header

Interviews

Aktuell Dezember 2004

GESCHICHTE

Gottesstrafe, Menschenwerk

Wie sich der Blick auf große Katastrophen im Laufe der Geschichte verändert

von Frank Furedi

Katastrophen von historischen Ausmaßen, so wie jetzt der Tsunami im Indischen Ozean, stellen die Menschheit auf eine harte Probe. Können wir mit der Zerstörung fertig werden, die solche Naturgewalten ausüben? Glücklicherweise gibt die Vergangenheit Anlaß zur Hoffnung. Wenn Gemeinschaften nämlich in der Lage sind, als Gemeinschaft zu reagieren, können sie der Herausforderung eines Desasters die Stirn bieten.

Von der Tragödie des 11. September 2001 wissen wir, daß große Katastrophen zu historischen Zäsuren werden. Der Satz "Nach diesem Ereignis wird nichts mehr so sein wie vorher" ist schon auf viele Katastrophen gefolgt. Frederick Francis Cook, der Chronist, der das Feuer von 1871 beschrieb, dem weite Teile Chicagos zum Opfer gefallen waren, schrieb, in der Erinnerung werde die Gegenwart und Vergangenheit der Stadt von dem großen Feuer getrennt. Seit biblischen Zeiten waren Katastrophen Schlüsselereignisse, die eine Ära definiert haben. In heutigen säkularisierten Zeiten werden sie immer noch auf versteckte Bedeutungen hin untersucht.


Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 31.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

DEUTSCHLAND

Kirche in der Krise

von Gernot Facius

Unterm Krummstab ist gut leben - wie vieles Überkommene gerät auch diese Volksweisheit unter das Rad der Veränderung. Diözesen und Landeskirchen streichen Arbeitsplätze, kürzen Gehälter, reduzieren soziale Dienste. Selbst "betriebsbedingte Kündigungen" stehen auf der Liste der Grausamkeiten. Mit einer Lichterkette und in Trauerkleidung protestierten Bistumsmitarbeiter in Aachen gegen den Personalabbau. Wann hat es das jemals gegeben? Aachen ist fast überall. Die Quelle Kirchensteuer sprudelt nicht mehr so, wie man es gewohnt war. In diesem Jahr ging sie um acht Prozent zurück. Arbeitslosigkeit, Austritte und der berühmte demographische Faktor sind die Ursachen. Mit jedem Austritt, so haben Fachleute errechnet, gehen der Kirche im Durchschnitt 14 000 Euro verloren.

Die meisten derer, die sich verabschieden, sind Gutverdiener im Alter zwischen 30 und 40 Jahren. Es erscheint paradox: Nur elf Prozent setzen nach Umfragen hohes Vertrauen in die katholische und 17 Prozent in die evangelische Kirche, aber konfessionelle Kindergärten, Schulen und diakonische Einrichtungen werden nachgefragt wie noch nie. Natürlich, in manchen Regionen haben sich die Kirchen mit der Zeit eine Monopolstellung verschafft; die Frage, ob sie denn wieder etwas abgeben könnten, wurde in den fetten Jahren überhört.


Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 30.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

ÖSTERREICH

Im Umgang mit der islamischen Minderheit ein Vorbild

Beate Winkler, Leiterin der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Fremdenfeindlichkeit, über die Fehler in der Ausländerpolitik

DIE WELT: Der Mord an dem niederländischen Regisseur Theo van Gogh hat in ganz Europa Spannungen ausgelöst. Ist hier ein neues Exempel statuiert worden, daß die Integration von Ausländern in Europa falsch gelaufen ist?
Beate Winkler: Ich will zunächst eine andere Antwort geben. Die Tat selbst, daß es möglich ist, einen Menschen mit solchem Haß zu töten, beunruhigt mich sehr. Aber es ist ebenfalls beunruhigend, daß die Empörung über die Tat eines einzelnen jetzt auf eine ganze Bevölkerungsgruppe ausgedehnt wird. Das soll aber nicht heißen, daß man die Taten und Probleme mit extremistischen Gruppen unter den Teppich kehren darf. Neben den vielen Beispielen gelungener Integration gibt es das Problem, daß sich nicht nur in Deutschland, sondern beispielsweise auch in Großbritannien Parallelgesellschaften gebildet haben. Parallelgesellschaften bedeuten abgebrochenen Kontakt, und das wiederum bedeutet Gewalt.

DIE WELT: Gerade die Niederlande erscheinen nun aber als ein Musterbeispiel dafür, was alles schiefgelaufen ist ...
Winkler: Um Fremdenfeindlichkeit, um Rassismus zu bekämpfen, brauchen wir einen ganzheitlichen Ansatz, ein umfassendes Konzept. In Deutschland hat man die Tatsache, daß es sich um eine Einwanderungsgesellschaft handelt, nicht so aufgegriffen, wie es erforderlich gewesen wäre. Das hat auch mit der Komplexität zu tun, denn das Problem der Integration umfaßt sehr viele Lebensbereiche: zum Beispiel die Kultur, die Bildung, die ökonomischen und sozialen Fragen. Außerdem haben Sie es bei dem Thema auch mit Gefühlen zu tun. Es geht um Gefühle, um Angst. Sie haben häufig die größten fremdenfeindlichen Haltungen in Gegenden, in dem kaum ein Einwanderer lebt: Es ist die Frage, ob man Angst hat oder ob die Angst einen hat. Wir brauchen Konzepte, die in beide Richtungen gehen. Wir brauchen auf der einen Seite Akzeptanz für Migranten und Einwanderer und Maßnahmen, um Vorurteilen und Ausgrenzung effektiv entgegenzuwirken. Es muß aber auch ganz klar vermittelt werden, daß die Mitgliedsstaaten der EU eine Wertegemeinschaft, Menschenrechte und Rechtsordnung verbindlich sind. Wir müssen vermitteln, daß wir eine streitbare Demokratie sind. Diese Auseinandersetzung hat in den Niederlanden nicht ausreichend stattgefunden.

DIE WELT: Wie könnte ein politisches Konzept aussehen?


Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 28.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

DEUTSCHLAND

Wein ja, Schwein nein

Der Vorzeigetürke Mehmet Daimagüler

von Andrea Seibel

Jede Partei hat einen: die Grünen Cem Özdemir, die CDU Emine Demirbüken, die SPD Lale Akgün. Und die FDP hat Mehmet Daimagüler, ehrenamtliches Mitglied des Bundesvorstandes und zur Zeit in Harvard, wo der 36jährige Jurist einen Abschluß in internationalen Beziehungen macht. Seine Doktorarbeit handelt vom Einfluß deutsch-jüdischer Juristen auf die türkische Verfassung.

Mehmet Daimagülers Leben ist eines starker Episoden. Er erzählt sie voller Selbstironie und doch in dem Stolz, etwas geleistet zu haben. In Harvard verteidigt er denn auch gleich Europa gegen den Vorwurf eines Evangelikalen, es sei gottlos und ohne Moral, woraufhin der Saal tobt. Und zieht, kaum ist er an der Elite-Universität angekommen, eine 40-jährige Lebensmüde aus dem Wasser. Die Schuhe hatte sie ans Ufer gestellt, als ginge sie zu Bett. Tage später noch tat ihm der Rücken weh, es war eine schwergewichtige Selbstmörderin, Yolanda mit Namen.


Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 27.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

SCHIITEN CONTRA SUNNITEN

Die Stunde der Mullahs

Der Wahlkampf in Bagdad reißt alte Gräben auf: Den Sieg der Schiiten vor Augen, legen sich die Sunniten des Irak mit den religiösen Ultras in Teheran an. Sie halten den Schiitenführer Hakim für einen Statthalter des verhassten Nachbarstaats.

Von Bernhard Zand

Abd al-Asis al-Hakim muss schon früh geahnt haben, dass die Last der Verantwortung eines Tages auf seinen Schultern liegen würde.

Sechs seiner Brüder hat Saddam Hussein umbringen lassen. Nur einer lebte noch, als der Irak vom Tyrannen befreit war und der Rest der Familie aus dem iranischen Exil zurückkehrte: Mohammed Bakir al-Hakim, der Ajatollah, der sich 20 Jahre lang in Teheran darauf vorbereitet hatte, das Haus Hakim zu rehabilitieren und die Schiiten im Irak an die Macht zu bringen.


Lesen Sie hier den Beitrag aus der SPIEGEL-Online vom 25.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und des Verlages des SPIEGEL. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.spiegel.de

JUDEN IN DEUTSCHLAND

Zuwanderungsstreit zwischen Schily und Spiegel

Der Präsident des Zentralrats der Juden klagt, zu spät in die Debatte um Neuregelungen eingebunden worden zu sein. Die Regierung weist den Vorwurf zurück

Berlin - Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat dem Zentralrat der Juden zugesichert, die Zuwanderungsregeln von Juden aus Osteuropa nur im Einvernehmen zu ändern. "Das hatte ich dem Zentralrat auch in der Vergangenheit bereits mehrfach zugesagt", teilte Schily nach einem Gespräch mit Zentralrats-Präsident Paul Spiegel in Berlin mit. Von einem Streit könne keine Rede sein. Der Ratsvorsitzende hatte dem SPD-Politiker in der "Netzeitung" vorgeworfen, ihn viel zu spät über Pläne informiert zu haben, die Einwanderung von Juden aus Osteuropa zu begrenzen. "Ich bin vor vollendete Tatsachen gestellt worden", sagte Spiegel.

Nach Angaben des Zentralrats sollen künftig die Prüfung der Sprachkenntnisse, die mögliche Abhängigkeit von Sozialhilfe sowie die Aufnahmemöglichkeit in jüdischen Gemeinden Kriterien für die Einwanderung sein. Schilys Sprecher Rainer Lingenthal betonte, die bisherige Übersiedelung osteuropäischer Juden in die Bundesrepublik sei ein Erfolgsprojekt, das auf alle Fälle fortgesetzt werden solle.


Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 23.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

DEUTSCHLAND

Immer mehr Abtreibungen bei Teenies in Berlin

Schwangerschaften bei unter 15-Jährigen nehmen zu

von Lars-Broder Keil

Berlin - Als "besorgniserregend" wertet die Techniker Krankenkasse (TK) die Zunahme von Abtreibungen bei Berliner Teenagern. Im laufenden Jahr hätten in der Hauptstadt fast 40 Mädchen unter 15 Jahren eine Schwangerschaft abgebrochen, sagte die Leiterin der TK-Landesvertretung, Cornelia Liebelt, am Dienstag. Das seien 150 Prozent mehr als 1996. Mittlerweile erfolgt jeder achte Schwangerschaftsabbruch in Berlin bei einer unter 20Jährigen. Dieser Trend ist auch bundesweit zu verzeichnen. Hier haben sich die Abtreibungen speziell bei unter 15jährigen Mädchen von 365 Fällen (1996) auf 715 im letzten Jahr erhöht und damit fast verdoppelt - lediglich 2002 waren es mit 761 Abbrüchen noch mehr. Im Gegensatz dazu sank die absolute Zahl der Schwangerschaftsabbrüche bei Frauen von 130 899 (1996) auf 128 030 Eingriffe (2003). Experten machen für die Entwicklung bei Jugendlichen Mängel bei der Aufklärung und Wissenslücken, angespannte soziale Verhältnisse sowie eine früher einsetzende sexuelle Reife verantwortlich.

Anders als die Krankenkasse kann das Bundesfrauenministerium in den Zahlen keinen besorgniserregenden Trend erkennen. "Im internationalen Vergleich liegt Deutschland bei Teenager-Schwangerschaften und -abbrüchen weit unterhalb des Durchschnittes", sagte Beate Moser, Sprecherin von Ministerin Renate Schmidt, der WELT. Trotzdem müsse man den Anstieg zur Kenntnis nehmen und die Aufklärung noch stärker auf die Zielgruppe einstellen. "Wichtig ist, diese früh zu beginnen und altersgerecht zu gestalten", ergänzt Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Die Bundeszentrale habe deshalb Material zur Aufklärung entwickelt, die im Kindergartenalter beginnt. Damit sollen Defizite behoben werden. Laut einer BZgA-Jugendstudie geht jedes dritte Mädchen erst nach dem ersten Mal zum Frauenarzt. Rund 12 Prozent der Jugendlichen waren beim ersten Sex ungeschützt. Pott sieht hier auch das Elternhaus in der Pflicht: "Je mehr Jugendliche dort eine Vertrauensperson vorfinden, desto häufiger schützen sie sich", sagte sie der WELT.


Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 22.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

WISSENSCHAFT

Historiker: König David gab es gar nicht

Die Existenz des biblischen Königs wird von Archäologen und Historikern mehr und mehr in Frage gestellt

Hamburg - Trotz intensiver archäologischer Suche seien bisher so gut wie keine Spuren von David gefunden worden, berichtet das Hamburger Magazin "National Geographic Deutschland" in seiner Januar-Ausgabe. Der Alttestamentler Wolfgang Zwickel aus Mainz bezweifle auch die berühmte Episode über den Kampf David gegen Goliath.

In der biblischen Geschichte tritt David, nur mit einer Steinschleuder und Kieselsteinen bewaffnet, dem Riesen Goliath entgegen. Der kleine Hirtenjunge, der lediglich seinen im Heer der Israeliten dienenden Brüdern Proviant bringen wollte, besiegt die drei Meter große, mit Schwert und Lanze bewaffnete Kampfmaschine der Philister. Er wird zum Symbol für den Sieg der Schwachen über die Starken.

David soll nach bisherigen Einordnungen etwa um 1000 vor Christus gelebt haben. In der Bibel wird das Leben Davids als Erfolgsgeschichte erzählt. Der junge Schafhirte erlangt frühen Ruhm als Kriegsheld und eint als König schließlich die Stämme Israels. Deshalb wird er später zur Heilsgestalt verklärt.


Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 21.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

ISLAM IN EUROPA

Trojanisches Pferd der Islamisten?

Neuer Streit um Tariq Ramadan

von Jörg von Uthmann

Die Aufregung um Tariq Ramadan erreicht immer neue Hitzegrade. Jetzt holte Caroline Fourest, Chefredakteurin der feministischen Zeitschrift "Prochoix", zu einem weiteren Schlag aus. In ihrem Buch "Frère Tariq" stellt sie den muslimischen Denker mit dem smarten Shakespeare-Bart als Trojanisches Pferd der Fundamentalisten dar. Gerade weil er sich nach außen maßvoll gebe und keine Bomben werfe, sei er besonders gefährlich. In seinen Kassetten, die unter Tausenden junger Muslime in den französischen Vorstädten zirkulieren, werde die von ihm gepflegte Doppelzüngigkeit - offiziell moderat, inoffiziell aufwieglerisch - besonders deutlich. Der französische Nahost-Spezialist Antoine Sfeir stellt öffentlich eine Verbindung her zwischen Ramadans Wirken in Lyon und der auffallend hohen Teilnahme junger Männer aus dieser Gegend am Krieg in Afghanistan.

Der Verdacht, daß sich hinter Ramadans verführerischen Reden von einem modernen Islam Bedrohliches verbirgt, ist nicht neu. Schon 1995 untersagte der damalige Innenminister Debré dem Genfer Philosophielehrer, der unter den französischen Muslimen viele Bewunderer hat, die Einreise. Ein amerikanisches Visum zur Lehre an der katholischen Universität Notre Dame wurde zurückgezogen. Inzwischen ist das Einreiseverbot nach Frankreich aufgehoben, und Ramadan eilt von Talkshow zu Talkshow. Sogar mit Debrés Nachfolger Sarkozy lieferte er sich ein Fernsehduell. Als ihn Sarkozy fragte, ob er die - von der Scharia vorgesehene - Steinigung von Ehebrecherinnen für richtig halte, antwortete er ausweichend, er sei für ein Moratorium.


Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 20.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

DEUTSCHLAND

Der Hunger nach Gott

Joachim Kardinal Meisner über Ehe, Moslems, christliche Politiker und den Sinn der Weihnachtsbotschaft

Der in Thüringen aufgewachsene Joachim Kardinal Meisner ist seit 1989 Erzbischof von Köln. Er gilt als Deutschlands streitbarster Bischof, unter anderem wegen seiner Kritik an Abtreibung, Homosexualität und einem "gottlosen Europa". Mit Papst Johannes Paul II. verbindet ihn die Erfahrung mit der kommunistischen Diktatur und ein daraus kämpferisch verstandenes Christentum. Meisner wird am 25. Dezember 71 Jahre alt.

Welt am Sonntag: Alle reden vom Dialog zwischen Christen und Muslimen. Könnten hier lebende Muslime den Anstoß geben, daß wir unsere Einstellung zu Familie und Elternschaft neu überdenken?
Kardinal Meisner: Natürlich, aber ich bin eigentlich enttäuscht von den Türken. Warum wollen sie in die EU aufgenommen werden - nur wegen des Geldes? Wegen unseres Wertesystems sicher nicht. Nur ein persönliches Beispiel: Als ich 1980 erstmals in West-Berlin war, wollte ich mir Kreuzberg anschauen. Ich kam an einem Zeitungskiosk vorbei und war entsetzt über die dort ausgehängten Zeitschriften mit pornographischem Inhalt. Da kam eine Muslimin vorbei und riß das herunter. Ich habe mich geschämt und gedacht: Warum habe ich das nicht gemacht? Wenn man die eheliche Treue für schützenswert hält bis hin zur Todesstrafe - was ich natürlich nicht für angemessen halte -, dann ist das doch Ausdruck eines bei uns verlorengegangenen Wertebewußtseins. Also, wenn ich überzeugter Türke wäre, dann würde ich doch nicht nach Europa wollen, nur wegen des Euro.

Der Laizismus bricht sich in Europa Bahn. In Italien sollten Krippen in Schulen verboten werden. Da intervenierte der Papst.
Meisner: Sie rühren an ein Grundsymptom unserer aus den Fugen geratenen Gesellschaft. Es gibt einen liberalen Fundamentalismus, der ist schlimmer als der muslimische. Alles ist möglich, alles ist erlaubt. Gleichzeitig soll das Religiöse aus dem Raum der Öffentlichkeit verbannt werden. Das alles geschieht, weil man den Menschen als Ebenbild Gottes von seinem Urbild entkoppelt und sagt: "Wir können die Welt konstruieren, wie wir sie haben wollen." Der Mensch tritt an die Stelle Gottes. Bis zur Moderne herrschte die Überzeugung vor, daß die Welt nicht nur Vorhandenheit ist, sondern Dasein. Von der Weltwirklichkeit geht eine Botschaft aus, und die muß der Mensch vernehmen, deshalb hat er Vernunft.

Mit dieser gottgewollten Ordnung des Seins begründen Sie auch Ihre Kritik an Empfängnisverhütung, Abtreibung und Homosexualität?


Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 19.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de

VATIKAN

Der leidende Papst erobert die Herzen

Johannes Paul II. muss erstmals sein Weihnachatsprogramm einschränken - und erreicht mehr Menschen als je zuvor

von Andreas Englisch

Ganz klein machte sich Papst Johannes Paul II. in der Kapelle Redemtoris Mater während der letzten Adventspredigt im Vatikan. Er saß zwischen den Priestern und Kardinälen, im Gebet versunken, wie ein einfacher Christ, als würde die Predigt nicht für ihn verlesen. Im Kreis seiner Vertrauten ließ der Papst dann das Motto nennen, das er für Weihnachten 2004 ausgesucht hat: "Adoro te devote" ("Ich verehre dich in Demut").

Das Wort des heiligen Thomas von Aquin wird zentrales Thema der Weihnachtsgottesdienste des Papstes und seines Segens "Urbi et orbi" am Ersten Weihnachtstag, erfuhr die "Welt am Sonntag". Über Demut soll die Welt nachdenken, wenn sie mit dem schwer kranken Papst Weihnachten feiert.

Die Zeit des energischen, auch aufbrausenden Papstes mit der gewaltigen Stimme sind vorbei. Statt dessen sitzt ein Mann auf dem Stuhl Petri, der um jedes Wort, daß er klar aussprechen will, ringen muß. Doch ausgerechnet dieser für alle sichtbar leidende Papst ist das überzeugendste Oberhaupt der katholischen Kirche seit langer Zeit geworden.


Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 19.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de

CRISTENTUM & ISLAM

Jungfräuliche Geburt

Nur wenige Christen wissen, daß auch Muslime Maria und Jesus sowie eine Art Weihnachtsgeschichte kennen. Wir vergleichen Bibel und Koran

Nur zwei der vier Evangelisten, Matthäus und Lukas, erzählen von der Geburt Jesu. Und sie erzählen die Geschichte ziemlich verschieden. Lukas beschreibt, wie der Engel Maria erscheint und ihr die Geburt eines Kindes verheißt; Matthäus hingegen erzählt die Geschichte aus dem Blickwinkel Josefs, der eines Tages entdeckt, daß seine Verlobte schwanger ist - und in ein Dilemma gerät. Matthäus hat den Stern, die Weisen aus dem Morgenland und den Kindermord von Bethlehem. Von alledem weiß Lukas nichts, aber dafür hat er die Hirten und Engel, die bei Matthäus fehlen.

Zusammengenommen ergeben sie das bekannte Panorama des weihnachtlichen Krippenspiels. Weniger bekannt ist die muslimische Weihnachtsgeschichte. Maria heißt im Koran Maryam. Sie wird hochverehrt; die längste Sura des Korans trägt sogar ihren Namen. Jesus heißt Isa und ist ein großer Prophet, allerdings nicht der "Sohn Gottes": Für den strikten Monotheisten Mohammed war die Dreiteilung Gottes in Vater, Sohn und Heiliger Geist Blasphemie. Wie bei Lukas erscheint im Koran ein Engel und verkündet der Jungfrau die Geburt eines "reinen Sohns". Anders als in den Evangelien spielt Josef aber keine Rolle: Die Schwangere zieht sich allein in die Wüste zurück und gebiert ihren Sohn unter einer Palme.

Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 19.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de

HINTERGRUND

Familie Erdogan

Auf die Familie des türkischen Premiers schaut derzeit ganz Europa. Sie gilt als tief religiös. Islamistisch ist sie längst nicht mehr

von Boris Kalnoky

Istanbuls Schickeria war zusammengekommen, man feierte sich selbst, europäische Gesinnung und Modernität im Allgemeinen. Es war die Eröffnungsfeier für das erstes Museum für moderne Kunst am Bosporus, und ein türkischer Industriekapitän erklärte seinen westlichen Gästen: "Was heißt hier Islam. Seht ihr ein Kopftuch in diesem Saal?"

Bei näherem Hinsehen war in der Tat eines zu sehen. In der ersten Reihe, Mitte, vor dem Rednerpult, wo eben Ministerpräsident Tayyip Erdogan Worte eines Sufi-Weisen bemühte. Vor ihm auf dem Stuhl lauschte seine Frau Emine, züchtig verhüllt. Westliche Journalisten bereiteten derweil ihre Fragen an den Regierungschef vor, der im Anschluß an die Zeremonie kurz zur Verfügung stehen sollte: "Herr Ministerpräsident, empfinden Sie sich als neuen Kemal Atatürk? Als Gründer einer neuen Türkei?"


Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 17.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

ISLAM IN DEUTSCHLAND

Mit Goethe zu Allah

Der Schwabe Abu Bakr Rieger war Katholik. Jetzt gibt er die "Islamische Zeitung" heraus

von Mariam Lau

Seit etwas über zwei Jahren er scheint monatlich die "Islamische Zeitung" mit einer Auflage von rund 10 000 Exemplaren. Sie will "eine Brücke sein" zwischen Muslimen und Nichtmuslimen, und das Konzept, so jedenfalls sehen es die Macher, ist aufgegangen. Ein Viertel der Abonnenten seien Christen.

Auch Chefredakteur und Herausgeber waren nicht immer Muslime. Suleiman Wilms (34) und Abu Bakr Rieger (37) sind an verschiedenen Punkten ihres Lebens zum Islam konvertiert. Damit sind sie Teil eines Phänomens, das in der gegenwärtigen Diskussion oft fehlt: unter den einflußreichsten Figuren in muslimischen Institutionen befinden sich etliche Übergetretene. Das Islamarchiv spricht von circa 300 Konvertiten jährlich, insgesamt sollen es jetzt etwa 14 000 Leute sein. Eine größere Welle gab es nach dem 11. September (!), und es sind hauptsächlich Frauen mit Hochschulbildung, die zum Islam konvertieren.

Auf die Frage, was einen Katholiken aus dem Schwarzwald, der über den Vater fest in der CDU und der Lokalpolitik verwurzelt war, dazu gebracht hat, überzutreten, kommt Abu Bakr Rieger immer wieder auf Goethe zu sprechen, den "West-Östlichen Diwan", auch auf Rilke, auf Kultur jedenfalls - die auch einen Schwerpunkt in der Berichterstattung der Zeitung bildet. Begegnungen mit "Gastarbeitern", so sagt er ausdrücklich, seien es in seinem Fall definitiv nicht gewesen. Der europäische Islam hat ihn fasziniert. Sein Vater hat Rieger oft auf Auslandsreisen mitgenommen, nach Bosnien zum Beispiel, "aber nicht nach Saudi-Arabien oder Pakistan, das hätte mich mit Sicherheit nicht interessiert."


Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 16.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

"WETTEN, DASS...?"

Gottschalks Auftritt verärgert Erzbischof

Der Bamberger Erzbischof hat keinen Gefallen an Thomas Gottschalks Laienpredigt gefunden. Der ZDF-Moderator hatte am Sonntag in der St. Elisabeth-Kirche für einen ungewohnten Ansturm gesorgt, als er auf der Kanzel seine verlorene Stadtwette einlöste.

Bamberg - Erzbischof Ludwig Schick sei über die Umstände von Gottschalks Predigt "nicht sehr erfreut", sagte ein Sprecher des Erzbistums Bamberg heute. Es könne nicht angehen, dass Sicherheitsleute des ZDF Gläubigen und Fotografen den Zutritt zur Kirche verwehrten. Der Erzbischof habe zwar grundsätzlich nichts gegen eine solche Veranstaltung einzuwenden. "Dann darf es aber nicht sein, dass Bodyguards die Kirche abriegeln", betonte der Sprecher. Dadurch sei der Schaden für die Kirche größer als der davon erhoffte Nutzen: "Wir betrachten das Ganze eher als eine Publicity für Gottschalk. Vielleicht hat hier der Pfarrer einen Fehler gemacht." Bereits gestern hatte das Vorgehen der Sicherheitsleute verärgerte Reaktionen bei der katholischen Stadtkirche ausgelöst.


Lesen Sie hier den Beitrag aus der SPIEGEL-Online vom 14.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und des Verlages des SPIEGEL. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.spiegel.de

GESCHICHTE

Wie die Briten Hitler mit Horoskopen bekämpften

Der britische Geheimdienst hat während des Zweiten Weltkriegs versucht, Adolf Hitler mit düsteren Horoskopen zu verunsichern. Das geht nach einem Bericht der "Sunday Times" aus jetzt freigegebenen Dokumenten des britischen Staatsarchivs in London hervor.

London - Hitler galt als sterngläubig, das war den Briten bekannt. Der Propagandaminister Joseph Goebbels holte sogar den Sterndeuter Karl Krafft (1900-1945) als "Hofastrologen" aus der Schweiz nach Berlin. Im Zweiten Weltkrieg wollten sich die Briten diesen Umstand für die psychologische Kriegsführung zunutze machen.

"Hitler hält sich weiter den Astrologen Krafft und hat Angst davor, vor Beendigung seines Lebenswerks zu sterben", hielt deshalb Major Leslie Sheridan von der Sabotage-Einheit für Spezialoperationen im April 1941 fest. Wenn es gelingen würde, so Sheridans Kalkül, in aller Welt pessimistische astrologische Voraussagen für Hitlers Zukunft zu verbreiten, dann werde dies schließlich auch dem deutschen Diktator selbst zu Ohren kommen und eine "destabilisierende Wirkung" haben. Entsprechend wurde - teils über die Presse - die Vorhersage gestreut, dass Hitler in der zweiten Jahreshälfte einen schweren Rückschlag erleiden und 1942 sterben werde.

Lesen Sie hier den Beitrag aus der SPIEGEL-Online vom 12.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und des Verlages des SPIEGEL. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.spiegel.de

RELIGION

Rußlands Volkskirche lebt auf

Die orthodoxe Kirche erlebt seit dem Ende der kommunistischen Sowjetunion eine glanzvolle Wiedergeburt

von Ulrich Schacht

Die 40 000 Einwohner zählende Kleinstadt Sergijew-Posad liegt rund siebzig Kilometer nördlich der Hauptstadt Moskau. Sie hat sich in der idyllischen Hügellandschaft um das Sergius-Dreifaltigkeits-Kloster herum entwickelt, das 1337 vom Heiligen Sergius, dem asketischen Sproß eines Rostower Adelsgeschlechts gegründet wurde. Wer hierher kommt, kommt ins Herz der russisch-orthodoxen Kirche.

Hier hat im 15. Jahrhundert Andrej Rubljow gewirkt und seine berühmteste Ikone gemalt, die der "Heiligen Lebensspendenden Dreifaltigkeit". Hier steht mit knapp 90 Metern Rußlands höchster Glockenturm. Hier hatte der Zar eigene Gemächer. Im Zentrum des Klosters leuchten die fünf Zwiebeltürme der Maria-Entschlafenskathedrale wie die Kulissen einer Märchenlandschaft in den Himmel: Vier von ihnen sind tiefblau, auf ihnen prangt eine Fülle goldener Sterne, der fünfte in der Mitte scheint goldüberströmt in Konkurrenz zur Wintersonne treten zu wollen.

Der erste Schnee ist gefallen, die schwarzen Kutten der Mönche, Nonnen und Priester, die zahlreich zwischen den nicht weniger zahlreichen Besuchern über das Klostergelände eilen, heben sich noch schärfer vom Hintergrund ab.


Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 12.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de

PATRIOTISMUSDEBATTE

Kardinal Lehmann warnt vor Heimatverklärung

Die von der CDU angestoßene Patriotismusdebatte stößt auf immer größere Ablehnung. Führende SPD-Politiker rufen die Union zur Zurückhaltung auf. Kardinal Karl Lehmann, Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, kritisiert die Oberflächlichkeit der Debatte und bezeichnete sie als "Gift" beim Nachdenken über Grundwerte.

Berlin - Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, kann der derzeit laufenden Patriotismusdebatte nicht viel abgewinnen. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte er: "Mir wäre eine wirkliche Grundwertedebatte lieber". Der Kardinal bedauerte, dass die Diskussion zu diesem Thema seit 30 Jahren immer wieder kurz aufflamme, und dann schnell wieder ende. Dieses Vorgehen sei aber "Gift" beim Nachdenken über die Grundwerte. "Daher habe ich etwas gegen diese modische Welle, das ist zu oberflächlich", bemängelte Lehmann.

Der Kardinal bezweifelte auch, dass sich das Thema Patriotismus für eine Grundwertedebatte eignet. "Es gibt auch eine romantische Verklärung von Vaterland und Heimat, die uns jedoch nicht weiterbringt." Wichtig sei allerdings schon, was für ein vernünftiger Nationenbegriff im neuen "Europa der Vaterländer" übrig bleibe.


Lesen Sie hier den Beitrag aus der SPIEGEL-Online vom 11.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und des Verlages des SPIEGEL. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.spiegel.de

JOHANNES PAUL II.

Morgenröte der offenen Gesellschaft

Christen haben mehr zu bieten als Toleranz

Liebe Brüder und Schwestern! Es nähert sich der Tag der Migranten und Flüchtlinge. In der jährlichen Botschaft, die ich Euch, wie gewohnt, aus diesem Anlaß sende, möchte ich diesmal das Migrationsphänomen vom Blickwinkel der Integration aus betrachten.

Dieses Wort wird von vielen verwendet, um auf die Notwendigkeit hinzuweisen, daß sich die Zuwanderer wirklich in die Aufnahmeländer eingliedern. Der Begriffsinhalt und seine Praxis sind jedoch nicht leicht zu bestimmen. Aus gegebenem Anlaß erkläre ich ihn gerne, indem ich auf die jüngste Instruktion Erga migrantes caritas Christi verweise.

Darin wird die Integration nicht als eine Angleichung dargestellt, die dazu beiträgt, die eigene kulturelle Identität zu unterdrücken oder zu vergessen. Der Kontakt mit dem andern führt vielmehr dazu, sein "Geheimnis" zu entdecken, sich ihm zu öffnen, um seine wertvollen Seiten anzunehmen und so eine bessere gegenseitige Kenntnis zu erlangen.


Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 11.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

ISLAM

Volk ohne Unterleib

Der muslimischen Kultur war einmal nichts Sinnliches fremd, selbst Mohammed schätzte die Frauen sehr. Heute jedoch versuchen Imame auch den leisesten Schrei des Fleisches zu ersticken. Das gelingt natürlich kaum. Die Unruhe wächst. Der Islam hat ein: Sexproblem.

Von Thomas Widmer

Was tun, wenn es im Leben nicht rund läuft? Der Muslim kontaktiert, wenn er Probleme hat, einen Religionsgelehrten seiner Wahl. Im Computerzeitalter tut er dies gern auch per Mail und formuliert zum Beispiel folgende Frage: «Von Berufes wegen muss ich viel auf dem Internet surfen, wobei auf meinem Computerschirm immer wieder Werbung auftaucht, von halbnackten Frauen etwa oder von Traumferienresorts. Manchmal laden mich Damen ein, sie durch ihre Webcam zu betrachten. In der Regel kann ich mich beherrschen aus Furcht vor Gott, doch bisweilen übernimmt Satan, worauf ich solche Sites besuche. Ist unter diesen Umständen Masturbation erlaubt, weil sie mich davor abhält, die Nacktbilder noch länger zu betrachten, und also unzüchtiges Treiben verhindert?»

Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELTWOCHE Nr. 50/04 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und des Verlages der WELTWOCHE. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.weltwoche.ch

KARDINAL LEHMANN

"Nur Gequatsche"

Kardinal Lehmann bezweifelt Chancen für einen ehrlichen Dialog mit dem Islam - Kritik an "fragwürdiger" Außenpolitik der Europäer

DIE WELT: Herr Kardinal, können Sie mit dem Begriff "Leitkultur" etwas anfangen?
Karl Kardinal Lehmann: Ich kann mit der Tendenz, die dahinter steht, etwas anfangen, nicht mit dem Wort selbst. Natürlich muß es, ausgehend von unserer Verfassung, gemeinsame Grundüberzeugungen geben. Aber eine Leitkultur in der Einzahl, so etwas halte ich nicht für realistisch.

WELT: Helmut Schmidts Äußerung, daß es ein Fehler gewesen sei, Gastarbeiter ins Land zu holen, scheint symptomatisch zu sein für die aufgeheizte Debatte über das, was in der Vergangenheit falsch gelaufen ist. Was ist Ihrer Meinung nach falsch gelaufen?
Kardinal Lehmann: Die Integration ist ausgeblieben, aber da tragen alle Beteiligten Schuld. Die Vokabel "Gastarbeiter" beschreibt ja das Problem. Menschen kamen, dachten, daß sie nach einiger Zeit zurückehren würden. De facto haben sie jahrzehntelang in einem Niemandsland gewohnt. Sie waren nicht mehr zu Hause, aber sie waren auch nicht hier, haben von Jahr zu Jahr die Rückkehr verschoben. Unter solchen Voraussetzungen konnte auch keine Integration gelingen. Vor allem bei der ersten Generation hat man es versäumt, minimale Integrationsvoraussetzungen zu schaffen. Dennoch würde ich den Schmidt-Vorwurf so nicht übernehmen. Man hat ja z. B. Menschen eingeladen, für Arbeiten, die kein Deutscher machen wollte.

WELT: Ist Religion ein Integrationshindernis, ein Störfaktor?


Lesen Sie hier das vollständige Interview mit dem Titel "Nur Gequatsche"aus WELT vom 09.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

ISLAM IN EUROPA

"Die Muslime versuchen, die Niederlande zu kolonisieren"

Der holländische Trendforscher Adjiedj Bakas (41) drängt auf eine Veränderung der Einwanderungspolitik. Sonst könne der Kontinent zu Eurabia werden

WELT: Haben sich die Niederlande durch den Mord an Theo van Gogh verändert?
Adjiedj Bakas: Ja und nein. Es ist jetzt ein Wandel erkennbar, der schon vor einigen Jahren begonnen hat. Es wird darüber debattiert, wie wir mit den Muslimen im Lande umgehen sollen. Das ist ein positiver Effekt.

WELT: Inwiefern positiv?
Bakas: In erster Linie, weil die islamische Gemeinde selber über ihre Rolle in der niederländischen Gesellschaft diskutiert. Bis dahin hat es keine Beiträge in Zeitungen, keine Fernsehdiskussionen von Muslimen gegeben, in welche Richtung sich ihre Religion bewegt. Vor allem junge Muslime artikulieren, daß die den Fundamentalismus hassen und die Demokratie lieben - das ist für unser Land ziemlich einzigartig.

WELT: Reicht es aus, wenn die Muslime über ihre Rolle diskutieren oder brauchen die Niederlande eine neue Einwanderungspolitik?


Lesen Sie hier das vollständige Interview mit dem Titel "Die Muslime versuchen, Niederlande zu kolonisieren" aus WELT vom 09.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

GLAUBE

"Wozu brauchst du Religion?"

Erstaunliche Erfahrungen einer liberalen Muslima mit dem säkularen Europa

von Irshad Manji

Als eine junge kanadische Muslima, die sich für eine Reformation des Islam eingesetzt hat, bin ich im letzten Jahr durch Nordamerika und Europa gereist. Letzte Woche war ich in Frankreich und Spanien. Gott helfe mir.

Ich hatte keinen herzlichen Empfang von muslimischen Glaubensbrüdern erwartet. Aber jetzt bin ich mir auch nicht mehr so sicher, wie gut liberale Muslime wie ich in einer säkularen europäischen Versammlung aufgehoben wären. Das sage ich sogar nach dem Mord an Theo van Gogh, der von einem muslimischen Extremisten ermordet worden ist. Herr van Gogh nahm sein Recht in Anspruch, den Islam zu kritisieren - ein Recht, daß ich uneingeschränkt verteidige.

Wie komme ich also darauf, daß auch moderne Muslime für Westeuropa nicht modern genug sein könnten? Ich komme darauf, weil mir von Amsterdam über Barcelona bis nach Paris und Berlin alle Leute ungläubig die immer gleiche Frage gestellt haben, die ich in Kanada oder den Vereinigten Staaten noch nie gehört habe: Was hat eine unabhängig denkende Frau mit Gott zu tun? Wozu brauchst du überhaupt Religion?


Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELT vom 09.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

RELIGION & POLITIK

Chatami räumt Scheitern ein

Iranischer Staatspräsident erklärt vor Studenten seine Niederlage in der Reformpolitik

von Dietrich Alexander

Berlin - Am Ende hat es Mohammed Chatami wohl selbst bereut, vor vier Jahren noch einmal das Amt des iranischen Präsidenten übernommen zu haben. Nach knapp acht Amtsjahren ist er müde, enttäuscht und frustriert. Vor Studenten, die ihm 1997 als Hoffnungsträger ins Amt halfen, gestand er nun das Scheitern seiner Reformpolitik ein. Er habe im Machtkampf mit dem geistlichen Führer Ayatollah Ali Chamenei und dessen konservativen Verbündeten nachgeben müssen, um Unruhen zu vermeiden und das islamische Staatssystem zu erhalten, rechtfertigte sich Chatami an der Universität Teheran. "Wenn ich nachgegeben habe, so habe ich dem System nachgegeben, an das ich glaubte", sagte Chatami. Er sei niemandem etwas schuldig. "Diese nach Macht heischenden Fanatiker, die die Forderungen des Volks ignorieren und Reformen verhindert haben, sind mir etwas schuldig", sagte er mit Blick auf die konservativen Mächte des Landes.

Rechtfertigungsversuche eines Gescheiterten. Doch zu groß ist die Enttäuschung über den Mann, der angetreten war, mit einer moderaten Gesinnung und den Mitteln der Diplomatie einen sanften Wandel im Iran herbeizuführen. Chatami wurde lautstark beschimpft: "Chatami, Chatami, Schande über dich", skandierten die etwa 1500 Studenten und beschuldigten ihn der Inkompetenz und Feigheit.


Lesen Sie hier das vollständige Exclusiv-Interview mit dem Titel "Gott bleibt am Rand" aus WELT vom 08.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

CHRISTENTUM

Intolerantes Evangelium

Gerd Lüdemann sieht die Freiheit keineswegs als Konsequenz der christlichen Lehre. Im Gegenteil: Unduldsamkeit ist ihr eingeschrieben

Die frühchristliche Botschaft sagt eine von Gott herbeigeführte neue Epoche an. Sie begann mit dem Kommen seines Sohnes in die Welt, hatte in der Auferstehung Jesu von den Toten einen vorläufigen Höhepunkt und sollte sich bei dessen Wiederkunft am Ende der Zeit vollenden. Das Evangelium, wörtlich übersetzt "Frohbotschaft", hat Jesus Christus zur Mitte. Am Glauben daran, daß Gott ihn zum Heiland bestimmt hat, entscheiden sich Heil und Unheil der Menschen. "Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden, wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden", heißt es griffig am Schluß des ältesten Evangeliums.

Die Frohbotschaft wandelte sich unversehens zur Drohbotschaft, wenn das Angebot zur Rettung verweigert wurde. Kirchenführer setzten bald Rechtgläubigkeit mit Gehorsam gleich. Sie projizierten ein an der Unterdrückung orientiertes soziales Gefüge in den Himmel und zeigten sich von einer Kultur der Unterordnung geprägt. Vor allem der kanonische Status, durch den die Texte des Neuen Testaments zur ewigen Norm für die Kirche erklärt wurden, hat den Blick dafür getrübt, daß die "heiligen Schriften" aus massiven Machtkämpfen hervorgingen und durch sie geprägt sind.


Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 05.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de

USA

Ist sexuelle Abstinenz subversiv?

Wollen bibeltreue Republikaner Hollywood den Sex verbieten? Dan Savage, der erfolgreichste Sexkolumnist der USA, klärt auf

von Cornelius Tittel

Diesmal war es nur eine Rückenansicht, kein entblößter Busen wie bei Janet Jackson. Und doch ging ein Aufschrei durch die USA. Ein Zuviel an Haut in der Werbepause von "Monday Night Football" führt zu mehr als 50 000 Beschwerden. Und der Frage: Wie prüde sind die Amerikaner?

Welt am Sonntag: Mr. Savage, Sie sind Experte für sämtliche Fragen der Unmoral. Müssen wir uns Sorgen machen um den Zustand Ihrer Nation?
Dan Savage: Sie machen sich Sorgen um uns?

WamS: Absolut. Erst vor zwei Wochen wurde im US-Fernsehen die Ausstrahlung von Steven Spielbergs Weltkriegsdrama "Saving Private Ryan" verhindert. Nicht weil in der Anfangsszene Tausende Soldaten niedergemetzelt werden, sondern weil im weiteren Verlauf des öfteren geflucht wird.
Savage: Es war wohl so, daß das Wort "Fuck" für die erzkonservative Aufsichtsbehörde FCC einmal zu oft gefallen ist.

WamS: Und schon wächst hier die Angst, amerikanische Produzenten könnten in vorauseilendem Gehorsam auf prüde Stoffe setzen. Eine Schreckensvision für die Millionen Deutschen, die nichts lieber sehen als "Sex and the City".


Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT-am-SONNTAG vom 05.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.wams.de

IRAN

Der Prophet, der aus der Hölle kam

Askari Jahjasadeh Chatir war einer der ehrwürdigsten iranischen Mullahs. Nun sitzt er mit Frau und Kindern in einem deutschen Asylantenheim, und die Schergen des Gottesstaates wollen ihn töten. Jahjasadeh ist Schöpfer einer Gegenreligion.

Von Richard Herzinger

Mashhad ist neben Ghom das zweite bedeutende religiöse Zentrum des Iran. Hier steht das riesige Mausoleum mit dem Schrein des Imam Reza, der seit seiner Ermordung 818 n. Chr. vom schiitischen Islam als einer seiner grössten Märtyrer verehrt wird. Im Religionsseminar der heiligen Stadt im äussersten Nordosten des Iran wird ein wichtiger Teil der Mullah-Elite ausgebildet, die in der islamischen Republik das öffentliche Leben kontrolliert. Auch der oberste Hardliner des Regimes, Ajatollah Chamenei, stammt aus dieser Schule.

Dort studierte in den achtziger Jahren der junge Askari Jahjasadeh Chatir voller Inbrunst islamische Theologie, Mystik und Philosophie, war erfüllt von den Idealen der islamischen Revolution und ihres Führers Ajatollah Chomeini. Bald stieg Jahjasadeh selbst zum geistlichen Lehrer, zum «ostad» (Meister), auf, der im Laufe der Jahre gut tausend Studenten unterrichtete und religiöse Unterweisungsschriften in hohen Auflagen veröffentlichte.


Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELTWOCHE Nr. 49/04 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und des Verlages der WELTWOCHE. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.weltwoche.ch

IRAN

«Sie sind nur Allah verantwortlich»

Die Europäer verhandeln mit den falschen Partnern über das Atomprogramm. Die wahren Mächtigen sind Schattenmänner: Stiftungsmanager und Basarhändler.

Von Pierre Heumann

Irans Aussenminister Kamal Charrasi ist in Europa ein gefragter Mann. Seit Monaten verhandelt der stets elegant gekleidete Bartträger mit Deutschland, Frankreich sowie Grossbritannien über die Zukunft des Atomprogramms seines Landes. Oft mit seltsamen Resultaten, so wie vorige Woche, als der Iran zunächst ein Moratorium ankündigte, um es kurz darauf zu widerrufen.

Der simple Grund für diese Sprunghaftigkeit: Kamal Charrasi, dem die Chefdiplomaten in Berlin, London und Paris die Ehre erweisen, ist der falsche Ansprechpartner. Das hat nichts mit seinen Qualitäten als Aussenminister zu tun, sondern mit den Machtstrukturen im Gottesstaat. Ein Teheraner Politologe sagt es drastisch: «Die eigentlichen Drahtzieher im Land bleiben den westlichen Diplomaten verborgen.» Weder die iranische Regierung noch deren Minister haben wirklich das Sagen im Land. Diese Institutionen sind letztlich lediglich Fassade. Neben den formalen Machtzentren existieren informelle Gegenstücke, in denen wirklich bestimmt wird, wo es langgeht. Zu diesen mysteriösen Schaltzentralen gehören die mafiös-religiösen Stiftungen und die Händler im Basar. Ihren überragenden Einfluss üben diese Machtzirkel allerdings diskret aus; sie operieren im Hintergrund, weit weg von Kameras oder Mikrofonen.


Lesen Sie hier den Beitrag aus der WELTWOCHE Nr. 49/04 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und des Verlages der WELTWOCHE. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.weltwoche.ch

GESELLSCHAFT

Hollands Multikulturalismus war Apartheid

Der französische Islam-Kenner Gilles Kepel über falsche Strategien der Integration und die dritte Schlacht um Europa

von Hannes Stein

Gilles Kepel wurde 1955 geboren; er studierte Soziologie und Arabistik und lehrt heute als Professor am "Institut d'Etudes Politiques" in Paris. Sein jüngstes Buch heißt "Die neuen Kreuzzüge: Die arabische Welt und die Zukunft des Westens" (Piper, München. 368 S., 22,90 Euro). Mit Gilles Kepel sprach Hannes Stein.

DIE WELT: Was ist wichtiger für die Zukunft des Islam: das, was heute in Falludscha oder das, was in Berlin-Kreuzberg geschieht?
Gilles Kepel: Beides. Falludscha ist natürlich wichtiger für die amerikanische Nahostpolitik. Wenn der Fall von Falludscha in eine Niederlage des Dschihad im Irak überführt werden kann, haben die Amerikaner etwas gewonnen. Denn dann haben die Dschihadisten keine bedeutende militärische Basis mehr, von der aus sie ihre Anhängerschaft im Irak mobilisieren könnten.

DIE WELT: Wer waren überhaupt die Aufständischen, die sich in Falludscha verschanzt hatten?
Kepel: Erstens Offiziere von Saddams Armee, die vom amerikanischen Gouverneur Paul Bremer entrechtet worden waren. Sie hatten danach keinen Ort mehr, wohin sie gehen konnten, also gingen sie nach Falludscha und nahmen ihre Waffen und ihre Geheimdienstnetzwerke mit - die immer noch sehr gut funktionieren, wie wir an den Geiselnahmen in Bagdad und anderswo sehen. Zweitens die Dschihadisten ...

DIE WELT: Die Anhänger von Abu Musab el-Zarqawi.


Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT vom 01.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

US-WAHLEN

Die Religiösen in den USA erwarten ihren Lohn

Rechte sehen sich als wichtigste Wahlhelfer Bushs - Mit Blick auf künftige Mehrheiten könnte der US-Präsident geneigt sein, ein Mann der Mitte zu werden

von Torsten Krauel

Washington - Die Republikaner aus den Südstaaten glauben, Bush verdanke ihnen den Wahlsieg. Sie favorisieren nun einen streng konservativen Nachfolger des kranken Vorsitzenden Richters des Obersten Gerichtshofes, William Rehnquist. Der Supreme Court vereint die Kompetenzen aller deutschen Bundesgerichte. Sein Vorsitz ist die wichtigste Personalie, die ein US-Präsident entscheiden kann.

Das Weiße Haus wird bei ihr schmallippig wie bei keinem anderen Thema. Auguren meinen, ein erzkonservativer Richter sei Bushs Lebensziel. Dafür gibt es eine knappe Wendung: "Little do they know." George Bush steht vor einer komplizierten Lage. Die Personalie Supreme Court beeinflußt die Kongreßteilwahl 2006. Sie entscheidet auch darüber, ob die Republikanische Partei womöglich vor einer Spaltung steht. Für die Gründe ist die Vergangenheit wichtig. Die USA haben als junge Nation ein frisches Gedächtnis. Das gilt besonders für den im Bürgerkrieg 1865 unterlegenen Süden.

Republikaner erinnern sich heute gern daran, wann sie dort zuletzt eine Rolle spielten: 1874, bevor die von Abraham Lincoln besiegten Konföderierten gegen die Besatzung aufbegehrten. In jenem Jahr verloren die Republikaner in Washington alle Südstaaten-Abgeordneten. 1895 wurde noch einmal einer in den Senat gewählt. Dann kam keiner mehr - bis 1961, und das war ein früherer Demokrat. 1965, 66, 72 traten Einzelkämpfer hinzu. Erst unter Reagan gab es wieder eine Südstaaten-Landesgruppe. Dazwischen lagen 100 Jahre Einsamkeit, in denen die Republikaner im Süden oft nicht einmal mehr Kandidaten zu Wahlen aufstellten.


Lesen Sie hier den Beitrag aus WELT vom 01.12.2004 zu Ende.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der WELT und des Axel-Springer-Verlages. Weitere interessante Beiträge aus Politik, Gesellschaft und Religion unter www.welt.de

Home | Impressum | Haftung