Aktuell Januar 2005
GESELLSCHAFT
Deutschland braucht Liebe
Zuwenig Ehen, zu viele Scheidungen, keine Treue - staatliche Familienpolitik wird das Problem der Kinderlosigkeit nicht lösen, sagt der Bevölkerungswissenschaftler Herwig Birg
von Joachim Peter
DIE WELT: Herr Birg, Deutschland hat eine Geburtenrate von 1,3 Kindern pro Frau. Warum bekommen wir so wenige Kinder?
Herwig Birg: Die Gründe dafür sind in unserem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem zu finden. Die Marktwirtschaft verlangt von der Gesellschaft hohe Anpassungsfähigkeit, Mobilität und Flexibilität. Nur dann können wir mit einer hohen Produktivität und hohen Einkommen rechnen. Dadurch fehlt vielen aber die Möglichkeit, die mobilitätshemmenden Entscheidungen zu treffen: Eine frühe und vor allem lange Bindung an einen Partner und frühe Elternschaft. Diese Umstände führen dazu, daß wir nicht nur eine der weltweit niedrigsten Geburtenraten, sondern auch eine der niedrigsten Eheschließungsraten und höchsten Scheidungsraten haben.
DIE WELT: Ist die Ökonomie also verantwortlich?
Birg: Die Erwerbswelt hat immer Priorität. Sie können nicht einfach sagen, jetzt setze ich mal für fünf Jahre aus, um meine Kinder zu erziehen. Das wäre ein Ausstieg für immer und folglich eine Bedrohung der eigenen Existenz.
DIE WELT: Spielt die Liebe nur noch eine untergeordnete Rolle?
Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 31.01.2004 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de
GESELLSCHAFT
Europa muß multikulturell sein
Israel Singer ist Vorsitzender des Jüdischen Weltkongresses. Er warnt die Juden Europas davor, die Intoleranz gegenüber Muslimen zu dulden
von Israel Singer
Die größte Herausforderung für die Juden Europas besteht heute darin, den Dialog mit Christen und Muslimen zu verstärken. Es ist nicht die jüdische Art, aufzutrumpfen und sich über andere zu erheben. Juden passen sich ihrer Umgebung an und suchen den Dialog mit der Mehrheit und mit anderen Minderheiten. Und der Lackmustest einer Demokratie besteht nicht darin, daß sich die Mehrheit wohlfühlt, sondern darin, daß sich die Minderheiten wohlfühlen. Deutschland ist dabei ein Testfall für Westeuropa. Hier wohnen viele Muslime, und zugleich wächst die jüdische Gemeinde in Deutschland schneller als jede andere auf der ganzen Welt.
Rassisten wollen der Mehrheitsgesellschaft einreden, ihre Feindschaft gegen Muslime habe mit deren Judenfeindschaft zu tun. Die Gesellschaft sollte nicht so unreif sein, ihnen zu glauben. Vor allem die Juden sollten nicht so töricht sein, Rassisten zu unterstützen, bloß weil sie jetzt Muslime angreifen. Der "neue Antisemitismus" der muslimischen Einwanderer ist eine Randerscheinung. Sicher hat der Konflikt im Nahen Osten Auswirkungen auf Europa. Das hat aber weniger mit dem Problem an sich zu tun als mit der unverantwortlichen Haltung eines Teils der europäischen Presse, der völlig überzogene Kritik an Israel übt.
Dabei hätte sie jetzt weniger Grund als je zuvor, die israelische Regierung zu kritisieren, da die Koalition unter Ariel Scharon mehr riskiert als jede andere Regierung in der Geschichte Israels. Aber es gehört zur Logik der alten Rechten und der neuen Linken, eine Minderheit gegen die andere auszuspielen und gegeneinander aufzustacheln. Die Behauptung, die Politik Israels schaffe einen "neuen Antisemitismus" unter den Einwanderern, gehört zu diesem Spiel. Ja sie ist geradezu eine Wunschphantasie.
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 30.01.2005 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de
BEDROHUNG
Die Bombe der Muslime
Atomwaffen für den Krieg gegen den Westen entstehen nicht in Iran: Pakistans Nuklearprogramm ist viel gefährlicher - auch ideologisch
von Bruno Schirra
Generalmajor Saheer Al Islam Abbassi ist ein ausgesprochen liebenswürdiger Mann. Einer, der leise Töne bevorzugt. Auch wenn er über die Vorzüge des nuklearen Holocaust spricht. Und darüber, "daß die Gemeinschaft der wahren Muslime natürlich in den Besitz der Atombombe kommen muß. Denn die Muslime sind im Krieg. Mit euch. Dem Westen."
"Pakistan hätte schon längst seine Atomwaffen gegen Indien einsetzen müssen. Dann wäre das Kaschmir-Problem gelöst", erklärt der pensionierte Generalmajor gelassen und fährt fort. "Über kurz oder lang werden die wahren Muslime im Besitz der Bombe sein. Und sie einsetzen."
Wer die wahren Muslime sind, diese Frage beantwortet Abbassi in seinem Haus in Rawalpindi, während er zuvorkommend Tee serviert. "Osama Bin Laden ist eine Leuchte der Muslime, ein Vorbild des Glaubens, ein Führer in unserem Verteidigungskrieg."
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 30.01.2005 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de
USA
Wer sich in Amerika nicht rührt, wird überrollt
Die USA sind frei, egoistisch und so egalitär wie eine deutsche Dorffeuerwehr - Impressionen eines Neulings in der Neuen Welt
von Torsten Krauel
Washington - Die Lernphase im amerikanischen Alltag beginnt unauffällig: Das neue Telefon klingelt. Geheimnummer, zwei Tage schwieg es. "Hi!! This is Joe with the Credit Union ..." Trainierte, singende Stimme. Der Gesang schwillt binnen Tagen zum brüllenden Chor. Von mittags bis frühabends löst ein Anruf den nächsten ab. Oft sind es nur Bandansagen. Mit fingierter Rufkennung: 111-111-111. Oder einer Vorwahl, die nicht existiert. Beliebt ist der Trick, als angeblich fehlverbundener Privatanrufer die Reaktion des Angerufenen zu testen. Ist die Begrüßung freundlich, wird ein Werbegespräch angezettelt.
Wie fand die Geheimnummer den Weg zu Marketing-Haien? Achselzucken, Verweis auf chinesische Computerbanken. Rettung bringt der Eintrag ins National No-Call-Register. Das ist eine segensreiche Erfindung: Wer solche Nummern zu Werbezwecken anruft, muß mit empfindlichen Strafen rechnen. Monate später lassen die Anrufe nach. Was lernt man? Wer sich in Amerika nicht rührt, wird überrollt.
Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 28.01.2004 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de
TÜRKEI & KURDEN
Das Militär in Ankara droht mit einer Invasion Iraks
Türkei sieht Erfolg der Kurden bei der Wahl als hinreichenden Kriegsgrund - Regierung bestätigt Ankündigung der Armee
von Boris Kalnoky
Istanbul - In einer massiven Warnung an die Kurden des Irak und an die USA haben der türkische Ministerpräsident Erdogan, der stellvertretende türkische Generalstabschef Ilker Basbug sowie Außenminister Abdullah Gül vor einem möglichen Krieg im Norden des Irak gewarnt, in welchem Fall die Türkei intervenieren müßte.
Hintergrund ist die Entscheidung der irakischen Führung, den unter Saddam Hussein vertriebenen Kurden aus Kirkuk bei den Wahlen am 30. Januar das Stimmrecht für die gleichzeitig stattfindenden Lokalwahlen zu geben. Das wird den Kurden wahrscheinlich die politische Macht in Kirkuk bringen, nach den Wahlen einen kurdischen Vorstoß ermutigen, Kirkuk in das autonome kurdische Gebiet einzugliedern, und jene Kurden ermuntern, die Kirkuk als künftige Hauptstadt eines unabhängigen Staates Kurdistan sehen. Zentral ist bei alldem der Ölreichtum der Region. Das Öl würde einen kurdischen Staat lebensfähig machen. Die Türkei, in der 15 Millionen Kurden leben, sieht in dieser Perspektive eine akute Bedrohung ihrer nationalen Sicherheit.
Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 28.01.2004 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de
ZUKUNFT
Europa sollte Partner der Bush-Revolution sein
von Alan Posener
Die Inauguralansprache des Präsidenten war kurz. Amerika müsse Gottes Werk auf Erden fortzuführen, die Menschenrechte weltweit verwirklichen, die ja ein Geschenk des Allmächtigen an alle Menschen seien. Die Nation werde "jeden Preis zahlen, jede Bürde tragen, jede Härte auf sich nehmen, jeden Freund unterstützen, jeden Feind bekämpfen, um das Überleben und den Sieg der Freiheit zu sichern". Kritiker bezeichneten die Rede als Blaupause für eine imperiale Präsidentschaft; doch viele Unterdrückte sahen in John F. Kennedys Worten an jenem 20. Januar 1961 das Versprechen, Amerika werde sich wieder seiner revolutionären Wurzeln entsinnen.
44 Jahre später hat George W. Bush seine Inauguraladresse bewußt in diese Tradition gestellt. Die vergangenen vier Jahrzehnte hätten "den schnellsten Fortschritt der Freiheit seit Menschengedenken" gebracht. Die Politik der USA bestehe darin, "das Wachsen demokratischer Bewegungen und Institutionen in jeder Nation und Kultur zu fordern und zu fördern, mit dem Endziel der Beendigung der Tyrannei in der Welt". Im Vergleich zu Bush wirkt Kennedy freilich halbherzig: Seine außenpolitischen Interventionen in Kuba und Vietnam waren unentschlossen; innenpolitisch wurde ihm das Gesetz des Handelns von der Bürgerrechtsbewegung diktiert.
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 23.01.2005 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de
FLUT & WUNDER
Reimender Kardinal
Gott und die Welt
von Heimo Schwilk
Angesichts noch immer steigender Opferzahlen gerät eine unerhörte Begebenheit in Vergessenheit, die erst Tage nach der tödlichen Flutwelle im Indischen Ozean bekannt wurde. An der Nordostküste Sri Lankas habe sich, so berichten Überlebende, ein "Wunder" ereignet, durch das mehr als tausend Menschen verschont geblieben sind. Abweichend von den lokalen Festgebräuchen hatte der katholische Priester einer Küstengemeinde die Gläubigen auf eine Prozession mitgenommen, die weit ins Landesinnere führte. Gebete verzögerten die Rückkehr, so daß die Pilger vor der Todesflut gerettet wurden. Die Ankunft am verwüsteten Strand muß man sich als doppelten Schock vorstellen: als freudige Erleichterung, davongekommen zu sein, aber auch als eisigen Schreck angesichts des Todes und der Zerstörung. Darf man sich solch ein Ereignis als souveränen Eingriff Gottes vorstellen, wie sich der überlieferte Glaube ein Wunder vorstellt? Oder handelt es sich hier nur um einen glücklichen Zufall im durch und durch gleichgültigen Spiel des Schicksals?
Das I. Vatikanum von 1870 hat die Möglichkeit eines Wunders als offizielle Glaubenslehre verkündet und darauf verwiesen, daß sich im Wunder vor allem die Glaubensstärke dessen beweist, dem es sichtbar geworden ist. Wunder erfahren heißt also, für das Wunder bereit sein - eine Haltung, die aus dem Zufall eine Fügung macht. Der katholische Priester, der seine Schäfchen aus einer "Eingebung" heraus auf den rettenden Berg geführt hatte, sah in dem Ereignis tatsächlich ein Zeichen, noch mehr am Glauben festzuhalten.
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 23.01.2005 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de
NIEDERLANDEN
"Religion gehört nicht in die Politik"
von Jan Kanter
Den Haag - Fadime Örgü ist türkischstämmige Abgeordnete der niederländischen Regierungspartei VVD. Mit ihr sprach Jan Kanter über die Ratlosigkeit der niederländischen Politik, extremistischen Formen der Auseinandersetzung zu begegnen.
DIE WELT: Stellen Sie nach dem Mord an Theo van Gogh einen Wandel im öffentlichen Leben der Niederlande fest?
Fadime Örgü: Für die Niederlande ist die Situation nicht neu. Wir haben eine veränderte Stimmung bereits Ende 2001 bemerkt. Nach dem Mord an Pim Fortuyn im Mai 2002 haben wir allerdings noch gedacht, daß das ein Einzelfall war. Jetzt müssen wir feststellen, daß der Terror auch bei uns angekommen ist. Den größten Wandel im gesellschaftlichen Klima hat aber wohl der Anschlag vom 11. September 2001 ausgelöst.
DIE WELT: Haben die Politiker den Kontakt zur Bevölkerung verloren? Schlägt die Stunde der Extreme?
Örgü: Seit 2002 können die Parteien nicht mehr vorhersagen, wie sich der Wähler verhält. Die etablierten Parteien werden sich mit der neuen Situation auseinandersetzen und verändern müssen. Noch sind wir auf der Suche nach Antworten. Das Problem ist, daß immer mehr Menschen Politiker wollen, die sofort Antworten wissen. Die Wähler sind verwöhnt, die Eigenverantwortlichkeit der Bürger sinkt, die Erwartungshaltung - verstärkt durch die Medien - steigt.
DIE WELT: Sind die Bürger schuld?
Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 21.01.2004 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de
KIRCHE
Die Päpste und die Juden
von Lord Weidenfeld
Daß Papst Johannes Paul II. an seinem Lebensabend Gedanken über die großen Strömungen des 20. Jahrhunderts, vor allem den Kommunismus und Nationalsozialismus, zu Papier bringen will, verspricht eine interessante Stellungnahme zu einer Zeit zu werden, in der die Bewertung seiner Vorgänger, vor allem Pius' XII., des asketisch verschlossenen Eugenio Pacelli, und Johannes' XXIII., des Bauernsohns Giuseppe Roncalli, erneut Gesprächsstoff wird. Jüngst gefundene Dokumente werfen düstere Schatten auf die Rolle der Päpste im Zeitalter der Diktatoren und deren Haltung zur Judenfrage. Als Roncalli noch Nuntius in Paris vor dem Zweiten Weltkrieg war, distanzierte er sich vom republikanischen Frankreich. Für ihn bedeutete das "neue Deutschland" eine Gemeinde von "wachsamen und starken Männern, die ihren Sieg über eine erschöpfte französische Demokratie völlig verdienten".
Als nach dem Krieg überlebende Eltern von jüdischen Kindern, die in Klöstern oder von katholischen Eltern versteckt worden waren, um deren Rückgabe baten, wurde ihnen vielfach die Tür gewiesen. In einer Direktive, die mit Wissen von Papst Pius XII. an den Nuntius Roncalli gesandt wurde, durfte man nur jene Kinder zurückgeben, die ungetauft geblieben waren. Rückgabe der Getauften sollte verweigert werden. Roncalli hatte damals nicht protestiert. Später, als Papst, erkannte er den Juden als den "älteren Bruder der Kirche" an. Er war es, der das Zweite Vatikanische Konzil im Jahre 1962 eröffnete und damit weitgehende Reformen einleitete.
Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 20.01.2004 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de
DEUTSCHLAND
Zahl der unehelichen Kinder gestiegen
Seit der rechtlichen Gleichstellung von unehelichen Kindern heiraten immer weniger Eltern. In Ostdeutschland werden mehr als die Hälfte der Kinder unehelich geboren.
Die Zahl der unehelich geborenen Kinder ist in Deutschland stark gestiegen. Im Jahr 2003 hatten 27 Prozent der Neugeborenen Eltern, die nicht verheiratet waren. Insgesamt waren das 191.000 Kinder. Das teilte das Statistische Bundesamt mit.
Fünf Jahre vorher waren es 20 Prozent weniger gewesen.
Als Grund nannte das Statistische Bundesamt das neue Kindschaftsrecht, das es seit 1998 gibt. Mit dem neuen Gesetz ist es möglich, dass Eltern das gemeinsame Sorgerecht für ihre Kinder haben, auch wenn sie nicht verheiratet sind. Damit gibt es, was das Verhältnis zum Kind angeht, keinen Unterschied mehr zwischen diesen Eltern und verheirateten Eltern.
Lesen Sie hier den Beitrag aus der NETZEITUNG vom 18.01.2005 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion derNETZEITUNG. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.netzeitung.de
IRAK
Katholischer Erzbischof in Mossul entführt
Der katholische Erzbischof der nordirakischen Stadt Mossul ist heute vor seiner Kirche entführt worden. Die bewaffneten Kidnapper zwangen den Geistlichen ins Auto und fuhren davon, wie ein Priester berichtete.
Rom/Bagdad - Nach Angaben des Vatikans handelt es sich bei dem Opfer um den 66-jährigen Basile Georges Casmoussa von der syrisch-katholischen Kirche. In einer Erklärung verurteilte der Vatikan die Entführung als "terroristischen Akt" und forderte die sofortige Freilassung des Kirchenmannes.
Lesen Sie hier den Beitrag aus der SPIEGEL-Online vom 17.01.2005 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und des Verlages des SPIEGEL. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.spiegel.de
HINTERGRUND
Revolutionärer Geist Amerikas
Jeff Bergner verteidigt Präsident Bush, dessen zweite Amtseinführung an diesem Donnerstag stattfinden wird, gegen den Vorwurf des Fanatismus
von Jeff Bergner
Diderot, der französische Philosoph des 18. Jahrhunderts, nannte Amerika einen "Zufluchtsort vor Fanatismus und Tyrannei". Viele meiner europäischen Freunde halten mein Land zur Zeit auch für ein Asyl, aber anscheinend in seiner zweiten Wortbedeutung, im Sinne von "Irrenhaus". Sie meinen innenpolitisch Anzeichen eines Fanatismus beobachten zu können sowie gegenüber dem Rest der Welt eine arrogante, wenn nicht gar tyrannische Haltung. George W. Bushs deutlicher Sieg bei seiner Wiederwahl könnte viele Europäer in dieser Meinung noch bestärken.
Solche Befürchtungen sind unangebracht. Erstens sind die USA kein fanatisches Land geworden, weder religiös noch sonst irgendwie. Sicherlich neigen Amerikaner zu starken religiösen Überzeugungen, und diese kommen in vielen verschiedenen Glaubensrichtungen zum Ausdruck. Dennoch haben sie nicht von ihrer festen Überzeugung gelassen, sowohl der Religion als auch der Regierung sei besser gedient, wenn man sie voneinander trennt. Die Vielzahl religiöser Überzeugungen äußert sich weiterhin in Form einer tief verwurzelten Toleranz der Amerikaner jeglicher politischer Couleur.
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 16.01.2005 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de
RELIGION
Das Image des Islam und seine Designer
Wissenschaftler prägen unser Bild von den Muslimen und ihrer Religion. Aber welche Werte und Interessen bestimmen eigentlich das Islam-Bild dieser Experten?
Kürzlich rief eine Zeitungsredakteurin bei Ali Kizilkaya an, dem Vorsitzenden des Islamrats. Sie habe gehört, islamische Religionslehrer in Berlin lehrten, für Muslime gebe es "Glaubensgeschwister" und "Menschengeschwister" - ob das nicht faschistisch sei? Kizilkaya stutzte, schließlich ist diese Unterscheidung Juden, Christen und Muslimen gemein. Als er ver- neinte, zog die Jour- nalistin ihren Trumpf: "Ich kenne einen Islam-Experten, der gibt mir recht." Der Moslem stutzte wieder, dann zog er seine höchste Karte: "Und ich kenne Experten, die mir zustimmen."
Noch nie wurden Islam-Kenner so sehr im Alltag gebraucht und benutzt wie heute. Politiker, Moslemlobbyisten, Verfassungsschützer und Medien - alle greifen sie auf eine immer größere Zahl von Experten zurück. Permanent prägen diese Fachleute im Fernsehen, in parlamentarischen Anhörungen oder mit ihren Bestsellern unser Bild einer Weltreligion. Aber was prägt die Experten? Was hoffen und fürchten die Kritiker und Fürsprecher des Islam?
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 16.01.2005 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de
CHRISTEN & MUSLIME
Dialog
von Gernot Facius
Christen schulden den hier lebenden Muslimen Respekt und Achtung, darüber kann es keine Diskussion geben. Die Angehörigen der fremden Religion vor einem Generalverdacht in Schutz zu nehmen sollte selbstverständlich sein. Respekt und Achtung schließen aber Fragen nicht aus: Meinen es die islamischen Verbände ehrlich, wenn sie "gemeinsame Werte" beschwören, oder dient ihnen das Grundgesetz nur als Basis für die sukzessive Durchsetzung islamischer Wertvorstellungen? Angesichts solcher Fragen war es richtig, daß der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber das Gespräch mit Spitzenvertretern moslemischer Organisationen aufgenommen hat.
Ein tabuloser Dialog war das erste Treffen in Berlin noch nicht. Eher ein Austausch von Nettigkeiten nach einer Phase gegenseitigen Belauerns.
Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 12.01.2004 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de
ZIVILISATION
Münchener Rück warnt vor Katastrophen in Millionenstädten
München (AP) Die Münchener Rückversicherung hat vor der zunehmenden Katastrophengefahr für Millionenstädte gewarnt und mehr Vorbeugung gefordert. Mit Blick auf die Flutkatastrophe in Südostasien sagte Vorstandsmitglied Stefan Heyd am Dienstag: «Nicht immer werden solche Katastrophen große Städte aussparen.» Vor allem Tokio und Los Angeles seien sowohl durch Erdbeben, Wirbelstürme und Überschwemmungen stark gefährdet.
Der Tsunami in Südostasien habe die weltgrößte Rückversicherung mit «unter 100 Millionen Euro belastet», sagte Heyd. Ein schweres Erdbeben in Tokio oder San Francisco dagegen würde die Münchener Rück jeweils 2,5 bis 3 Milliarden Euro kosten. Der globale Trend zu immer mehr und immer größeren Millionenstädten sei gefährlich: «Megastädte bedeuten Megarisiken», sagte Heyd. Solche Ballungsräume seien nicht nur durch Naturkatastrophen, sondern auch durch Industrieunfälle, Flugzeugabstürze, Epidemien und Terrorismus weit höher gefährdet. Bei der Städteplanung und Standortentscheidungen müsse das künftig stärker berücksichtigt werden.
Lesen Sie hier den Beitrag aus YAHOO vom 11.01.2004 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion des YAHOO - www.yahoo.de
GESELLSCHAFT
Religion darf nicht witzlos sein
von Hannes Stein
Kein Zweifel, der Mann war verrückt. Felsenfest glaubte er, der Gott der Juden und Christen habe ihm durch Engel seinen Willen offenbart - so rein und unbefleckt, wie er einst im Himmel aufgeschrieben worden war. Darum verbot er seinen Anhängern den Genuß von Alkohol, erlaubte ihnen jedoch die Vielehe.
Selbstverständlich war er überzeugt, seine Privatoffenbarung sei vollkommen und hebe alle vorangegangenen Offenbarungen auf. Ich rede von Joseph Smith, dem Begründer des Mormonismus in Amerika.
Warum sind Sie jetzt erleichtert? Warum darf ich mich so geringschätzig über die Mormonen äußern, obwohl keiner ihrer Prediger jemals dazu aufgerufen hat, die Ungläubigen zu schlachten - und wieso gelten andererseits Scherze über jenen Kaufmann aus Mekka und seine Anhängerschaft als unstatthaft? Folgender Satz ist in Ordnung: Wer sich, wie Joseph Smith, seine religiösen Einsichten von einem Engel namens "Moroni" diktieren läßt, sollte umgehend einen Psychiater aufsuchen. Schließlich ist "moron" das englische Wort für "Vollidiot". Aber übertragen Sie das jetzt mal auf den Koran, und Sie werden schon sehen, wo Sie landen. Eugen Drewermann darf behaupten, das Christentum habe "aufgrund seiner spezifisch semitischen, jüdischen Geistesart" einen "außerordentlich gewalttätigen Charakter", das geht okay. Aber wenn ich schreibe: "Mohammed hatte einen totalitären Gottesbegriff", dann bin ich ein islamophober Rassist.
Achtung, jetzt kommt ein Witz: Wie viele Christen braucht man, um eine Glühbirne auszuwechseln?
Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 11.01.2004 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de
FLUTKATASTROPHE
Supersinn der Elefanten
Überraschend viele Tiere überlebten die Flutwelle in Asien. Forscher rätseln, wodurch sie gewarnt wurden
von Rolf H. Latusseck
Mitten in der Nacht wird der Hund unruhig. Er weckt die Familie und rettet sie vor dem Feuertod im brennenden Haus. Die Katze der Rentnerin läuft aufgeschreckt aus der Küche in den Garten hinaus. Die Frau folgt ihr, und Minuten später läßt ein Erdbeben das Haus zusammenfallen. Solche und ähnliche Berichte tauchen immer wieder auf und schüren den Glauben an einen sechsten Sinn der Tiere. Jüngstes Beispiel ist die Flutkatastrophe an den Küsten des Indischen Ozeans: Tiere, so wird gemeldet, seien im Gegensatz zu Menschen kaum irgendwo umgekommen.
Tatsächlich besitzen einige Tiere mehr als die uns Menschen eigenen fünf Sinne Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken. Nicht nur Zugvögel, auch eine Reihe von Bakterien besitzt zusätzlich einen Sinn für Magnetfelder. Mit seiner Hilfe orientieren sich die Vögel auf ihren Wanderungen bei Nacht; Bakterien verkriechen sich im Schlamm. Bienen kehren bei einem drohenden Gewitter scharenweise in ihren Stock zurück. Sie spüren die Störungen des elektromagnetischen Feldes, das einem Unwetter vorausgeht. Die berühmten Wetterfrösche können vermutlich unterschiedlichen Luftdruck fühlen. Haie und andere Knorpelfische besitzen Lorenzinische Ampullen, die der Wahrnehmung von Elektrizität dienen; so spüren sie zielsicher Beute auf. Auch das Schnabeltier, als einziges Säugetier der Welt, hat einen Sinn für Elektrizität.
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 09.01.2005 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de
RELIGION
Muslime fordern ihren Platz in Europa
Die islamische Bevölkerung wächst, der Islam erstarkt. Wie wird sich der Kontinent verändern? Vorabdruck aus einem provokanten Sachbuch
von Günther Lachmann
Die Hoffnung auf ein besseres Leben ist größer als die Angst vor dem Ertrinken. Sie fliehen in überladenen, rostigen, bis zu 14 Meter langen Booten; zusammengepfercht wie Vieh. Die meisten haben Schlepperbanden viel Geld gezahlt, um von Libyen aus illegal nach Europa überzusetzen. Die Menschen fliehen vor politischer Verfolgung und der Armut in ihren Heimatländern. Unbestätigte Berichte sprechen von zwei Millionen Menschen, die in Nordafrika auf eine Überfahrt warten.
Und der schwedische Generalkonsul in Istanbul, Ingmar Karlsson, prophezeit einen immens wachsenden Immigrationsdruck. "In 30 Jahren werden in Europas unmittelbarer Nachbarschaft bis zu einer halben Milliarde Menschen leben. Der Maghreb, also Marokko, Algerien und Tunesien, wird 2010 doppelt so viele Einwohner wie Frankreich haben. 2025 wird die Bevölkerungsmenge in Ägypten über 100 Millionen Menschen betragen, und diese sollen auf einer bewohnbaren Fläche Platz finden, die so groß ist wie die Schweiz. Die Türkei könnte dann eventuell doppelt so viele Einwohner zählen wie Deutschland, wo bereits drei Millionen Türken einen Brückenkopf errichtet haben, während in dessen Nachbarstaat Frankreich drei Millionen Nordafrikaner leben."
Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung errechnete, daß Europas Anteil an der Weltbevölkerung bis um Jahr 2050 von heute 13 auf nur noch fünf Prozent sinken wird. Der Anteil Afrikas verdoppelt sich im gleichen Zeitraum von zwölf auf 24 Prozent. Der Schwede Karlsson geht davon aus, daß in 30 Jahren bis zu 65 Millionen Araber in Europa leben könnten.
Die große Frage wird sein, wie alle diese Menschen auf dem alten Kontinent leben werden.
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 09.01.2005 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de
ENGLAND
Im Namen des Herrn
Warum an einer christlichen Schule geprügelt werden soll
Von Anita Blasberg
Philip Williamson sitzt in seinem Schulleiterbüro und wartet; darauf, dass er Recht bekommt, darauf, dass das Oberhaus ihm Recht gibt.
In seinem Büro liegen ein überdimensionales Lineal und ein Lederriemen. Am Schreibtisch lehnt ein Holzpaddel, zwei Fuß lang und vier Inches breit. Das Lineal: für Kinder unter zehn Jahre, für Schläge auf Hände und Beine. Der Lederriemen: für Mädchen über zehn Jahre, für Schläge auf die Handflächen. Das Holzpaddel: für Jungen über zehn Jahre, für Schläge auf Rücken und Hintern. Diese Schläge sind nur auszuführen von ihm, Direktor Williamson persönlich, und nur in seinem Büro.
Philip Williamson, 61, klein und kerzengerade aufgerichtet, trägt seine Haare sorgfältig über die Glatze gekämmt. Er ist Leiter der "Christian Fellowship School", am Stadtrand von Liverpool gelegen, im Erdgeschoss vergitterte Fenster, ein zwei Meter hoher Zaun ringsherum. In der Eingangshalle hängen handgemalte Plakate: "Wir respektieren die gottgegebene Autorität unserer Lehrer. Wir helfen unserer Schule, eine Gabe für Gott zu sein."
Lesen Sie hier den Beitrag aus der SPIEGEL-Online vom 05.01.2005 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und des Verlages des SPIEGEL. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.spiegel.de
THEODIZEE
Flutwellen des Zweifels
Wenn Gott Gott ist, ist er nicht gut, wenn er gut ist, ist er nicht Gott
von David B. Hart
Am 1. November 1755 erschütterte ein schweres Erdbeben die Küste vor Lissabon. Allein in der portugiesischen Hauptstadt kamen durch die Erdstöße und den eine halbe Stunde danach hereinbrechenden Tsunami rund 60 000 Menschen ums Leben. Vieles von dem, was von der Metropole übriggeblieben war, verging anschließend in Feuern.
Voltaires ein Jahr nach der Katastrophe veröffentlichtes Gedicht "Poème sur le désastre de Lisbonne" war auf herrlich rohe und gleichzeitig nüchterne Weise ein Angriff auf die in der damaligen Zeit vorherrschenden Theodizeen (also der Verteidigungen Gottes angesichts des Übels in der Welt). Voltaires Zorn auf all jene, die sagten, "alles ist gut, alles ist notwendig" und argumentierten, daß das Universum eine fein austarierte Harmonie von Schmerz und Freude sei, kannte keine Grenzen: Welchem Kalkül des universell Guten kann man das Leid von Kindern zuschreiben, "die an der Mutterbrust zerquetscht werden", das Leid der "Unglücklichen, die vor verlassenen Gestaden krepieren", kurzum das ganze "fatale Chaos des individuellen Elends", fragte Voltaire.
Aber die vielleicht verstörendste Anklage gegen die Unterwerfung unter "den Willen Gottes" angesichts des menschlichen Leidens - vor allem wenn es um leidende Kinder geht - wurde Ivan Karamazow von Dostojewski in den Mund gelegt: Doch die Übel, welche Ivan aufzählt, sind sämtlich Akte der menschlichen Grausamkeit, für die man zumindest einen klaren Schuldigen ausfindig machen kann. Naturkatastrophen stellen eine viel größere Anfechtung des Vertrauens gläubiger Menschen in einen gerechten und wohlwollenden Gott dar als die Leiden, die aus menschlichem Frevel hervorgehen.
Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 05.01.2004 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de
DIE TODESWELLE
"Die Strafe Gottes"
Die Familie von Syahril aus Banda Aceh hat alles verloren und hält die Flut für ein überirdisches Unglück. Jetzt versucht sie, zum Alltag zurückzukehren
von Roland Brockmann
Abseits der zerstörten Innenstadt, im Schatten des Schreckens, liegt still ein Tennisplatz, von Beben und Flut völlig verschont. Wann wird hier wieder gespielt?
"Vielleicht in einem Monat", sagt Febi Orida (23), "wir erholen uns schnell." Die Antwort der Studentin, die selbst ihr Haus, Verwandte und Freunde durch die Flutwelle verloren hat, mag übertrieben optimistisch klingen an einem Ort, an dem Tausende in Flüchtlingscamps leben und noch immer Tote in Plastiksäcken am Straßenrand liegen. Doch beschreibt sie genau die Stimmung in Banda Aceh am Tag neun nach der Katastrophe, und auch die Mentalität der Menschen, die hier leben. "Am dritten Tag haben wir noch geweint und getrauert, jetzt blicken wir wieder nach vorne", sagt Febi Orida: "Wir haben starke Charakter."
Auch wer in einem der unzähligen Flüchtlingscamps Jammern und Klagen erwartet, wird eines Besseren belehrt. "Wir sind gut versorgt", sagt Syahril (29), der mit seiner Familie unter einem selbstgebauten Dach aus Plastikplanen lebt, nur das Wohnen im Zelt sei auf Dauer vor allem für die Kinder nicht gut. Während seine Frau Eka (27) Gemüse putzt, kocht Schwiegermutter Lasien (51) Reis über einem Kerosinkocher am Eingang des Zeltes. Seine beiden Kinder (2 und 4 Jahre) spielen auf den Bastmatten, und die Schwester seiner Frau ist mit dem Moped in der Stadt unterwegs - immerhin das haben sie retten können. Nur Schwiegervater Mohamad (72) hockt still da - er hatte kurz vor der Flut einen Schlaganfall.
Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 05.01.2004 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de
SCHÖPFUNG vs. EVOLUTION
Sechs Tage statt Millionen Jahre
Kreationistische Wissenschaftler wollen Darwins Lehren widerlegen. In den USA gewinnen sie an Einfluß
von Axel Bojanowski
Das hatte die Kleinstadt Dayton im US-Staat Tennessee noch nicht erlebt. Seit Tagen war in dem verschlafenen Nest kein Quartier mehr zu bekommen. Journalisten aus aller Welt waren angereist, 22 neue Telefon- und Telegrafenverbindungen verlegt worden. Am Freitag, dem 10. Juli 1925, war es dann soweit. Im Gerichtssaal der Stadt kam es zum Duell zwischen zwei Weltanschauungen: der Lehre der "bibeltreuen" Kreationisten und der Evolutionstheorie von Charles Darwin.
Auf der Anklagebank saß ein Lehrer. John Scopes sollte gegen ein Gesetz verstoßen haben, das verbot, den Darwinismus zu unterrichten. Scopes wurde am Ende zwar zur Mindeststrafe von 100 Dollar verurteilt. Aber unterlegen war vor allem die Anklage. Sie hatte sich vor der Weltöffentlichkeit lächerlich gemacht, im Netz ihrer eigenen Argumente verfangen.
Seit dem "Affenprozeß" von Dayton sind fast 80 Jahre vergangen. Aber was wie ein Geschehen aus der Mottenkiste der Geschichte anmutet, gewinnt plötzlich wieder an Aktualität. Denn die Kreationisten, die Anhänger der angeblich reinen Bibellehre, gewinnen wieder an Boden. In den USA ebenso wie in Europa.
Die Kreationisten datieren den Anfang der Welt auf etwa 10 000 Jahre vor heute. Sie bestreiten Darwins Theorie von der Evolution der Arten, den Urknall und viele andere Erkenntnisse der Naturwissenschaften. Nach ihrer Überzeugung erschuf der "Creator", der Schöpfer, die Natur - wortwörtlich so wie es in der Bibel steht.
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 02.01.2005 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de
DEUTSCHLAND
Aus der Traum von der multikulturellen Gesellschaft
Warum Deutschland sich so schwer tut, seine Einwanderer zu integrieren. Vorabdruck aus einem provokanten Sachbuch
von Günther Lachmann
Günther Lachmann, Redakteur der "Welt am Sonntag", veröffentlicht Ende Januar sein Buch "Tödliche Toleranz". Wir drucken Auszüge des Textes in drei Teilen. Lesen Sie heute die erste Folge und kommenden Sonntag die zweite.
Sie kamen nur mit dem Nötigsten. Und das war fast alles, was sie besaßen: ein Hemd, ein paar Socken und Unterwäsche zum Wechseln. Keiner von den ersten türkischen Gastarbeitern ahnte, auf was er sich einlassen würde.
Zwar hatte die Bundesrepublik zu Beginn der sechziger Jahre Außenstellen der Bundesanstalt für Arbeit in der Türkei eingerichtet. Doch selbst wenn man ihnen dort alles korrekt übersetzte, wie hätten sie sich ein boomendes Industrieland vorstellen sollen?
Folglich war den Türken die kulturelle Dimension ihrer Entscheidung nicht bewußt. Niemand hatte sie gelehrt, sich in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft zurechtzufinden. Und in Deutschland machte sich niemand Gedanken darüber, wie eine wachsende Gruppe größtenteils ungebildeter Arbeiter in diesem hochindustrialisierten und aus einem christlich-demokratischen Grundverständnis heraus regierten Land leben sollte. Auf beiden Seiten, bei den Gastarbeitern wie bei den Deutschen, bestanden also die denkbar schlechtesten Voraussetzungen für ein gedeihliches Zusammenleben.
In Deutschland angekommen, wurden die Arbeitskräfte in Sammelunterkünfte gesteckt, die den zweifelhaften Charme von Flüchtlingslagern hatten. Einige waren gar mit Stacheldraht umzäunt.
Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 02.01.2005 zu Ende.
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de