studiert, bevor er eine Expedition nach Südamerika begleitete. Seine Beobachtungen begründeten die Evolutionstheorie und revolutionierten die Schöpfungsgeschichte
von Ulli Kulke
Es ist der 29. August 1831, als ein kleiner Brief an der Tür des Anwesens "The Mount" im mittelenglischen Shrewsbury abgegeben wird. Ein Brief, der zunächst nur einen 22jährigen gescheiterten Studenten in helle Aufregung versetzen wird, letztlich aber 28 Jahre später ein Beben in der Naturwissenschaft auslöst, kurz darauf die ganze Welt erschüttert und die christliche Kirche in Erklärungsnöte stürzt. Alles nur, weil jener junge Mann zu einer Weltumsegelung eingeladen wird: Charles Darwin. Es soll nicht nur die Reise seines Lebens werden. Sondern die Reise, die das Buch des ganzen Lebens auf Erden neu schreiben wird.
1809, als Charles Darwin als fünftes Kind einer wohlhabenden Familie in jenem Haus in Shrewsbury geboren wurde, war der christliche Glaube noch im Reinen mit der Wissenschaft. Georges Cuvier war Stand der Forschung: Der Franzose behauptete, Änderungen in Fauna und Flora, das Verschwinden von Arten, seien nur auf Naturkatastrophen zurückzuführen. Auf die Sintflut der Bibel etwa. Im übrigen lebten alle Wesen so, wie sie Gott einst erschuf. Keine Entwicklung, keine Evolution.
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GESELLSCHAFT
Prophet der Umwelt-Apokalypse
Auf dem Plakat steht: "Kollaps". Die Buchstaben in Orange könnten alarmierender nicht sein
von Sebastian Hammelehle
Unter dem Schriftzug ein Foto: die Maya-Pyramide von Chichén Itzá. Fast möchte man sich wegducken, so sehr erinnert das Bild in seiner dunkelviolett drohenden Apokalypse an einen Film von Roland Emmerich. Aber es ist ja die Werbung für "den neuen Diamond".
Jared Diamond, der Dan Brown unter den Sachbuchschreibern, der Mann für die ganz hohen Bücherstapel. Er ist ins Kölner Völkerkundemuseum gekommen, um "Kollaps" zu präsentieren, sein neues Werk. Schon vor Beginn seines Vortrags stehen die Zuhörer reihenweise auf und kaufen das Werk am Büchertisch. Weil man ja nie weiß, wann der Kollaps kommt und ob es danach noch Bücher gibt? Das Bändchen zum Thema Vogelgrippe allerdings, das der Verkäufer neben "Kollaps" plaziert hat, bleibt liegen. Es wirkt wohl zu mickrig gegen Diamonds neuen 700-Seiten-Folianten. Der Vorgänger, "Arm und Reich", der 1997 erschienen, fand international etwa fünf Millionen Käufer. Der Autor erhielt dafür den Pulitzerpreis und wurde zum erfolgreichsten Wissenschaftsautor der Welt. Untertitel seines Bestsellers damals: "Die Schicksale menschlicher Gesellschaften". Der von heute ist noch dramatischer: "Warum Gesellschaften überleben oder untergehen". Schon steht das Buch auf Platz acht der deutschen Bestsellerliste.
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ISLAM
Der Dschihad steht auf dem Lehrplan
In Pakistans Staatsschulen wird vielerorts Haß gepredigt
von Paul Watson
Lahore - Juden sind habgierige Geldverleiher und Christen rachsüchtige Eroberer - so lernen es Jahr für Jahr Tausende pakistanische Kinder aus ihren Geschichtsbüchern. Ein Schulbuch weist die Kinder gar an, sie sollten als Märtyrer für den Islam sterben. Diese Indoktrination findet nicht an den Medresen, den privaten Koranschulen extremistischer Mullahs, statt - sondern an staatlichen Schulen. An diesen Schulen lernen die Kinder aus Büchern, die die Regierung Präsident Pervez Musharrafs genehmigt hat.
Das steht in Gegensatz zu der vertretenen Politik: Seit Pakistan sich vor vier Jahren zum Verbündeten der USA im Kampf gegen den Terror erklärt hat, hat Musharraf die Pakistaner immer wieder angewiesen, den radikalen Islam zu meiden und sich "aufgeklärt und gemäßigt" zu verhalten. Dabei sagen sowohl Musharraf wie auch US-Politiker, daß Reformen im Erziehungswesen unabdingbar sind, wenn man dem Extremismus im Land Einhalt gebieten will - immerhin ist Pakistan die einzige moslemische Nation, die über Atomwaffen verfügt. Derzeit, so Reformbefürworter, wird jedoch an Pakistans Staatsschulen noch immer Haß gegen Andersgläubige gepredigt. "Ich habe schon immer gesagt, daß unser staatliches System im Grunde die größte Medrese darstellt", sagt Rubina Saigol, eine Erziehungswissenschaftlerin, die ihre Ausbildung in den USA absolvierte. "Immer wieder geben wir den Medresen die Schuld für alles, aber der Einfluß der Staatsideologie, die Haß und negativen, gewalttätigen Nationalismus zum Ziel hat, reicht viel weiter als der der Medresen."
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT vom 02.11.2005 zu Ende.
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