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Interviews

Aktuell Oktober 2005

FALSCHER THEOLOGE - FALSCHE UNI

Die Kollegen wußten Bescheid

Ein Katholik als evangelischer Professor: Der "Fall" Klaus Berger stellt die theologischen Fakultäten in Frage

von Gerhard Besier

Seit 30 Jahren lehrt Klaus Berger das Fach Neues Testament an der Evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Heidelberg. Nach eigenem Selbstverständnis ist er allerdings Katholik, der sein "Wirken hier als ökumenische Existenz" versteht (WELT v. 22.10.), was ihm jetzt den Vorwurf eintrug, die gläubige Welt an der Nase herumgeführt zu haben, verbunden mit der Forderung an die Wissenschaftsverwaltung, seine Pension zu kürzen.

Über Bergers konfessionellen Zwiespalt indes wissen die Fakultätskollegen seit vielen Jahren Bescheid. Konsequenzen daraus zu ziehen lag ihnen fern. Als zum Beispiel ein konfessionalistisch eingestelltes Fakultäts-Mitglied Dekan werden sollte, gaben ihm die moderaten Professoren nur unter der Bedingung ihre Stimme, daß er den "Fall" Berger ruhen lasse. Das sagte ihnen der Kandidat zu. Angesichts der engen Kontakte, die die Badische Landeskirche zu ihren kirchentreuen Gewährsleuten an der Fakultät pflegt, kann man davon ausgehen, daß dort ebenfalls Bergers Problematik bekannt war.


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REFORMATIONSTAG

Im Zeichen des Kürbis

Morgen ist Halloween. Das Fest hat Deutschland erobert und ist zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor geworden. Höchste Zeit, ein paar Fakten klarzustellen

In einer Lagerhalle in Erkrath bei Düsseldorf lehnt Alexander Condé an einem Karton, auf dem der Torso eines Monsters mit Blutaugen und aufgerissenem Maul thront. "Nein, das hätte er damals nie gedacht, daß es einmal soweit kommt", sagt Condé. Fünf Jahre ist es her, daß er mit seiner Frau Uschi Ferien in den USA machte. Es war die Halloween-Zeit, das ganze Land stand im Zeichen des Kürbisses und der Untoten, allenthalben Menschen mit Gruselmasken und auffälligen Kunststoffratten auf der Schulter.

Die beiden Urlauber aus Wuppertal, beruflich in der Unternehmensberatungs-Branche tätig, witterten ein Geschäft und kauften umgehend einen Koffer. Sie stopften ihn voll mit Hexen-Kostümen, Kunststoff-Hexenkesseln und Plastik-Ungeziefer. Dinge, die es zu jener Zeit in Deutschland nicht gab. Wieder zu Hause, starteten sie einen Internet-Handel mit anfangs 40 Halloween-Produkten. Heute, fünf Jahre später, bietet ihre Firma, die Halloween GmbH, 1000 Artikel an. Darunter solch ausgesuchte Sonderbarkeiten wie Kunststoffkakerlaken (15 Cent pro Kakerlake), Pappsärge zum Selberbauen (44,95 Euro) und das eingangs erwähnte Monster Zombie 3 D (88,85 Euro). "Ich bin schon überrascht, daß das so schnell ein so großes Thema geworden ist", sagt Uschi Condé.

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ERDBEBEN VON LISSABON 1755

Vor 250 Jahren geriet Europas Optimismus ins Wanken

"Je schrecklicher je besser, vorausgesetzt man ist in Sicherheit": Die Katastrophe von Lissabon war ein Medien- und Kulturereignis ersten Ranges

Im Jahre 1755 erschien Immanuel Kants "Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels". Es grenzt an Ironie des Schicksals, daß diese optimistische Welterklärung wenige Monate vor dem ersten Erdbeben, das zugleich ein Medienbeben war, herauskam. So geriet mit der Naturkatastrophe von Lissabon auch der europäische Optimismus ins Wanken. Gerade als der Vernunftphilosoph Kant Gott aus der Natur verbannte, passierte ein Ereignis, das weithin als Zeichen Gottes gewertet wurde.

Kant reagierte schnell. Damit die Menschheit nicht in reaktionäre Erklärungsmuster zurückfiel, veröffentlichte er 1756 seine sogenannten Erdbebenschriften. Sie gelten als Beginn der modernen Erdbebenforschung. Voltaire dagegen schreibt sein "Poème sur le désastre de Lisbonne". Er solidarisiert sich mit den Leidenden und opponiert gegen die Objektivierung von Beben und Betroffenen. So standen sich die kalte Objektivität des Naturwissenschaftlers und das empfindsame Mitgefühl des Zeitgenossen diametral gegenüber.

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EUROPA

Nur nationales Denken ist realistisch

Gastkommentar Leitkultur

von Volker Kronenberg

Nun also doch. Frisch in sein neues Amt gewählt, hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert erklärt, die Debatte über eine deutsche "Leitkultur" müsse "wieder aufgegriffen und weitergeführt" werden. Schon einmal hatte ein führender Unionspolitiker, Friedrich Merz, im Jahre 2000 den Begriff der "Leitkultur" in die Debatte über das soziomoralische Fundament der sich wandelnden deutschen Gesellschaft gebracht. Doch nicht nur der politische Gegner, selbst die eigenen Parteifreunde kritisierten Merz für seine Begriffswahl. Die Union sollte nicht, im Lichte der Bundestagswahlen 2002, in eine "rechte", nationalistische Ecke gedrängt werden. Daß der Begriff und die damit verbundenen Fragen gar nicht in eine solche Richtung zielten, spielte im Eifer des erhofften Unionswahlsiegs keine Rolle. Weder "Leitkultur" noch "Patriotismus", noch "Nation" wurden von Unionsseite als zentrale Begriffe der politischen Debatte besetzt, geschweige denn offensiv vertreten. Kein Wunder, daß angesichts des Van-Gogh-Mordes in Holland, einer einsetzenden Debatte über moslemische Parallelgesellschaften in deutschen Großstädten sowie im Zeichen einer unübersehbaren demographischen Krise in Deutschland wenig später diese Begriffe verstärkt von "links" besetzt wurden.

Bereits der "deutsche Weg", vom Bundeskanzler im Wahlkampf 2002 rhetorisch postuliert, zielte in diese Richtung; Schröders Reden vom "Ende" der Nachkriegszeit und einer selbstbewußter auftretenden Nation ebenfalls. Seit dem Scheitern des europäischen Verfassungsvertrags in Frankreich und den Niederlanden gilt selbst bei den Grünen die nationale Perspektive im vereinten Europa als die realistische.

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TÜRKEI & RELIGIONSFREIHEIT

Im Würgegriff der Bürokratie

Ankara versucht griechisch-orthodoxe Minderheit des Landes auszulöschen

von Boris Kalnoky

Istanbul - Religionsfreiheit und Kirchenpolitik, das sind Themen, bei deren Erwähnung meist nur wenige interessiert die Ohren spitzen. In der Türkei lohnt es sich aber, genauer hinzusehen. Das Land, das Teil der europäischen Staatenfamilie werden will, scheint entschlossen, vor allem die griechisch-orthodoxe Gemeinde zum Aussterben zu zwingen - und das während der EU-Verhandlungen und mit stillschweigender Duldung der Europäer.

Wie alle anderen Kirchen in der Türkei hat auch das ökumenisch-orthodoxe Patriarchat von Konstantinopel keinen Rechtsstatus und damit keine direkte Rechtsbeziehung zu ihren Immobilien. Das ist der Hintergrund einer endlosen Folge von Enteignungen. Im Patriarchat zu Konstantinopel hält Metropolit Meliton von Philadelphia einen Brief in der Hand - wieder wurden 14 Immobilien, die zur orthodoxen Kathedrale gehören, enteignet. "1936 hatten wir mehr als 8000 Immobilien", sagt er. "Jetzt erkennen die Behörden nur noch einige hundert an." Meliton ist im Patriarchat für diese Fragen zuständig, in den vergangenen dreieinhalb Jahren hat er 144 Immobilienprozesse gegen den türkischen Staat bestritten. "Wir haben alle verloren", sagt er.

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KATHOLIZISMUS

"Ohne den Primat des Papstes würde vieles auseinanderfallen"

Kardinal Meisner über den Wert der Eucharistie

DIE WELT: Mit der ersten Kanonisierung fünf neuer Heiliger ist die Synode über die Eucharistie (Abendmahl) nun zusammen mit dem Eucharistischen Jahr zu Ende gegangen. Können Sie das Ergebnis schon zusammenfassen?

Kardinal Meisner: Der Papst wird jetzt aus den Überlegungen der Synode ein sogenanntes postsynodales Schreiben verfassen: eine Art Kursbuch für die rechte Weise, wie wir die Eucharistie in unseren Gemeinden neu akzentuieren und leben. Bei allen wichtigen liturgischen und theologischen Diskussionen wurde mir aber jetzt schon wieder neu klar, welch ein Glück es ist, daß es bei uns den Primat des Papstes gibt. Sonst würde vieles auseinanderfallen. Das war für mich hier fast mit den Händen zu greifen: Ohne Petrus fällt die Kirche auseinander. Sein Amt gibt uns die Möglichkeit, frei und unbeschwert unsere Probleme zu diskutieren und danach sagen zu können: Das geben wir jetzt dem Papst zur Prüfung in die Hand. Er hat uns vorbildlich den Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes vorzuleben und vorzulegen.

DIE WELT: Das neue Kompendium der katholischen Kirche behandelt die Eucharistie in 23 Abschnitten auf 5 Seiten. Was konnte die Synode mit 256 Bischöfen aus 118 Ländern in drei Wochen diesem Erkenntnisstand hinzugewinnen?


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WERTE-DEBATTE

Der Glaube ist das wahre Fundament unserer Existenz

Gerhard L. Müller ist einer der 256 Bischöfe aus aller Welt, die in Rom drei Wochen lang über die Eucharistie beraten haben. Plädoyer für eine geistig-religiöse Wende

von Klaus Harprecht

Die heute zu Ende gegangene Bischofssynode in Rom ist im Zusammenhang mit dem eucharistischen Jahr und dessen Höhepunkten, der Enzyklika "Ecclesia de Eucharistia", dem eucharistischen Weltkongreß in Mexiko und auch dem Weltjugendtag in Köln zu sehen. Drei Wochen lang hat sie sich mit dem Sakrament der Eucharistie beschäftigt. Der Mittelpunkt und die Quelle unseres Lebens ist die Begegnung mit Jesus Christus. Und gerade in der Eucharistiefeier sind wir ja ganz konkret und real mit Christus in Kontakt.

Auch wenn sich die Gesellschaft in einer scheinbaren Abkehr vom Christentum selbst behaupten möchte, so spüren wir dennoch einen Hunger nach Gerechtigkeit und nach einem authentischen Leben - einem Leben, das nicht fremdgesteuert wird durch den Konsum, der Vermarktung des Lebens. Ich bin sicher, daß die meisten Menschen diese ursprüngliche Erfahrung ihrer Existenz machen möchten. Das Christentum hat da eine Antwort: Es ist unser Glaube, der uns hilft, den Menschen zu verstehen. Hier liegen auch die Antworten auf die Fragen, die sich die Synode gestellt hat. Wir müssen das geistig-religiöse Klima wieder verbessern, damit etwa die Unauflöslichkeit der Ehe wieder zu einem tragenden Element der Gesellschaft wird, wir müssen gleichzeitig intensiver den Glauben als wahres Fundament unseres Lebens herausstellen. Dann können wir auch mit mehr Priesterweihen und mehr Ordensberufungen rechnen. Die Konzentration auf einzelne Maßnahmen greift hier zu kurz.


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FUSSBALL WM 2006

Mit den Fußballern kommen die Voodoo-Priester

Afrika schickt nicht nur Spieler und Trainer zur Weltmeisterschaft nach Deutschland. Schwarze Magie spielt bei Teams wie Togo mit

von David Signer

David Signer Die rationale Annahme, Fußballspiele gewinne man lediglich mit guten Spielern und reichlich Training, ist der größte Aberglaube. Fußball ist mysteriös, das bewiesen gerade wieder die Mannschaften Afrikas. Nicht die Favoriten wie Kamerun oder Senegal qualifizierten sich für die Weltmeisterschaft in Deutschland, die Außenseiter Togo, Angola, Ghana und Elfenbeinküste setzten sich neben den etablierten Tunesiern durch.

Natürlich könnte man einfach den Zufall dafür verantwortlich machen. Aber das wäre unerträglich. Also versucht man, dem Unerklärlichen mit Unerklärlichem zu Leibe zu rücken. In Brasilien werden Fotos der Gegner vor dem Spiel mit Bier begossen, damit diese wie Besoffene umhertorkeln sollen. In Rumänien hilft es, den Rasen zuerst mit dem rechten Fuß zu betreten. Die Weltmeister in der magischen Gegenwelt aber sind die Afrikaner.


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ZEITGEIST

Der Tanz um die Lust

Je pornografischer unsere Gesellschaft wird, desto mehr hat sie die Lust an der Fortpflanzung verloren. Die ständige Überschwemmung mit Reizen stellt vor allem das weibliche Begehren vor unlösbare Paradoxe.

Von Ariadne von Schirach

Der erste nackte Hintern, den ich jemals gesehen habe, war der von Patrick Swayze in "Dirty Dancing". Es war ungeheuerlich gewesen, damals. Vor kurzem habe ich den Film wiedergesehen. Sie küssten sich, es war die Nacht nach dem großen Mambo. Blende, der nächste Morgen. Er steht auf, und für eine millionstel Sekunde blitzt ein bisschen Hinterteil. Ich spulte zurück. Es wurde nicht mehr. Ich spulte wieder. Konnte das sein? Konnte dieser Sekundenbruchteil nackter Haut mich einmal in Erregung versetzt haben? Dreckig tanzen? Hintern? Da ist schon im Frühstücksfernsehen mehr los.

Was ist passiert, denke ich mir, als ich ziemlich ungerührt das letzte Video von Shakira, "La tortura", betrachte. Irgendjemand hat sie mit schwarzem Zeug eingeschmiert, und sie windet sich schier endlos am Boden herum. Die Körper sind explodiert und die Anteilnahme erkaltet. Nur die Erregung ist geblieben. Leben wir in einer pornografischen Gesellschaft?


Lesen Sie hier den Beitrag aus DER SPIEGEL Nr. 42/05 vom 17.10.2005 zu Ende.

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ISLAM

Dschihad erobert den Kaukasus

Der Angriff auf Naltschik zeigt: Rebellen und Militärs arbeiten Hand in Hand

von Jens Hartmann in Moskau

Eigentlich hatte der russische Präsident Wladimir Putin Lust auf einen Plausch über Tennis und ein Protokollfoto der Marke sexy. Putin wartete im Kreml auf die schöne Russin Maria "Mascha" Scharapowa. Die 18jährige spielte am vergangenen Donnerstag in Moskau beim Kremlin Cup.

Statt Mascha kam Sascha. Generaloberst Alexander "Sascha" Tschekalin, Vize-Innenminister in Rußland, überbrachte Putin die Botschaft, daß eine russische Stadt im Kaukasus mit 280 000 Einwohnern in die Hände von Hunderten von islamistischen Terroristen gefallen sei. Die nächsten 30 Stunden herrschte Ausnahmezustand im Kreml. Putin versammelte seine sogenannten Machtminister, die Chefs der Geheimdienste, der Armee und Miliz, um sich und beugte sich über die Landkarte der Republik Kabardino-Balkarien.

Der Nordkaukasus ist als "Zone zur Durchführung von contraterroristischen Operationen" ausgewiesen, Rußland hat in der Region 250 000 Mann stationiert. Und doch gelang es 200 mit Sprengstoff ausgerüsteten Rebellen, das Regierungsgebäude in der Hauptstadt Naltschik zu stürmen.


Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT vom 16.10.2005 zu Ende.

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RUSSLAND

Unterdrückung des Islam durch Moskau machte den Glauben erst wirklich populär

von Manfred Quiring

Moskau - Kabardino-Balkarien, wo rund 360 000 Kabardiner, etwa 70 000 Balkaren und über 200 000 Russen leben, hat wie viele andere Republiken des Nordkaukasus während der Sowjetzeit schwer gelitten. Stalins "Nationalitätenpolitik", die ein Versuch des Genozids war, trieb einen Keil zwischen die beiden Ethnien, der bis heute fortwirkt. Im April 1944 wurden die Balkaren aus ihrer Heimat nach Mittelasien und Sibirien verbannt. Ihr Land wurde aufgeteilt, aus dem gemeinsamen Landesnamen wurde jeder Hinweis auf die Balkaren getilgt.

In der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre, nach dem Tode des Diktators 1953, durften sie zurückkehren. Nach den Jahren der Verbannung, die die Kabardiner nicht zu teilen brauchten, blieb das Zusammenleben beider Völker voller Probleme, auch wenn es zaghafte Versuche gab, nach der Wiederherstellung der kabardino-balkarischen Republik die Leitungsposten weitgehend zu gleichen Teilen zu besetzen. Gleichzeitig wurde beide Nationalitäten die Ausübung ihres Glaubens mit teilweise brutalen Mitteln untersagte.


Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT vom 14.10.2005 zu Ende.

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RELIGION & GLAUBE

Theologie darf dem Gesetz widersprechen

Aus internationalen Zeitschriften: Umberto Eco entwirft Regeln für den Umgang mit der katholischen Kirche

DU, 1. Oktober: Das neue Heft begibt sich auf die Suche nach dem Teufel. Die Schriftstellerin Sybille Lewitscharoff hat die Hoffnung auf Gnade in der aufgeklärten, gottlosen Moderne schon aufgegeben. "Der Körper wird seine Mängel immer krasser zeigen. Jede seiner Poren ein scharf ausgeleuchtetes Schmutzloch. Daß er zum Objekt umfassender Bestrafung geworden ist, zeigen die den KZs entschlichenen Moden: Twiggy, Tattoo, Kahlkopf, Kremierung. Die meisten Leute sterben schlecht. Den gebieterischen Ruheruf Gottes vernehmen sie nicht. Gierig krallen sie sich mit Hilfe von Apparaten ans letzte Fetzchen Leben und lassen sich anschließend in Öfen schieben."

Die Weltwoche, 7. Oktober: Die Zeitung macht auf mit dem ersten Teil ihrer Serie über den Vertreter al-Qaidas im Irak, Abu Mussab al-Sarkawi. Al-Sarkawi war unter anderem Initiator eines Attentats auf einen amerikanischen Diplomaten im Sommer 2002. "Das Attentat ist ein Meilenstein in Sarkawis Karriere. Er hat bewiesen, daß er in der Lage ist, vom Ausland aus gezielt eine Operation zu koordinieren. Für diese Tat wird Sarkawi am 6. April 2004 in seiner Heimat Jordanien ,zum Tod durch den Strang' verurteilt. Ein Verdikt, das er mit einer Geste quittiert, die einem das Blut gefrieren läßt: Vor laufender Kamera schneidet er einem gefesselten Amerikaner, Nicholas Berg, den Kopf ab, hebt ihn hoch und preist Gott im Himmel. Es ist das Fanal zur bisher grausamsten Phase des Irakkrieges. Washington setzt 25 Millionen Dollar aus auf den Kopf von Abu Mussab al-Sarkawi. Damit tritt er endgültig aus dem Schatten Bin Ladens. Und droht ihm gleich den Rang abzulaufen."

The Spectator, 7. Oktober: Die nächste Dschihad-Welle könnte von Somalia ausgehen, meint Aidan Hartley, der besorgt die explosive Stimmung in der Hauptstadt beschreibt. "In Mogadischu wird das Prestige nicht durch das Auto bestimmt, das man fährt, sondern von dem Wert, den man als Attentatsziel hat. Vor unserer Ankunft hatte ich bei unserem Gewährsmann drei Schützen mit schweren Maschinengewehren und sieben Begleiter mit AK-47-Gewehren angefordert. Durch die getönten Scheiben unseres Allradfahrzeugs konnte ich auf dem Weg in die Stadt beobachten, daß wir trotzdem nicht sehr gut abschnitten. Wir passierten regelmäßig Konvois, die vor Flugabwehrgeschützen und Raketenwerfern nur so strotzten."


Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT vom 12.10.2005 zu Ende.

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GESCHICHTE DES ISLAM

Als Mohammed den Dschihad ersann

Vor 1400 Jahren begründete der Prophet in Arabien eine neue Religion. Gewalt spielte darin zwar immer eine Rolle - die wird aber überschätzt

Als Ahmad al-Hiba den Befehl zum Aufsitzen gab, da ahnte er schon, daß seine Getreuen in Niederlage und Tod reiten. "Auf zum Dschihad auf dem Wege Gottes", riefen sie und galoppierten gegen die Ungläubigen. Als die Schlacht an jenem 9. September 1912 nördlich von Marrakesch vorüber war, hatte die französische Kolonialmacht ihr Protektorat gefestigt. Der Stammesführer aus dem Süden Marokkos war kein Gegensultan mehr. Vorbei war der kurze Traum von einem neuen Reich.

Neunzig Jahre später riefen einige Islam-Gelehrte in Afghanistan zum weltweiten Dschihad auf - vergebens. Die Taliban wurden aus Kabul vertrieben. Auch al-Qaida predigt täglich im Irak den Dschihad gegen die Regierung. Diese hält sich indes hartnäckig.

Dschihad ist ein Zauberwort in Zeiten der Krise. Oft mit "Heiliger Krieg" übersetzt, zeitigt dieses Wort im Westen eine enorme psychologische Wirkung. Dschihad, so scheint es, ist mächtig und bedrohlich. Ein fanatisch-mystisches Konstrukt, das angst macht. Tatsächlich schreibt man hierzulande dem Begriff des Dschihad eine Bedeutung zu, der die reale im muslimischen Leben weit nachsteht. Noch nie hat sich Dschihad als Leitmotiv für erfolgreiche politische Bewegungen und Ideen geeignet. So wird es wohl bleiben.


Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT am SONNTAG vom 09.10.2005 zu Ende.

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ISLAM IN DEUTSCHLAND

Kopftuch statt Popkarriere

Für ihren Glauben gab sie ihr Leben als Musikerin auf. Hülya Kandemir unterwirft sich den strengen Regeln des Islam - freiwillig. Und bricht damit nicht nur Klischees, sondern irritiert auch ihre Familie

Es gibt Dinge, die erscheinen einem selbst so klar und sind doch schwer zu vermitteln. Die junge Frau, die auf dem roten Sofa in einer Münchner Altbauwohnung sitzt, ringt um Worte. Sie ist ganz in Weiß gekleidet, ein enganliegendes weißes Tuch und ein transparenter Schleier bedecken ihren Kopf. Sie sagt: "Ich kann das Unverständnis gut verstehen."

Hülya Kandemir kennt das Mitleid in den Augen der Frauen, die ihr Kopftuch anstarren. Das Befremden ihrer männlichen Freunde darüber, daß sie sie nun nicht mehr spontan zu Hause besuchen dürfen. Genauso hat sie selbst früher reagiert, wenn sie Frauen begegnete, die freiwillig streng muslimisch lebten. Es ist das Unverständnis gegenüber Menschen, die ihren Glauben mit absoluter Konsequenz leben. Hülya Kandemir hat immer konsequent gelebt. Nur lange ein sehr anderes Leben.

Bis vor zwei Jahren hatte die 30jährige Deutsch-Türkin es der Musik gewidmet. Sie galt als begabte Singer-Songwriterin, trug Rastalocken, sang selbstgeschriebene Rockballaden in Clubs und spielte im Vorprogramm von Joan Baez, Sheryl Crowe und Bonnie Tyler. Ein Produzent wollte sie in der Türkei groß herausbringen, ein Videoclip war geplant, ein Plattenvertrag lag auf dem Tisch.


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KATHOLISCHE KIRCHE

Debatte über die Bedeutung der Eucharistie

Die Bischofssynode diskutiert im Vatikan Grundsätze des katholischen Glaubens - Benedikt XVI: Toleranz ist Heuchelei

von Paul Badde

Rom - Es gehört zu den vielen Hinterlassenschaften von Johannes Paul II., daß es ihm gelungen ist, ein so hochkomplexes Thema wie das katholische Verständnis der Eucharistie zum wohl erstenmal in der Geschichte in die Nachrichten der säkularen Weltpresse befördert zu haben. Nach der Enzyklika über die Eucharistie 2003 und seinem letzten Schreiben "Mane nobiscum Domine" (Bleibe bei uns, Herr!) hat er am Schluß seines Lebens mit letzter Kraft auch noch ein "eucharistisches Jahr" ausgerufen, das erst jetzt zu Ende geht. Die Bischofssynode, die dieses Jahr nun mit gemeinsamen Beratungen über die Eucharistie offiziell im Vatikan abschließen wird, wurde ebenfalls noch von Johannes Paul II. einberufen.

Es gibt viele Krisenpunkte, die von Benedikt XVI. bis zum 23. Oktober in dieser Versammlung mit 256 Bischöfen aus 118 Ländern, 32 Experten, 27 Leitern verschiedener kirchlicher Organisationen und einem Dutzend ökumenischer Gäste zu beraten und besprechen sein werden. Der Priestermangel und ein mögliches rigoroses Verbot Roms von Homosexuellen zur Priesterweihe, die würdige und rechte Liturgie der Gottesdienste, die Öffnung zu Abendmahlsgemeinschaften mit Protestanten oder die Zulassung Geschiedener zur Eucharistie sind nur einige dieser Fragen.


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EUROPA

Die Türken vor Wien

Die "Europäisierung" der Türkei ist nicht nur von außen erschwert worden. Je demokratischer das Land wird, desto islamischer / Von Christopher Caldwell

von Christopher Caldwell

Lange vor der aktuellen Auseinandersetzung um EU-Verhandlungen mit der Türkei war die "Europäisierung" des Landes gefährdet, von innen und von außen. Französische und niederländische Wähler lehnten den Verfassungsentwurf der EU unter anderem mit dem Hinweis auf Bedenken wegen der Einwanderung ab. Eine Umfrage von Eurobarometer zeigte, daß sich nur 35 Prozent der Europäer für einen Beitritt der Türkei aussprechen. Deshalb suchen europäische Politiker jetzt nach einem gesichtswahrenden Weg, die Türkei am Altar sitzen zu lassen. Angela Merkel bietet ihnen eine "Privilegierte Partnerschaft" an. Es ist kaum anzunehmen, daß die Türken dies als eine ausreichende Belohnung für die Selbsterniedrigung betrachten werden. Vor einigen Wochen hat der türkische Außenminister Gul dem "Economist" gesagt: "Wenn sie uns irgend etwas geringeres als eine Vollmitgliedschaft oder irgendwelche anderen neuen Bedingungen vorschlagen, werden wir aufstehen und gehen, und diesmal für immer."

Aber wohin würde die Türkei gehen?


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NATUR

Die Sonne gerät aus dem Takt

Unser Zentralstern tobt. Dabei soll jetzt eigentlich eine Phase geringster Aktivität beginnen

Am östlichen Rand der Sonnenscheibe erscheint ein riesiger Fleck, und schon kurze Zeit später explodiert er. Einer der hellsten je auf der Sonne registrierten Röntgenblitze leuchtet auf. In den folgenden Tagen explodiert derselbe Fleck noch achtmal, schleudert Sonnenstürme und Licht aller Wellenlängen ins All. Das alles geschah in der ersten Septemberwoche dieses Jahres.

Die Sonne tut einfach nicht, was wir von ihr erwarten. Nach dem bekannten elfjährigen Sonnenzyklus steht im kommenden Jahr ein Minimum an Aktivität bevor, wir sollten also eine ruhigere Sonne erwarten. Doch unser Zentralstern tobt zur Zeit wie ein bockiges Kind. Die Wissenschaftler messen die Aktivität der Sonne bisher anhand der beobachtbaren Sonnenflecken: Viele Flecken bedeuten, daß die Sonne sehr rege ist. Wenige Flecken deuten auf eine niedrige Aktivität hin.

Wie erwartet ging die Zahl der Flecken seit Ende 2000, dem Zeitpunkt des letzten Maximums, zurück. Dennoch blieb die Sonne überaus aktiv. Es gab überraschend viele Sonnenstürme und Strahlungsausbrüche. Und das kurz vor einem klassischen Minimum. "Die momentane Aktivität ist wirklich bemerkenswert", sagt David Hathaway, Sonnenphysiker am Space Science and Technology Center in Huntsville, Alabama.


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